"Riesige Sauerei": Markus Söders Sparhammer trifft Familien und Senioren hart
München – Nachdem bereits seit Monaten der Bundeshaushalt die Gemüter im politischen Berlin erhitzt, hagelt es jetzt auch in München Kritik an Bayerns Finanzplänen. Die Flüchtlingskrise und wirtschaftlich angespannte Lage haben laut Staatsregierung für knappe Kassen gesorgt. Deshalb will Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Sozialausgaben massiv umschichten.
Mit seinem Vorhaben sorgt er derzeit für großen Wirbel im Bayerischen Landtag – auch, weil es Familien und Pflegebedürftige erheblich treffen könnte. Sein konkreter Plan: Er will das bisher direkt an berechtigte Bürger ausgezahlte Landespflegegeld halbieren. Zudem soll aus dem Krippen- und Familiengeld eine niedriger ausfallende Einmalzahlung werden.
Es geht um hohe staatliche Zuschüsse: Pflege- und Familiengeld sollen halbiert werden
Bisher hatten ältere Menschen mit Pflegegrad 2 Anspruch auf 1000 Euro pro Jahr. Ab 2026 soll nur noch die Hälfte an die Bedürftigen fließen. Außerdem konnten viele junge Eltern bisher mit Familiengeld in Höhe von 6000 Euro – anteilig ausbezahlt über zwei Jahre – und 2400 Euro Krippengeld rechnen. Übrig bleiben soll eine 3000-Euro-Einmalzahlung.
Die frei werdenden Mittel will die Bayernkoalition von nun an in den Ausbau sowie die Modernisierung von Kitas und in die Pflege stecken. Söder spricht auf dem Kurzbotschaftendienst X von einer "neuen Balance" und Investitionen, die direkt in das "System" fließen.
Markus Söder weist Kritik zurück: Kinder und Senioren haben weiterhin höchste Priorität
Kritik am Vorhaben weist er zurück. Kinder und ältere Menschen im "Familienland Bayern" hätten weiterhin höchste Priorität. Seine Pläne seien Teil einer "soliden, nachhaltigen und generationsgerechten Wirtschaftspolitik".
Eine ähnliche Tonalität hat der Bericht aus der Kabinettssitzung vom Dienstag. Dort ist von einem "bedarfsgerechten Ausbau" des Angebots für Familien und Kinder die Rede. "Während der Bund taumelt, handelt Bayern", so der Regierungschef bei einer Pressekonferenz nach dem Treffen im Kabinett.
"Absolut unsozial": Großer Streit im Landtag
In der Opposition sorgen die Umschichtungen für Unbehagen. Die Sozialdemokraten sprechen sogar von einem Skandal und "Streichkonzept" des "Sparkomissars Söder". "Das ist für Familien absolut unsozial und eine riesige Sauerei", sagt die SPD-Sozialexpertin Doris Rauscher der AZ. Ihrer Meinung nach mogele sich der CSU-Chef um eine "längst überfällige Erhöhung der Kita-Zuschüsse" herum, so die Politikerin.

Das sieht Verena Bentele, Landesvorsitzende des Sozialverbands VdK Bayern, genauso. "Die von Ministerpräsident Markus Söder verkündete Umschichtung im Bereich Pflege und Familie bedeutet für die Betroffenen eine deutliche finanzielle Verschlechterung", sagt sie der AZ. "Sie bekommen weniger Geld und sollen auf die Fertigstellung neuer Strukturen irgendwann in der Zukunft hoffen."
Sozialverband greift Söder an: "Wer am Sozialen spart, sollte sich nicht noch als Retter der Familien darstellen"
Bentele greift Söder persönlich an: "Wer zuerst am Sozialen spart, sollte sich nicht noch als Retter der Familien und Pflegebedürftigen darstellen."
Der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags und Straubinger Oberbürgermeister Markus Pannermayr verteidigt das Vorgehen der Bayernkoalition. "Der Kurswechsel bei der Neuausrichtung beim Landespflegegeld, beim Familiengeld und beim Krippengeld ist in Zeiten einer angespannten Haushaltslage unvermeidbar", sagt der CSU-Politiker. Gerade in der aktuellen Situation sei es wichtig, Strukturen zu stärken.
"Katastrophale Wirtschaftspolitik": Freie Wähler machen Ampelregierung für Kürzungen verantwortlich
Auch das Sozialministerium sieht in den Umschichtungen keinen Rückschritt. "Wir entwickeln die freiwilligen Leistungen für Familien weiter", sagt die zuständige Ministerin Ulrike Scharf der AZ.
Bei den Freien Wählern ist davon nichts zu hören. Dort macht man die Ampelregierung für die Umschichtungen im Haushalt verantwortlich: "Die katastrophale Wirtschafts- und Finanzpolitik des Bundes hat uns in eine Lage gebracht, in der wir eisern sparen müssen", sagt der Haushaltsexperte Bernhard Pohl der AZ. "Statt Goldstandard wird es nur noch Eisenstandard geben", sonst fahre man den Staat an die Wand.
Könnte Bayernkoalition zurückrudern? Ministerien prüfen Kürzungsvorschläge
Die Abgeordnete Kerstin Celina hat einen alternativen Sparvorschlag. "Söder sollte besser darüber nachdenken, ob die hochfliegenden bayerischen Pläne in anderen Bereichen noch sinnvoll sind", sagt die Grünen-Politikerin der AZ.
Ob die Staatsregierung doch noch zurückrudern wird, ist unklar. Derzeit prüfen die Ministerien, ob die Umschichtungen überhaupt umsetzbar sind. Die Opposition hofft fest auf einen Rückzieher.