Familien- und Krippengeld für Bayerns Eltern wird halbiert

Über viele Jahre war in Bayern Geld dank sprudelnder Steuereinnahmen in Hülle und Fülle vorhanden. Das ist vorbei. Nun zieht auch der Freistaat die Handbremse an.
Ralf Müller |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
39  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Das Geld wird knapper - das werden auch Familien in Bayern zu spüren bekommen. (Archivbild)
Das Geld wird knapper - das werden auch Familien in Bayern zu spüren bekommen. (Archivbild) © Felix Hörhager/dpa

München - Mit Bremsmanövern auf der Ausgabenseite reagiert die bayerische Staatsregierung auf die drastisch verschlechterte Situation der Staatsfinanzen. Der Entwurf für einen Nachtragshaushalt 2025 sieht unter anderem eine Halbierung der freiwilligen Direktzahlungen von Familien- und Pflegegeld vor. Außerdem will der Freistaat den Anstieg der Personalkosten unter anderem mit einem Stopp sämtlicher weiterer Stellenausweitungen auch für Schule und Polizei in den Griff bekommen. Ohne Zuführungen aus den Rücklagen kommt man nicht aus.

Bei der Vorstellung des Entwurfs verschob Ministerpräsident Markus Söder (CSU) beinahe nebenher auch gleich das bisher geltende Ziel, den Freistaat bis 2040 klimaneutral zu machen. Ohne den Wiedereinstig in die Kernenergie werde dieses Ziel "hoffentlich" bis 2045 erreichbar sein, sagte Söder am Dienstag in München. In diesem Zusammenhang forderte Söder, den Rückbau des Kernkraftwerks Isar II sofort zu stoppen. Noch sei es "reversibel", so der Regierungschef.

Lesen Sie auch

Auch die Hoffnungen auf die Fortführung des 49-Euro-Deutschlandtickts im kommenden Jahr machte Söder bei dieser Gelegenheit zunichte. Wenn der Bund nicht die kompletten Kosten des Tickets übernehme, könne man nur an ein einmonatiges "Ferienticket" denken. Durch den Wegfall erspart sich Bayern 300 Millionen Euro im Jahr, die für die Verbesserung der Infrastruktur verwendet werden sollen.

Söder erhöht Druck auf Länderfinanzausgleich

Und noch einen Paukenschlag setzte Söder nach Ende der Haushalts-Kabinettsklausur. Sollte sich im Zuge der Haushaltsaufstellung nach den Neuwahl im Bund die Frage nach einer Lockerung der Schuldenbremse stellen, sei seine Partei nur an einer Mitwirkung an der Diskussion bereit, wenn gleichzeitig auch der Länderfinanzausgleich "neu justiert" werde. Ohne diese Koppelung "kann ich hier keiner Lösung zustimmen", so der bayerische Ministerpräsident.

Beobachter hatten erwartet, dass die von CSU und Freien Wählern getragene Staatsregierung vor der vorgezogenen Bundestagswahl nicht Hand an die freiwilligen Leistungen legt, die der Freistaat in Form von Familien- und Pflegegeld als einziges Land an die Bürger zahlt und die den Staatshaushalt zusammengenommen mit 1,2 Milliarden Euro belasten. Ab 2026 sollen das Familiengeld auf 3.000 Euro für das erste Kind und das Pflegegeld auf 500 Euro im Jahr halbiert werden. Die jeweils eingesparte Hälfte soll zusätzlich in die Stärkung der jeweiligen "Strukturen" wie Kitas und  ambulante Pflege investiert werden, kündigte Söder an. Insgesamt blieben diese freiwilligen sozialen Ausgaben aber unverändert.

Rücklage rettet wieder einnmal

Der bayerische Nachtragshaushalt 2024 umfasst vorbehaltlich der Zustimmung des Landtags 76,7 Milliarden Euro. Finanzminister Albert Füracker (CSU) musste in Folge der Herbst-Steuerschätzung Mindereinnahmen gegenüber den bisherigen Planungen in Höhe von 1,8 Milliarden Euro ausgleichen. Da der kommunale Finanzausgleich und die zusätzlichen Leistungen für die Kommunen auf insgesamt 22,2 Milliarden Euro steigen, die Investitionsquote mit 15,2 Prozent hoch bleiben und die Wirtschaftsförderprogramme erweitert werden sollen, gelingt dies nur durch einen tiefen Griff in die Rücklagen.

Aus der Rücklage werden daher etwa 1,8 Milliarden Euro entnommen. Den Stand der eisernen Reserve des Freistaats bezifferte Füracker auf noch noch "etwas über drei Milliarden Euro". Es bleibt dabei, dass der Freistaat keine neuen Schulden macht. Ein eher symbolischer Betrag von 50 Millionen Euro ist sogar für die Schuldentilgung vorgesehen.

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Lesen Sie auch

Die Leistungen für die Unterbringung von Asylbewerbern, die Bayern den Kommunen erstattet, wurden auf drei Milliarden Euro pro Jahr beziffert. In den Länderfinanzausgleich überweist der Freistaat sehr zum Missvergnügen seiner Regierung rund neun Milliarden Euro. Zusätzlich muss sich der Finanzminister auf Rückforderungen aus dem Umsatzsteuerausgleich in dreistelliger Milliardenhöhe gefasst machen, da die Einwohnerzahl Bayerns nach dem Mikrozensus 2022 nach unten korrigiert wurde.

Personalkosten sollen eingedämmt werden

Den größten Block im Staatshaushalt stellen die Personalkosten mit etwa 40 Prozent. In dieser Hinsicht will die Regierung Söder jetzt die Notbremse ziehen. Die im Doppelhaushalt 2024/2025 ursprünglich vorgesehenen Stellenmehrungen insbesondere bei Polizei und im Schulbereich sollen demnach bis auf Weiteres die letzten sein, kündigte Söder an. Einschließlich 2026 solle der Personalstand nicht weiter wachsen. Um die Personalsituation im Lehrerbereich zu verbessern, müsse die dort bestehende hohe Teilzeit abgebaut werden. Söder appellierte an die teilzeitbeschäftigten Lehrer, ihr Stundensoll wenigstens um zwei Stunden aufzustocken.

Unter dem Protest der Berufsverbände hatte die Söder-Regierung schon früher das Ziel vereinbart, den Personalkörper des Freistaats bis 2035 um mindestens 5.000 Stellen zu reduzieren. Möglichkeiten dazu sollen Digitalisierung und Entbürokratisierung bieten. Dieses Abbauziel werde auf 2030 vorgezogen, verkündete Söder.

"Eisenstandard muss reichen"

"Während der Bund taumelt, handelt Bayern", hob Söder hervor. Die "Bayernkoalition" sorge einmal mehr für finanzielle Stabilität im Land sowie bei den Kommunen und für eine verlässliche Politik, die man auch vom Bund erwarte, erklärte dazu der Vorsitzender der Regierungsfraktion Freie Wähler, Florian Streibl. Um künftig handlungsfähig zu bleiben, müsse sich insbesondere die Wirtschafts- und Flüchtlingspolitik des Bundes massiv zum Besseren wenden, forderte der Haushaltsexperte der Freien Wähler, Bernhard Pohl: "Wir im Freistaat haben die Aufgabe, Bürokratie abzubauen und Standards zu senken – statt Goldstandard muss künftig der Eisenstandard ausreichen", sagte Pohl auch mit Blick auf die steigenden Asylausgaben.

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
39 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
  • Bongo am 14.11.2024 14:43 Uhr / Bewertung:

    Antwort an SL:
    Nochmals: Da hätte es auch andere Möglichkeiten gegeben z.B mehr Steuerfahnder, höhereStrafen (Gefängnis), Vereinbarungen mit Ländern über Meldungen von Zinseinkünften (die USA haben es mit der Schweiz vorgemacht)
    Warum glauben Sie, gab in Folge der Gefängnisstrafe von H. Sich über 30000 Selbstanzeigen?
    Weil jeder reiche Steuerhinterzieher Angst vor schwedischen Gardinen hat!

  • Bongo am 13.11.2024 21:55 Uhr / Bewertung:

    Antwort an den wahren Tscharlie:
    Welche Fakte? Bist Du also auch der Meinung, daß z.B.hohe Einkommen aus Arbeit, wo die Menschen jeden Tag dafür hart und verantwortungsvoll arbeiten müssen, höher besteuert werden, als leistungslose Kapitaleinkünfte? Interessant!

  • Bongo am 13.11.2024 16:19 Uhr / Bewertung:

    Antwort anSL:
    Das heißt also, weil viele ihre Zinseinnahmen nicht richtig angegeben haben,wurden sie durchdie Einführung der Abschlagsteuer auch noch belohnt. Da hätte es andere Möglichkeiten gegeben!

merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.