Nazi-Verbrecher: Petition gegen das Jodl-Grab

München - Die rote Farbe, die der Münchner Aktionskünstler Wolfgang Kastner auf dem Friedhof der Herreninsel im Chiemsee über einen Grabstein geschüttet hat, ist ihn teuer zu stehen gekommen. Aber vielleicht bringt er am Mittwoch im Landtag eine Petition durch. Die ist kostenlos.
Das Problem ist ein Toter, dessen Name in den Geschichtsbüchern zu finden ist – und in den Akten der "Nürnberger Prozesse": Alfred Jodl, Generaloberst, Hitlers Militärstratege, als Hauptkriegsverbrecher zum Tode verurteilt und hingerichtet. Die Tatsache, dass seine Leiche gleich danach in einem Münchner Krematorium verbrannt und die Asche in einem Nebenarm der Isar gestreut wurde, spielt bei der Petition samt Vorgeschichte eine nicht ganz unerhebliche Rolle.
Die Grabstätte ist umstritten
Zum Tragen kommt der Blick auf die unrühmliche Vergangenheit bei einem Besuch des Friedhofs auf der Herreninsel, der viele Jahre unter Hoheit des Klosters stand, inzwischen aber von der Gemeinde unterhalten wird. In Hinsicht auf die Grabstätte, von der keiner mehr genau wissen will, unter welchen Umständen sie angelegt wurde, hat sich nichts geändert.
Der Grabstein in Form des Eisernen Kreuz ließe sich als Geschmacklosigkeit noch hinnehmen, gegen die Namen der beiden Damen, die links und rechts eingemeißelt sind, ist auch nichts zu sagen. Sie, die Ehefrauen Jodls, sind dort beigesetzt. Irritierend ist die Inschrift in der Mitte: Alfred Jodl, Generaloberst, sein Geburtsdatum und der Todestag, an dem das Urteil vollstreckt wurde.
Großneffe klagte – und bekam Recht
Auf die Ruhestätte mit der fehlenden Leiche hat im Lauf von Jahren unter anderem auch das Verwaltungsgericht einen Blick geworfen. Der Großneffe des Nazi-Generals hatte sich die Kündigung des Grabplatzes durch die Gemeinde nicht gefallen lassen – und bekam Recht. Im Urteil ist unter juristischen Sehbedingungen herausgekommen, dass es "sich um ein Familiengrab mit einem gewöhnlichen Grabstein handelt, wie er auf zahlreichen Friedhöfen zu finden ist".
Bei den Mitgliedern des Untersuchungsausschusses dürfte das Urteil, das längst rechtskräftig geworden ist, zu Bauchgrimmen führen. Das Gremium, das sich 2014 schon einmal mit dem Thema beschäftigte, visierte den Januar 2018 an und hoffte auf einen eleganten Selbstheilungsprozess. Mit dem Auslaufen des 25-jährigen Nutzungsrechts zu diesem Zeitpunkt, so die Kalkulation, wäre das Problem ohnehin erledigt. Diese Rechnung wurde jedoch ohne den Großneffen Jodls gemacht, der vor Gericht zog. Er will das umstrittene Grab unbedingt erhalten.
Kastner: "Denkmal der Schande"
Wolfgang Kastner hat in seiner Petition viele Gründe genannt, warum der Grabstein, der für ihn ein "Denkmal der Schande" ist, umgehend entfernt werden sollte. Der Umstand, dass sich dort schon Nazis zu Ehren des Kriegsverbrechers versammelten, ist einer davon. Andere Gründe sind Jodls Biografie zu entnehmen, Akten aus dem Dritten Reich oder dem Urteil in den "Nürnberger Prozessen".
Die seit Jahren anhaltende bizarre Diskussion hat auch Charlotte Knobloch, die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, im Blick. Knobloch, die bekannteste Repräsentantin der Juden in Deutschland, erinnert daran, dass Alfred Jodl auch maßgeblich an der Deportation von Juden in die Vernichtungslager beteiligt war. Und sie erinnert daran, dass der Internationale Militärgerichtshof, vor dem sich Jodl und die anderen Hauptkriegsverbrecher zu verantworten hatten, ganz bewusst dafür sorgte, dass die Leichen der Hingerichteten verbrannt und ihrer Asche an einem (lange) unbekannten Ort verstreut wurden.
"Es sollte damit kein Platz für Erinnerung geschaffen werden", sagt sie. "Dieses Grab ist unsäglich." Kastner hat den Aspekt der Judenverfolgung durch Jodl in seiner Petition ausführlich dargestellt, so wie eine Reihe anderer seiner Kriegsverbrechen. Für ihn gibt es nur eine Lösung: "Der Grabstein muss weg."
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