Mehr Rettungsschwimmer als Schwimmflächen in Bayern

Diese Zahlen gehen kaum zusammen: 2015 ertranken in bayerischen Badeseen mehr Menschen als in jedem anderen Bundesland. Im selben Jahr machten 11.000 Rettungsschwimmer ihre Prüfung. Die Wasserwacht führt mancherorts Wartelisten: Es gibt schlicht mehr Nachwuchs als Trainingsöglichkeiten.
München - Bayern führte im vergangenen Jahr eine tragische Statistik an: 112 Menschen ertranken beim Baden - das sind nicht nur mehr tödliche Unfälle als im Vorjahr, sondern auch die meisten im Bundesländer-Vergleich. Über die Sicherheit von Badegästen und Wassersportlern wachen an heißen Sommertagen Wasserretter.
Und die sind eigentlich bestens aufgestellt: Das Interesse an Rettungsschwimmabzeichen in Bayern ist groß. Allein im vergangenen Jahr haben im Freistaat mehr als 11.000 Rettungsschwimmer die Prüfung in Gold, Silber oder Bronze abgelegt.
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Das ergeben Zahlen der Wasserwacht und der Deutschen Lebensrettungs-Gesellschaft (DLRG). "Die Zahlen der letzten fünf Jahre sind recht zufriedenstellend", sagte DLRG-Sprecher Horst Auer. Die Zahl der abgelegten Silberabzeichen sei seit 2011 jährlich gestiegen. Vor allem Menschen, die das Abzeichen für die Arbeit im öffentlichen Dienst brauchen, legen die Prüfung ab - angehende Lehrer, Polizisten, Soldaten und Feuerwehrleute etwa. Außerdem raten beide Verbände ihren aktiven Mitgliedern, das Abzeichen mindestens alle zwei Jahre aufzufrischen. Diese Wiederholer sind in den mehr als 11.000 Abzeichen nicht erfasst.
Doch nicht nur die Abzeichen, auch Mitgliedschaften sind begehrt. Bei der Wasserwacht etwa steht mehr Nachwuchs vor der Tür, als aufgenommen werden kann. In einigen Ortsgruppen werden deshalb Wartelisten geführt. "Sport und helfen - die Kombination macht's", sagte Geschäftsführer Peter Astashenko.
Was fehlt, seien die Gruppenleiter, erklärt Astashenko das Problem. Der DLRG hingegen fehlt es mehr und mehr an Schwimmbädern, in denen trainiert werden kann. "Wir stoßen im zunehmenden Maße an unsere Grenzen", sagte Auer. Jedes Jahr würden zwar mehr Ausbilder im Rettungsschwimmen ausgebildet - durch fehlende Schwimmflächen werde die Arbeit jedoch eingeschränkt. Doch die Statsitik zeigt, wie wichtig die Arbeit der Lebensretter ist.
Was sind die Gründe für die steigenden Todeszahlen?
Vor allem an unbewachten Gewässern sterben Badende. In Flüssen, Bächen, Seen und Teichen ertranken deutschlandweit im vergangenen Jahr 387 Menschen, das sind fast 80 Prozent aller Opfer. Zum Vergleich: An den gut bewachten Küsten von Nord - und Ostsee ertranken lediglich 14 Menschen – elf in der Ostsee und drei in der Nordsee.
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Selbstüberschätzung, gesundheitliche Probleme, Übermut, Leichtsinn und Unkenntnis über mögliche Gefahren sind oft Ursache für tödliche Unfälle im Wasser.
Eine besondere Risikogruppe stellen inzwische Flüchtlinge dar. Oft können sie nicht schwimmen. Fällt der flache Grund etwa eines Baggersees plötzlich steil ab, schweben sie in Lebensgefahr. Insgesamt sind im vergangenen Jahr 27 Asylsuchende ertrunken. Die DLRG hat bereits reagiert, erläutert Präsident Hatje: „Wir haben kurzfristig die Baderegeln in über 25 Sprachen übersetzt, um den Menschen aus anderen Ländern die Gefahren im Wasser zu verdeutlichen.“
Der Schwimmunterricht in den Schulen ist ein weiteres Problem. Der kommt deutlich zu kurz, es fehlen die Zeit und der Zugang zu kommunalen Schwimmbädern. Ende der achtziger Jahren waren es noch über 90 Prozent, die das Freischwimmer-Abzeichen bis zum Ende der Grundschulzeit machten - heute sind es bundesweit nur noch 50 Prozent der Kinder.