Lehrermangel: "Man lässt es laufen"
Berlin/München - Revolutionär neu ist die Grunderkenntnis in einer Studie, die der ehemalige Berliner Bildungs-Staatssekretär Mark Rackles (SPD) für die SPD im bayerischen Landtag erstellt hat, nicht gerade: Es herrscht im Freistaat Lehrermangel, weil es zu wenige ausgebildete Lehreramtsanwärter gibt.
"Erschreckender Befund"
Rackles wies nach, dass sich dieses Problem seit 2014 aufgebaut hat - und so rasch nicht zu beheben sein wird. Ein erster Schritt wäre es, wenn die bayerische Staatsregierung die Problematik offen ansprechen und nicht mit dem ständigen Hinweis auf "solide Lehrerversorgung" Augen und Ohren davor verschließen würde, sagt gestern die bildungspolitische Sprecherin der Landtags-SPD Simone Strohmayr. Sie sprach von einem "erschreckenden Befund".
Seit 2014 schrumpft die Zahl
Rackles hat sich für sein Gutachten die offiziellen Zahlen des Freistaats vorgenommen und festgestellt, dass Bayern früher über Bedarf Lehrer ausgebildet hat, die dann unter anderem in anderen Ländern Verwendung fanden. Seit 2014 aber schrumpfe die Zahl der Lehramtsanwärter ständig - während der Bedarf zunehme.
"Die Lücke wird jedes Jahr größer"
Der Engpass macht sich in diesem Schuljahr besonders bei Mittel- und Realschulen bemerkbar. Nach Angaben des Kultusministeriums fehlen etwa 2.000 Lehrer, nach SPD-Schätzungen 4.000. Rackles kommt zu dem Ergebnis, dass die bayerischen Hochschulen in der Lage sein müssten, jährlich zwischen 7.020 und 7.740 ausgebildete Lehrer auf den Markt zu bringen. Derzeit liegt die Kapazität der Hochschulen jedoch bei 4.460 Absolventen. "Die Lücke wird jedes Jahr größer", stellt Strohmayr fest.
Großer Mangel wegen unterschiedlicher Bezahlung
Während die Nachfrage nach einer Ausbildung für das Lehramt an Gymnasien nach wie vor eher zu groß sei, mangele es empfindlich an Lehrpersonal für die anderen Schularten, sagt Rackles. Der Bildungsexperte führte dies auch auf die unterschiedliche Bezahlung zurück.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat die Angleichung zwar angekündigt, aber erst ab der nächsten Legislaturperiode und nur schrittweise. Das dauert den Sozialdemokraten zu lange: "Man lässt es einfach so laufen", kritisiert Strohmayr.