Justizminister Eisenreich über JVA-Skandal: "Einige Bedienstete haben ein Eigenleben geführt"
München/Gablingen – Viel Neues haben die Abgeordneten des Rechts- und Verfassungsausschusses im bayerischen Landtag am Donnerstag nicht von Justizminister Georg Eisenreich erfahren, was die Misshandlungs- und Foltervorwürfe gegen die Justizvollzugsanstalt Gablingen bei Augsburg betrifft.

Wie schon vor einer Woche bestätigte der CSU-Politiker den Verdacht, dass an den Berichten über Misshandlung von Häftlingen und einer Art Isolationsfolter in "besonders gesicherten Hafträumen" etwas dran ist.
E-Mail einer Ärztin: Erst passierte nicht viel
Als die Berichte über gravierende Menschenrechtsverletzungen durch eine E-Mail einer Anstaltsärztin vor mehr als einem Jahr dem Justizministerium zur Kenntnis gelangten, reichte die Behörde die Sache an die Staatsanwaltschaft Augsburg weiter, die nach "Vorermittlungen" aber erst einmal nichts weiter unternahm.
An Staatsanwaltschaft weitergeleitet: "Das schärfste Schwert"
"Man hätte mehr tun können und müssen", räumte Eisenreich in seinem Bericht vor dem Ausschuss ein. Insbesondere hätte man ihn informieren müssen. Andererseits habe sein Ministerium durch die Weiterleitung an die Staatsanwaltschaft "das schärfste Schwert" eingesetzt.
Eisenreich blieb dabei, erst nach einer von der Staatsanwaltschaft Augsburg veranlassten Razzia in dem Gefängnis am 24. Oktober 2024 informiert worden zu sein. "Wenn es anders wäre, würde ich es sagen", bekräftigte Eisenreich. Sein Amtschef habe aber davon gewusst.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt in Zusammenhang mit dem Gefängnisskandal inzwischen gegen 16 Beschuldigte. Vier Staatsanwälte führen zahlreiche Vernehmungen durch und sichten sichergestellte Unterlagen, die dadurch der Einsicht des Ministeriums entzogen seien, entschuldigte Eisenreich das Fehlen detaillierterer Auskünfte.
Statistik zeigt Auffälligkeiten
Allerdings habe man bei Überprüfungen der Berichte und Statistiken zu den "besonders gesicherten Hafträumen" in den bayerischen Justizvollzugsanstalten Auffälligkeiten festgestellt. Auch stimmten die Zahlen in den Unterlagen von Gablingen und denen des Ministeriums nicht überein.
So falle ein "erheblicher Anstieg" der von Gablingen gemeldeten Unterbringungen in den "besonders gesicherten Hafträumen" auf. Während 2022 noch 59 solcher Maßnahmen gegen Häftlinge wegen der Gefahr der Fremd- und Selbstgefährdung gemeldet wurden, waren es im Jahr 2023 126. Der Anstieg fällt mit dem Dienstantritt der inzwischen suspendierten Vize-Anstaltsleiterin in Gablingen zusammen.
Die Schilderung der Misshandlungen durch die frühere Anstaltsärztin habe ihn "erschüttert", bekannte Eisenreich. Er hätte sich nicht träumen lassen, einmal im Landtag über Straftaten im Justizdienst berichten zu müssen.
Eisenreich: Offenbar "Eigenleben" einiger Bediensteter
Inzwischen vermutet der Minister in Gablingen ein "System im System, das für Außenstehende nur schwer einsehbar" gewesen sei. Eine Gruppe von Bediensteten habe offenbar "ein Eigenleben geführt".
Es gebe auch Hinweise, dass die "Nationale Kommission zur Verhütung von Folter", die das Gefängnis im vergangenen August besucht hatte, "möglicherweise getäuscht" worden sei.
Das sind die Konsequenzen des Justizministers
Aus der Affäre hat Eisenreich nach eigenen Angaben schon verschiedene organisatorische Konsequenzen gezogen. So seien etwa die Berichtspflichten zu Einweisungen in die besonders gesicherten Hafträume verschärft worden.
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