"Jede Kuh hat ihre Persönlichkeit": Eine Foto-Reise zu den Bauern der Berge
Ein besonderes Wissen ist nötig, um an diesen Hängen Landwirt sein zu können. Die Bergbauern werkeln an steilen Wiesen in Handarbeit oder mit Spezialmaschinen, geht mal eine kaputt, kann nicht gleich der Handwerker bestellt werden. Ist eine Kuh krank, nicht gleich der Tierarzt.

Die Krankenschwester Magdalena Leitner vom Oberrisshof am Schliersee kümmert sich deshalb selbst um ihre Tiere - "mit Kräutern, zum Beispiel Beinwell oder Honig, den wir auch selber produzieren". In der zehnten Generation betreibt die Familie den Hof. "Man muss hier aufgewachsen sein, um zu wissen, was zu tun ist", sagt Martin Leitner Senior. Manches hier wird seit Jahrhunderten gleich gemacht: Die Milch etwa muss alle zwei Tage ins Dorf gebracht werden - der Tankwagen kommt nicht hinauf.
Solche Geschichten erzählt der Fotograf Klaus Maria Einwanger in seinem Bildband "Bergbauern". In Texten, doch hauptsächlich in Bildern. Über mehrere Jahre hinweg hat er acht Bergbauernfamilien begleitet und ihren Alltag mit der Kamera festgehalten - er war mitten drin, beim frühen Almauftrieb, beim anstrengenden Heuaufrichten, bei der gemeinsamen Brotzeit.

Bergbauer - Ein EU-geschützter Begriff
Keines der eindrucksvollen, kontrastreichen Bilder wirkt gestellt. Man sieht ehrliche Erschöpfung und ehrliches Glück in den Gesichtern der Bergbauern - deren Zunft, die aus einer anderen Zeit zu stammen scheint, immer rarer wird. Mit Regelungen und Finanzierungsschwierigkeiten haben sie zu kämpfen, im Tal wären die Erträge höher, die Arbeit am Berg ist anstrengend. Oft ist diese traditionelle Landwirtschaftsform nur noch im Nebenerwerb möglich - zu groß der Druck der Weltmärkte.

Bergbauer ist ein von der EU geschützter Begriff, heißt es im Buch: Die Wiesen und Weiden der Bergbauern müssen entweder über 700 Meter liegen oder in einer Höhe über 500 Metern und dann aber nur mit einer bestimmten Hangneigung. Nur so entsprächen die Bergwiesen diesen ganz bestimmten einzigartigen Biotopen mit ihren vielzähligen Gräsern, Kräutern und Blumen, die die Kühe fressen und an die Milchprodukte weitergeben.

"Die Kühe sind meine Freundinnen"
Um die 30 Kühe besitzen die Bergbauern im Durchschnitt. Familie Riecke vom Kainzenhof in Gmund am Tegernsee hat 25. "Jede Kuh hat ihre Persönlichkeit, wie bei Menschen auch", sagt Hildegard Riecke, die Herrin am Hof, die sich als Hauswirtschaftsmeisterin ums Melken und um die Feriengäste kümmert.
Jede Kuh hat einen Namen. "Die Kühe sind meine Freundinnen." Kunstdünger gibt es hier nicht, alles was "unsere Damen" bräuchten, holten sie sich von den Wiesen, sagt Ehemann Axel Riecke. Und das seit Hunderten von Jahren.
Das Buch: Klaus Maria Einwanger: "Bergbauern", KME Studios, 288 Seiten, 48 Euro.
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