Influencer im Visier: Wo Bayern Millionen an Steuergeldern sparen kann
München - Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) hielt sich wie immer an die große Überschrift des Jahresberichts 2022 des Bayerischen Obersten Rechnungshofs (ORH), wonach der Staatsregierung alles in allem eine "ordnungsgemäße Haushalts- und Wirtschaftsführung" bescheinigt wird. Im Detail hatten die Rechnungsprüfer aber auch diesmal einiges zu beanstanden, was auf viele Millionen Steuerverschwendung hinausläuft. Die "Anregungen" des ORH nehme man "immer sehr ernst", versicherte Füracker.
Bereits am Montag war bekannt geworden, dass die Rechnungsprüfer vor allem an der Art und Weise Kritik üben, wie die Staatsregierung die zur Bekämpfung der Corona-Folgen aufgenommenen neuen Schulden zurückzahlen will. Der ORH ist zu vornehm, um das Wort "Tricksereien" zu verwenden, aber er meint es so.
Finanzämter in Bayern: Rückzahlung der Corona-Kredite sorgt für Beanstandung
Beanstandet wird, dass die beschlossene Tilgung der Corona-Kreditaufnahme in 20 Jahresraten zu je 771 Millionen Euro laut aktuellem Haushaltsentwurf schon 2024 durch die Aufnahme dieses Betrags in eine "Konjunkturvorsorge" ersetzt werden soll. Die Verfassung verlange Tilgungsregelungen für die Corona-Kredite, so ORH-Präsidentin Heidrun Piwernetz. Das jetzt gewählte Rückzahlungsverfahren sei "im Ergebnis zu unverbindlich". Der ORH sieht das "Risiko weiterer Abweichungen von ursprünglichen Tilgungsregelungen". Finanzminister Füracker verwies darauf, dass der Freistaat seit 2022 keine neuen Schulden mehr aufgenommen habe.
Influencer und Krypto-Händler: Steuerausfallrisiko in Höhe von 150 Millionen
Besonders hohe Zustimmung vom Haushaltsexperten der SPD im Bayerischen Landtag, Volkmar Halbleib, ernteten die ORH-Prüfer mit ihrer Kritik an der unzureichenden Ausschöpfung der Steuerquellen. Im Visier der Prüfer waren diesmal professionelle Social-Media-Influencer und findige Zeitgenossen, die gute Geschäfte mit Kryptowährungen machen. Beide Gruppen sind für die Finanzämter offenbar so etwas wie eine Blackbox. Der ORH schätzt das "Steuerausfallrisiko" allein bei den Kryptowährungsgeschäften in Bayern "vorsichtig auf 150 Millionen Euro". Halbleib forderte "einen umfassenden Einsatz für mehr Steuergerechtigkeit".
Auch in anderer Hinsicht schaut die Finanzverwaltung laut ORH nicht so genau hin. Viel Geld durch mangelnde Kontrolle sei bei der Ausreichung und Abrechnung von Corona-Hilfen verloren gegangen, etwa bei der Kostenerstattung für Impfzentren, bei den Hilfsprogrammen Kunst und Kultur und bei den Unterstützungsleistungen zugunsten der Universitätskliniken und des Deutschen Herzzentrums in München.
Der ORH verkenne nicht die "Sondersituation" während der Pandemie. Das entschuldige aber nicht "das Fehlen einer begleitenden Kostenkontrolle". Wenn so etwas wie eine Pandemie wieder eintritt, sollte man darauf achten, so der ORH. Der ORH-Bericht deckt auch immer wieder Diskrepanzen zwischen Politiker-Ankündigungen und Realität auf. So führen Kommunalpolitiker immer lautere Klage über den Dschungel an staatlichen Förderprogrammen, während die Landespolitiker Bürokratieabbau versprechen. Das Gegenteil ist laut ORH der Fall: "Die Transparenz im Zuwendungswesen hat sich seit Jahrzehnten nicht wesentlich verbessert." Die Förderprogramme hätten sich in fünf Jahren "mehr als verdoppelt".
Mangelnde Digitalisierung: "Einsparpotenziale in dreistelliger Millionen-Höhe pro Jahr"
Auch bei der Digitalisierung hakt es laut ORH vielerorts immer noch, "zumal die Staatsregierung sich das Ziel gesetzt hat, die Volldigitalisierung im Jahr 2025 zu erreichen". Aus der Zeit gefallen seien die "papierbasierten Verfahren" bei steuerlichen Spendenabzügen. Vor 15 Jahren seien schon die gesetzlichen Voraussetzungen für die Digitalisierung geschaffen worden. Mit Digitalisierung könne man auch das Kostencontrolling bei staatlichen Immobilien besser in den Griff bekommen. Der ORH sieht in diesem Bereich "Einsparpotenziale in dreistelliger Millionen-Höhe pro Jahr". Viel Geld verloren geht demnach auch bei der Förderung von Bau, Sanierung und Betrieb von Krankenhäusern durch den Freistaat.
Für Diskussion sorgen die so genannten Ausgabenreste. Weil der Freistaat nicht den gesamten Kreditrahmen zur Bewältigung der Corona-Folgen ausgeschöpft habe, muss aus der Sicht des ORH eine "zusätzliche Tilgung in entsprechender Höhe vorgesehen" werden. SPD-Haushaltspolitiker Halbleib forderte die Staatsregierung auf, die Ausgabenreste im Haushalt deutlich zu reduzieren. Sie beliefen sich mittlerweile auf 20 Prozent des Gesamthaushalts. Haushaltsreste sind Mittel, die im Haushalt für einen bestimmten Zweck bereitgestellt, aber nicht ausgegeben werden. Laut Halbleib kamen im Haushaltsjahr 2022 in den Bereichen "Große Baumaßnahmen", Schienenpersonenverkehr, Leistungen nach dem ÖPNV-Gesetz und allgemeine Wirtschaftsförderung Haushaltsreste von rund 2,86 Milliarden Euro zusammen.