"Horrorbahn für das Oberland": Lint-54-Züge sorgen für Frust
Miesbach - Ihr Ende ist im Juni besiegelt worden. Nach über 22 Jahren im Einsatz der Bayerischen Oberlandbahn (BOB) hatten die 17 veralteten Integral-Züge ausgedient. Ihre Störungsanfälligkeit hatte immer wieder für Unmut gesorgt. Im vergangenen Winter fiel die BOB-Flotte über viele Tage aus.
Besserung gelobte die Bayerische Regiobahn (BRB) mit dem Einsatz neuer Lint-54-Züge im Landkreis Miesbach. Es sollte eine "Quantensprung an Qualität" werden, verhieß vor zwei Jahren der damalige Geschäftsführer der BOB, Bernd Rosenbusch, heute Geschäftsführer des MVV.
Mit den neuen Lint-Dieseltriebwagen vom Hersteller Alstom werde man laut Rosenbusch den Schienenverkehr im Oberland "von der Steinzeit in die Neuzeit" holen.
Facebook-Gruppe "Kreischgau" für Betroffene
Davon merken die betroffenen Gleisanlieger und Nutzer der neuen Züge nichts. Im Gegenteil. Sie schimpfen lautstark in Initiativen und der Heimatzeitung über die "Horrorbahn für das gesamte Oberland".
Ständiges Quietschen, Hupen und fehlende Barrierefreiheit lassen wenig übrig vom angekündigten Quantensprung. Es hagelt Kritik. "Kreischgau" nennt sich inzwischen eine Facebook-Gruppe, die Betroffene einfangen will.
"Wir sind mit dem allerbilligsten Glump abgespeist worden"
Und in Gmund am Tegernsee, wo es besonders in den engen Kurven "unerträglich quietscht", schimpfte Bürgermeister Alfons Besel (FWG) über eine "erschütternde Mängelliste", die er der BRB übermittelt habe.
"Wir sind mit dem allerbilligsten Glump abgespeist worden, um die Zeit bis zur geplanten Elektrifizierung 2035 zu überbrücken. Das ist eine Frechheit", wurde im Gemeinderat gewettert.
Politik muss etwas gegen "absurden Irrsinn" unternehmen
In Bad Tölz formulierten mehrere Behindertenbeauftragte einen Protestbrief, der die Defizite bei der Barrierefreiheit anprangert und einen Austausch der neuen Lint-Züge fordert.
In Fischbachau, unweit des Schliersees, kämpfen die Anwohner an der Bahnstrecke mit einem anderen Lärmproblem: den Hupsignalen an den unbeschrankten Bahnübergängen. Von 5 Uhr morgens bis 1 Uhr nachts werde man durch die "extreme Lautstärke und unverhältnismäßige Länge" der Signaltöne stark belastet. Dort hofft man, dass die Politik etwas gegen diesen "absurden Irrsinn" unternimmt.
Auch Ilse Aigner nimmt die BRB in die Pflicht
Schließlich handele es sich um Körperverletzung, da Lärm bekanntlich krank mache und man den Eindruck habe, man lebe "am Münchner Hauptbahnhof".
.Auch Landrat Olaf von Löwis (CSU) macht Druck. Es reiche nicht aus, die Anwohner damit zu vertrösten, dass sich das Quietschen mit zunehmender Abnutzung der Züge von alleine erledige. Er "erwartet deutliche Nachbesserungen" des Betreibers.
Auch Ilse Aigner nimmt die BRB in die Pflicht. Die CSU-Stimmkreisabgeordnete und Bezirksvorsitzende von Oberbayern sieht zwar keine Möglichkeit zum Austausch der neuen Züge. Hier solle man "die Kirche im Dorf" lassen. Es sei nicht möglich neue Züge zu bestellen, weil es keine gebe. "Doch was die Mängel angeht, so lege ich Wert darauf, sie mit Nachdruck zu beseitigen."
Wie Lösungen aussehen können, will sie morgen mit Verantwortlichen der BRB, der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG), Abgeordneten, Landräten und Bürgermeistern in Holzkirchen beraten. Nur eines ist laut Aigner schon sicher: "Die Fahrzeuge werden bis mindestens 2032 im Oberland zum Einsatz kommen."
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