Freyunger Fall Lisa († 20): War es doch Mord?

Dominik R. ist wegen Totschlags an der jungen Mutter 2017 verurteilt worden. Doch nun gibt es eine spektakuläre Wendung.
AZ/dpa |
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Der wegen des Mordes an seiner Freundin angeklagte Dominik R. 2017 beim Prozessauftakt im Passauer Landgericht zwischen seinen Rechtsanwälten. Der Fall wird nun erneut verhandelt.
Der wegen des Mordes an seiner Freundin angeklagte Dominik R. 2017 beim Prozessauftakt im Passauer Landgericht zwischen seinen Rechtsanwälten. Der Fall wird nun erneut verhandelt. © picture alliance / Matthias Balk/dpa

Freyung - Der Fall hatte bundesweit für Entsetzen gesorgt: Ein junger Mann ersticht im niederbayerischen Freyung seine 20-jährige Ex-Freundin, versteckt die Tote in einem Sack und flüchtet mit dem gemeinsamen, 18 Monate alten Sohn nach Spanien.

Freyung: Grausamer Fund hinter dem Ofen

Von Lisa H.s Handy verschickt der damals 22-Jährige sogar noch Nachrichten, um die Angehörigen der jungen Frau in Sicherheit zu wiegen. Doch ihre Mutter wird stutzig und meldet Lisa vermisst. Die Polizei findet nichts.

Als Lisas Mutter aber am nächsten Tag nochmal in die Wohnung ihrer Tochter zurückkehrt, macht sie einen grausamen Fund: Ihre eigene Tochter, getötet, versteckt in einer Plastiktüte in einer Nische hinter dem Ofen. Das war im Herbst 2016.

Aus zwölf Jahren Haft könnten nun mehr werden

Für die Tat wurde Dominik R. ein Jahr später vor dem Landgericht Passau wegen Totschlags rechtskräftig zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Nun könnte es eine spektakuläre Wende geben. Der Fall wird vom Dienstag an vor dem Landgericht Deggendorf wieder aufgenommen. Es geht um Mord.

Für das Verfahren mit Dutzenden Zeugen sind zunächst zehn Verhandlungstage geplant. Das Urteil könnte Anfang Juni fallen. Eigentlich hätte der Prozess schon im Dezember beginnen sollen, wurde dann jedoch verschoben, weil R. an Corona erkrankt war.

Zeugen sagten falsch aus

Die Hürden für ein Wiederaufnahmeverfahren sind sehr hoch. Niemand darf in Deutschland für eine Tat, für die er bereits rechtskräftig verurteilt oder von der er freigesprochen worden ist, ein zweites Mal verfolgt werden. Eine der Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme ist ein Urteil, das möglicherweise auf der Falschaussage eines Zeugen beruht - und das ist hier der Fall.

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Verurteilung wegen falscher uneidlicher Aussage

Gleich zwei falsche Zeugenaussagen brachten den Stein für die Wiederaufnahme ins Rollen. So korrigierte ein Freund des Täters zwei Jahre nach dem Urteil seine Aussage, die er als Zeuge in dem Prozess vor dem Landgericht Passau gemacht hatte. Damals hatte er angegeben, sein ehemals bester Freund habe mit ihm nicht über die Tat gesprochen.

Seiner Freundin hatte der Zeuge aber berichtet, sein Freund habe ihm gegenüber mit der Tat geprahlt. Die Freundin behielt dies als Zeugin im Prozess für sich. 2019 wurden die beiden dafür vor dem Amtsgericht Passau wegen falscher uneidlicher Aussage verurteilt. Daraufhin strebte die Staatsanwaltschaft Deggendorf ein Wiederaufnahmeverfahren an.

Nun entscheidet das Landgericht Deggendorf

Solche finden nicht vor dem Gericht des Ersturteiles statt, sondern vor einem zugeordneten Gericht. Im Fall des Landgerichtes Passau ist dies Deggendorf. Das dortige Landgericht kam zu dem Schluss: Es sei nicht auszuschließen, dass die Richter 2017 ohne die Falschaussagen ein Mordurteil gesprochen hätten.

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Wurde die junge Frau im Schlaf getötet?

Die Tötung der 20-Jährigen hatte der Angeklagte damals gestanden. Bei dem Opfer war mindestens ein Dutzend Stiche und Schnitte im Gesicht und am Hals festgestellt worden. Der Richter sprach damals von einer "massiven Übertötung".

Ob er die Frau jedoch im Schlaf tötete - was das Mordmerkmal der Heimtücke hätte bedeuten können -, war ungeklärt geblieben. Der Ankläger hatte lebenslange Haft wegen Mordes oder wegen Totschlags in einem besonders schweren Fall gefordert.

Er ließ sich auf der Flucht ein Erinnerungs-Tattoo stechen

Die Tat im Herbst 2016 hatte Schlagzeilen gemacht, auch weil sich der Täter während seiner Flucht nach Lloret de Mar ein Tattoo auf den Oberarm hatte stechen lassen mit dem Namen "Lisa" und dem Geburts- und Todesdatum seiner damaligen Freundin sowie mit dem Spruch "gracias por todo - danke für alles".

Die bizarre Tätowierung.
Die bizarre Tätowierung. © Polizei

Hierzu sagte der Richter damals: "Wir glauben Ihnen, dass das ernst gemeint ist und nicht zynisch." Die Eltern der Getöteten sowie ihr Sohn sind Nebenkläger des Wiederaufnahmeverfahrens. Der Bub lebt bei Lisas Eltern.

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2 Kommentare
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  • Bongo am 19.04.2022 18:10 Uhr / Bewertung:

    Der Richter stützt sich auf Zeugenaussagen . Wenn, wie in diesem Fall, ein Zeuge eine Falschaussage macht, kann man das nicht dem Richter anlasten. Aber Sie haben sicher Jura studiert und wissen es besser!

  • DaMamaIhrBua am 19.04.2022 12:20 Uhr / Bewertung:

    Der damalige Richter scheint auch an den Weihnachtsmann zu glauben.

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