Forscher planen Elektro-Autobahn: Wenn die Straße das E-Auto auflädt
Erlangen - Mit dem Elektroauto von München nach Hamburg düsen, ohne auch nur ein einziges Mal zum Aufladen anhalten zu müssen? Und das freilich ohne die Angst, dass der Wagen vor Erreichen des Ziels kraftlos stehen bleibt? Was wie aus einem Science-Fiction-Abenteuer entsprungen klingt, möchten Forscher der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Realität werden lassen.
Sie arbeiten an einer elektrifizierten Autobahn, die E-Autos während der Fahrt von selbst auflädt. Wie sich das anfühlt, sollen Fahrer schon 2025 auf einer Teststrecke in Nordbayern erleben können.
Elektro-Autobahn: Prinzip ähnelt Smartphone-Aufladung
Das Prinzip ähnelt dabei dem des Ladens einer elektronischen Zahnbürste oder eines Smartphones, erzählt Teamleiter Alexander Kühl vom Lehrstuhl für Fertigungsautomatisierung und Produktionssystematik der Uni Erlangen der AZ: Beim induktiven Laden erzeugen Spulen unter dem Straßenbelag ein Magnetfeld, das über eine Spule im Wagen eine Gegenspannung erzeugt – so wird der Akku komplett kabellos aufgeladen. Bei aktuellen Tests würden dabei bis zu 70 Kilowatt Leistung übertragen, so Kühl.

Akku könnte verkleinert werden
Die begrenzte Reichweite, ebenso wie der Zwang, das E-Auto nur an bestimmten Orten, etwa auf Parkplätzen oder an Tankstellen, laden zu können, wären damit Geschichte. Ein weiterer Vorteil: "Der Akku, der normalweise der teuerste und ressourcenfressendste Teil eines E-Autos ist, kann in einem solchen induktiven System verkleinert werden", sagt Kühl.
Sprich: Das Material schrumpft, ebenso die Kosten dafür. "Dann könnten künftig vielleicht auch mehr Menschen diese Technologie nutzen und dem Klimawandel somit entgegensteuern."
Die Idee an sich sei nicht neu, so der Elektromaschinenbau-Experte weiter. Seit den Siebzigern gebe es weltweit Projekte, die bereits gezeigt hätten, dass ein solches Laden während der Fahrt möglich ist. "Doch seither sind Material und Systeme besser geworden und der Bedarf ist heute da." Was jetzt noch fehle, sei die Antwort auf die Frage, wie man alle Komponenten auf- und einbaue, sodass die Umsetzung dieser Zukunfts-Autobahn auch günstig und schnell funktioniere.
Team forscht seit über zwölf Jahren
Das Uniteam forscht bereits seit 2010 an der Thematik – Kühl ist seit Beginn Teil davon. "Es ist total spannend, jetzt wirklich so eine Teststrecke bauen zu können", sagt er.
Große Namen als Projektpartner sitzen bereits auf dem Beifahrersitz: Die Autobahn GmbH, Electreon, VIA IMC, Risomat und die TH Nürnberg unterstützen das Ziel der Forscher. Investitionen von acht Millionen Euro sind eingeplant. Zudem wird das Projekt vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert.
Teststrecke in Nordbayern soll in zwei Jahren in Betrieb gehen
Die Projektpartner wollen nun bis Anfang 2025 eine einen Kilometer lange Teststrecke in Betrieb nehmen. Wo genau in Nordbayern, entscheidet die Autobahn GmbH – je nachdem, wo der Straßenbelag eh erneuert werden muss. Dann könnten die Spulen dort direkt eingebaut werden, sagt Kühl, der von einem ganzen Netz solcher Straßen träumt.
Denn Ziel sei es, in Zukunft mehrere Autobahnen mit einem induktiven System auszustatten. "Natürlich muss man dann erstmal sehen, welche Strecken sich dafür anbieten." Die Ladestationen an Supermärkten oder in Wohnvierteln blieben bestehen. "Doch jedes Mal, wenn man auf eine Autobahn fahren würde, lädt der Wagen dann von alleine."
Kühl jedenfalls würde sich bestimmt als erster Testfahrer melden. "Es gibt nichts Schöneres für einen Maschinenbaudoktoranden, als nach den Studien nun die Strecke aufbauen und selbst darüber fahren zu dürfen, zu sehen, dass es wirklich funktioniert – live auf Beton und Asphalt!"
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