Diskriminierung von Sinti und Roma: LKA arbeitet Rassismus-Vergangenheit auf

Das Bayerische Landeskriminalamt stellt sich kritisch seiner Vergangenheit. Mehr Sensibilität wird gefordert.
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Romani Rose (l.) und Eveline Diener im Landeskriminalamt in München.
LKA Romani Rose (l.) und Eveline Diener im Landeskriminalamt in München.

München - Das Bayerische Landeskriminalamt hat begonnen, eines seiner dunklen Kapitel der Nachkriegszeit aufzuarbeiten: In der "Landfahrerzentrale" wurden bis 1965 Angehörige der Sinti und Roma unter der diffamierenden Fremdbezeichnung "Zigeuner" zentral erfasst und auch diskriminiert.

Sieben Jahre Recherche liefern erschreckende Ergebnisse

Über sieben Jahre hinweg hat Kriminalhauptkommissarin Eveline Diener parallel zu ihrem Job im LKA alte Akten und historische Quellen ausgewertet. Am Dienstag wurde ihre Dissertation der Öffentlichkeit vorgestellt. Ihr Fazit: Bayern habe vom Kaiserreich bis zur Weimarer Republik eine Vorreiterrolle im Vorgehen gegen Sinti und Roma eingenommen.

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Auch nach 1945 noch Mitarbeiter aus dem Dritten Reich im Amt

Dies habe sich in der NS-Diktatur und auch nach dem Zweiten Weltkrieg fortgesetzt. Nach der Gründung des Landeserkennungsamts, wie das LKA 1946 zunächst hieß, wurde die sogenannte Landfahrerzentrale eingerichtet.

Dort saßen teilweise wieder dieselben Leute, die sich bereits im Dritten Reich an der Verfolgung und Diskriminierung von Sinti und Roma beteiligt hatten. In Beurteilungen von damals wurden manche Mitarbeiter lobend als "Beamte alter Schule" bezeichnet, wie aus den Unterlagen hervorgeht. Einige von ihnen nahmen in die Akten zur Identifizierung von Sinti und Roma sogar die Nummern auf, die man ihnen als Häftlinge im KZ gegeben hatte.

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Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats Deutscher Sinti und Roma, lobt die Forschungsarbeit als wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung des den Menschen zugefügten Unrechts. Rose forderte, Antiziganismus müsse genauso gesellschaftlich geächtet werden wie Antisemitismus.

Vielen Opfern wurde eine Entschädigung verweigert

In der Nachkriegszeit wurde vielen der Opfer sogar eine finanzielle Entschädigung verweigert. Fünf Mark sollten sie pro Hafttag erhalten.

Die Anträge wurden nahezu alle abgelehnt mit der fadenscheinigen Begründung, die Betreffenden seien Kriminelle gewesen. Sachbearbeiter brüsteten sich damals damit, dass sie "dem Staat eine Menge Geld gespart" hätten.

LKA-Präsident fordert mehr Sensibilisierung

Mit Auflösung der Landfahrerzentrale 1965 habe die rassistische Sondererfassung von Sinti und Roma im LKA nicht geendet, betont Romani Rose. Historiker seien gefordert, die Kontinuität nach 1965 zu untersuchen. LKA-Präsident Harald Pickert mahnte, junge Beamtinnen und Beamte schon in der Ausbildung für dieses Thema zu sensibilisieren.

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  • Der wahre tscharlie am 15.12.2021 15:55 Uhr / Bewertung:

    LKA stellt sich seiner Vergangenheit. Das muß man schon anerkennen. Trotzdem ist es immerwieder erstaunlich, wieviel Leute der "alten Schule" den Sprung in die Neuzeit schafften.

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