"Willkommen bei den Hartmanns" im Theater: Das Herz für Nächstenliebe öffnen
München - Ihre Filmografie verzeichnet seit 1984 mehr als 130 Produktionen für das Kino und das Fernsehen. Und manchmal kehrt sie an ihre Wurzeln zurück und spielt Theater.
Zuletzt war Saskia Vester vor drei Jahren in der Komödie im Bayerischen Hof in "Was dem einen recht ist" zu sehen. Am heutigen Mittwoch ist Premiere von "Willkommen bei den Hartmanns", einer Bühnenbearbeitung der Filmkomödie von Simon Verhoeven aus dem Jahr 2016. Saskia Vester spielt die pensionierte Schuldirektorin Angelika Hartmann, die den Asyl suchenden Nigerianer Diallo in ihr Haus aufnimmt.
AZ: Frau Vester, Sie werden an Weihnachten wieder im Fernsehen zu sehen sein.
SASKIA VESTER: Bin ich?

Und zwar in der neuen Episode des ZDF-"Traumschiffs". Wie waren die Malediven?
Es war natürlich sehr schön und ein Stück weit befreiend, sich ohne Maske bewegen zu können, da wir dort alle in einer Quarantänesituation waren.
Alleine für das Jahr 2021 sind in der Liste ihrer Filmauftritte drei weitere Titel verzeichnet. Wie finden Sie noch Zeit für das Theater?
Die "Hartmanns" haben sich nun sehr geschmeidig ergeben. Wir wollten das Stück schon im März spielen, das war lange klar. Alles andere musste darum herum gebaut werden. Jetzt ist gerade Luft beim Drehen, und alles passt perfekt zusammen.
Saskia Vester: "Inklusive des Zebras wird das ein amüsanter und kurzweiliger Abend sein"
Wer den Film kennt, erinnert sich an das Zebra im Garten einer Grünwalder Villa. Wie kommt das auf die Bühne?
Lassen Sie sich überraschen. Im Theater hat man ja noch andere Möglichkeiten. Natürlich kann man das Theater nicht mit dem Film vergleichen, aber John von Düffel hat eine ganz tolle Bühnenfassung geschrieben. Das zu spielen, macht uns allen ganz großen Spaß. Inklusive des Zebras wird das ein amüsanter und kurzweiliger Abend sein, der trotzdem unter die Haut geht.
Auf der Besetzungsliste steht auch ein Schlagzeuger.
Das ist sozusagen unsere "Filmmusik" und auch der Basti, der Enkelsohn, der da wild herumtrommelt. Aber er spielt nicht wirklich den Basti, sondern ist mehr ein Zitat. Man spricht nur über ihn. Er ist pubertierend und kommt aus seinem Zimmer nicht raus.
Saskia Vester über ihre Rolle: "Sie ist eine sehr brüchige Figur"
Was ist es, was die Angelika in ihrer Villa antreibt?
Sie ist furchtbar einsam. Sie und ihr Mann Richard haben sich voneinander entfremdet und entfernen sich immer weiter. Die Kinder sind aus dem Haus, und der Enkel redet nicht mit ihr. Andererseits hat sie ein großes Herz und weiß gar nicht, wohin damit. Sie würde gerne Liebe verschenken, aber es ist niemand mehr da. Sie ist eine sehr brüchige Figur, manchmal poetisch und manchmal auch wirklich lustig in ihrer komischen Art.
Schon ohne den Rassismus, der das zentrale Thema ist, könnte man aus diesem Ehepaar auch eine Tragödie machen.
So ist das Stück auch angelegt. Jeder geht seiner Wege, und Richard ist ein verkappter Rassist unter dem Mäntelchen "Wir sind ja alle so modern und so tolerant". Da geht zwischen den beiden gar nichts mehr.
Saskia Vester: Die Klimaveränderung macht ihr große Sorge
Der historische Hintergrund ist das Jahr 2015, als auch im Münchner Hauptbahnhof viele Flüchtende willkommen geheißen wurden und die Bundeskanzlerin ankündigte, "wir schaffen das". Haben wir es Ihrer Meinung nach geschafft?
Naja, das Problem der Flüchtlinge ist noch nicht vom Tisch, denn da, wo diese Menschen herkommen, sind die Probleme noch nicht gelöst. Deswegen kommen sie ja zu uns. Aber ich hoffe, dass dieser Spruch es geschafft hat, dass man hinsieht und das Herz weiter öffnet im Sinne einer christlichen Nächstenliebe. Die Ewiggestrigen und Reaktionäre werden natürlich immer ewiggestrig und reaktionär bleiben. Aber vielleicht entsteht beim einen oder anderen eine gewissen Nachdenklichkeit durch Frau Merkels Haltung. Ich fand das sehr mutig, und ich wünsche mir, dass jetzt jemand aufsteht und sagt: "Wir schaffen das mit der Klimaveränderung." Das macht mir sogar noch mehr Sorge. Auch deswegen wird der Flüchtlingsstrom nicht weniger werden.
Die Geschichte von den Hartmanns und "ihrem Flüchtling" zieht einen weiten Bogen von islamistischen Terroristen in Zentralafrika bis zu rechtsradikalen Bürgerwehren in Bayern. Wie amüsant können wir uns das vorstellen?
Es gibt einen wunderbaren Moment in dem Stück, in dem wir alle Derek Nowak, der den Diallo spielt, zusehen und regelmäßig Tränen in den Augen haben. Mit diesem Dialog über die Situation in seinem Land geht er richtig ans Eingemachte. Wenn es aber um den Nazi-Nachbarn geht, den Herrn Sobrowitsch, wird es auch absurd lustig.
Komödie im Bayerischen Hof, Promenadeplatz 6. Premiere am 8. Dezember 2021, danach fast täglich bis 9. Januar 2022, Karten unter Telefon 29161633