Frühlingsgefühle – gibt’s die wirklich ?
Sobald die Tage wieder länger werden und einen morgens wieder die Sonnenstrahlen wecken, dann kommen sie hoch: die Frühlingsgefühle.
Doch gibt es die wirklich und wenn ja, wie entstehen sie? Und warum macht uns der Anblick luftiger und bunter Kleidung gute Laune? Ein paar Behauptungen und ihr Wahrheitsgehalt rund um die Frühlingsgefühle:
1. Frühlingsgefühle gibt es nicht wirklich, sie sind nur Einbildung.
Falsch. „Das Frühlingsgefühl existiert. Man spürt ein Gefühl der Aufbruchstimmung, ein Gefühl, Ballast abzuwerfen von der kalten dunklen Winterzeit“, sagt Matthias Weber, Mediensprecher der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). „Die Tage werden wieder länger, die Dunkelheit verschwindet und das führt dazu, dass man mehr Tatendrang bekommt.“
2. Die Natur erwacht – und auch der Mensch. Unsere innere Uhr sagt uns deshalb: Es wird Zeit, durchzustarten.
Falsch, vielmehr hat der subjektive Eindruck damit etwas zu tun. „Wenn ich ein munterer Winterspaziergänger bin, leide ich seltener unter saisonaler Depression“, erklärt Gesundheitspsychologin Julia Scharnhorst. Gleichzeitig bedeutet dies: Wer in den dunklen Monaten genug Licht tankt, nimmt die Frühjahrssonne weniger intensiv wahr. Aus psychologischer Sicht seien Frühlingsgefühle auf Kontrasteffekte zurückzuführen. Aber auch menschliche Gewohnheiten, die über Jahrhunderte weitergegeben worden sind, spielten eine Rolle. „Erst mit der Erfindung von künstlichem Licht ist es möglich, sich in den dunklen Stunden überhaupt zu beschäftigen. Früher mussten die Menschen in ihren Hütten und Höhlen schlafen“, erläutert sie.
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3. Nur weil es wärmer wird, werden wir aktiver.
Ebenfalls falsch. Die höheren Temperaturen sind nicht der Auslöser für bessere Stimmung. Vielmehr wird durch die zunehmende Lichteinwirkung über das Auge in der Zirbeldrüse im Gehirn das Schlafhormon Melatonin reduziert. Dies führt zu hormonellen Veränderungen. „Das Glückshormon Serotonin steigt, aber auch Dopamin und Noradrenalin. Man fühlt sich aktiver und wacher. Dieses neue Auferstehen der Aktivität wird vom Körper als begrüßenswertes Gefühl aufgefasst“, erläutert Weber, der auch Leiter des Schwerpunktes Endokrinologie und Stoffwechselerkrankungen an der Mainzer Johannes Gutenberg-Universität ist. Nicht nur das Auge nimmt den Frühlingsbeginn wahr. „Man riecht förmlich, dass der Frühling wieder beginnt, wenn der erdige Geruch des Bodens in den Sonnenstrahlen einem in die Nase steigt.“
4. Optische Reize sorgen für das hormonelle Erwachen. Frauen tragen kürzere Kleidung, Männer zeigen im T-Shirt ihren Bizeps. Das lockt potenzielle Partner an.
Auch nicht ganz richtig. Gesundheitspsychologin Scharnhorst ist skeptisch: „Das hat vielmehr etwas mit unserer Erwartungshaltung zu tun.“ Nach dem Motto: Draußen tut sich was, also muss sich auch in meinem Leben etwas verändern. Weber hingegen erklärt: „Durch hormonelle Einwirkungen wie die Pille, durch Winterreisen und andere künstliche Bedingungen können die natürlichen Reize heute abgeschwächt werden. Aber sicherlich sind sie noch vorhanden.“
5. Frühlingszeit ist eine flirtreiche Saison auf den Plattformen der großen Anbieter von Partnerbörsen.
Stimmt. Im Vergleich zum Herbst weist das Portal Parship.de elf Prozent, Konkurrent Elitepartner.de sogar 17 Prozent mehr Registrierungen aus. Bei Parship seien User im Frühling viel aktiver: Im vergangenen Frühjahr seien mit 5,2 Millionen Erstnachrichten rund zwölf Prozent mehr als im Herbst verschickt worden, heißt es dort. Auch an Ostern steigt die Flirtlaune. „Die Leute haben einfach mehr Zeit, jemanden zu suchen“, erklärt Gesundheitspsychologin Julia Scharnhorst.
6. Frühlingsgefühle gibt es in anderen Kulturen und Kontinenten nicht. Darüber sprechen nur wir.
Falsch. „Auch in Nordamerika sind Frühlingsgefühle als ‚Spring Fever‘ bekannt“, erläutert Hormon-Experte Weber. „Aber je näher man dem Äquator kommt, desto geringer sind die Unterschiede zwischen Tag und Nacht, zwischen Sommer und Winter. Umso weniger sind dort also Frühlingsgefühle feststellbar.“
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