Werner Herzog ehrt Regisseur Hubert Sauper mit einem Filmpreis
München - Drei Tage lang kann man im Filmmuseum ab Freitag zwei ganz besondere Regisseure näher kennenlernen. Denn Werner Herzog ehrt mit dem ersten Preis seiner Stiftung den österreichischen Kollegen Hubert Sauper. Dazu gibt es Gespräche und Einblicke in die Werke beider Filmer.
AZ: Herr Herzog, Sie haben die Rogue Film School ins Leben gerufen. Muss ein Filmemacher also ein Abenteurer und Schurke sein?
WERNER HERZOG: Abenteurer würde ich nicht unbedingt sagen, das ist ein eher dümmliches Wort. Was ich aber bisher gemacht habe mit meiner Rogue Film School ist ein Gegenentwurf zu dem, was die Hochschulen machen. Wir pflegen einen Guerrilla-Stil.
Sie zweifeln an der Notwendigkeit von Filmhochschulen?
Ja. Meine Filmschule hat ja keinen Ort und keine Zeit. Ich mache zwei Mal im Jahr ein langes Wochenendseminar irgendwo in der Nähe von Flughäfen, in Gatwick beispielsweise, weil London viel zu teuer wäre. Die Studenten kommen dann aus der ganzen Welt.
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Was wollen Sie vermitteln?
Ach, ich kann es vielleicht anders aufsatteln: In den letzten Jahren hat sich eine riesige Menge an jungen Leuten aufgestaut, die bei mir lernen oder Assistent sein wollen. Das sind Zehntausende, und ich sage das nicht als Witz. Ich versuche, eine systematische Antwort zu geben, in Form der Rogue Film School, an der immer rund 50 Menschen teilnehmen können. Und ich habe ein sehr umfangreiches Buch publiziert, "A Guide for the Perplexed“, also ein Leitfaden für die Verwirrten. Und ich habe eine Master Class bei einer Firma, in der auch Kevin Spacey, Dustin Hoffman, die Tennisspielerin Serena Williams und die Sängerin Christina Aguilera unterrichten.
Welche Eigenschaften hat Hubert Sauper, die ihn zum ersten Träger des Werner-Herzog-Preises prädestinieren?
Wir wollen mit der Werner-Herzog-Filmstiftung unmittelbar ins Filmgeschehen eingreifen und haben daher einen Preis ins Leben gerufen. Ob sich das ad infinitum fortsetzen lässt, werden wir noch sehen. Eines war immer klar: Es muss ein Preisträger sein, der innovativ arbeitet und dessen Werk einen kühnen Ansatz hat. Hubert Saupers Film "We come as Friends“ ist ein Idealfall, kühner kann man nicht vorgehen als er. Er hat sich ein klappriges Flugzeug gebaut, ist in kleinen Hüpfern durch den Südsudan geflogen und hat dort in Unruhegebieten gedreht – Bilder, wie wir sie noch nie gesehen haben.
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Also doch ein Abenteurer.
Aber wir zeichnen Hubert Sauper doch nicht dafür aus, dass er besonders mutig ist! Der Film hat eine unerhörte Qualität. Auch Saupers Film "Darwin’s Nightmare“ war große Klasse und hat mit Recht eine Oscarnominierung gehabt.
Belastet Sie eigentlich Ihre Rolle als lebende Legende?
Nein, das tangiert mich nicht, weil ich ja ein arbeitender Mensch bin. Während wir hier sitzen, habe ich drei neue Filme fertig, die alle herausgebracht werden müssen. Ab und zu werden mir bei Filmfestivals Preise um die Ohren geknallt. So what. Ich bin für viele junge Menschen ein Orientierungspunkt, weil ich über einen langen Zeitraum Filme gemacht habe, die eigentlich in der großen Filmindustrie nicht so vorkommen.
Sie wollen die Jungen also anregen, etwas zu filmen und nicht Jahre auf die Förderung zu warten?
Das heißt aber nicht, dass man blindwütig mechanisch vor sich hinarbeitet. Die sollen ja auch etwas denken dabei. Wir haben bei der Rogue Film School eine verbindliche Lektüreliste. Diese beinhaltet römische Antike, altisländische Lyrik oder den Warren-Commission-Report über die Ermordung Kennedys. Es ist mit der Digitalisierung viel einfacher und billiger geworden, einen Film zu drehen. Sie können ihn auch auf ihrem Laptop schneiden. Das heißt: Wenn man will, kann man einen Spielfilm für unter zehntausend Euro drehen. Ich erlaube niemandem, weinerlich zu sein und sich zu beklagen, dass die Förderung nicht mitspielt.
Von dieser Explosion der Kreativität kommt aber im Fernsehen oder im Kino nicht viel an.
Es gibt doch heute ganz andere Vertriebsformen. Und wenn sie etwas wirklich Interessantes gemacht haben und das auf Youtube hochladen, dann haben sie innerhalb von wenigen Wochen Millionen Zuschauer.
Filmmuseum 21. Oktober 21 Uhr: Preisverleihung und Filmvorführung "We come as Friends“ 22. Oktober, 21 Uhr: Filmgespräch mit Sauper & Herzog, dazu Filmausschnitte und Kurzfilme der beiden. 23. Oktober 21 Uhr: Herzog präsentiert seine neue Vulkan-Doku "Into the Inferno".
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