Söder liefert sich Schlagabtausch mit Markus Lanz – und wendet sich am Ende direkt an die Zuschauer

Am Mittwochabend war Markus Söder (CSU) zu Gast bei Markus Lanz. Dabei ging es um die US-Wahl, die bevorstehenden Wahlen im Osten, das "Deutschland-Gefühl" und natürlich um die Kanzlerfrage. Weitere Gäste waren Anna Lehmann (taz), Elmar Theveßen (Leiter ZDF-Studio Washington) und Claudia Major (Militär-Expertin).
von  Viktoria Hausmann
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder bei Markus Lanz im ZDF.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder bei Markus Lanz im ZDF. © Screenshot ZDF

US-Außenpolitik, Wehrpflicht, Kanzlerfrage, Wahlkampf im Osten, und der Kampf gegen die AfD: Der Bayerische Ministerpräsident  Markus Söder (CSU) kann auch als großer Staatsmann auftreten und zeigte das am Mittwochabend bei Markus Lanz. Bierernst und langweilig wurde es trotzdem nicht. Söder erlaubte sich die eine oder andere Spitze gegen den Moderator und eine taz-Journalistin. 

"Ein Meister des gepflegten Halbsatzes. Der, der immer so viel sagt, dass alle in der Politik darüber reden oder sich im besten Fall fürchterlich darüber aufregen, aber gleichzeitig so wenig, dass er hinterher immer sagen kann: War ja nicht so gemeint." So beschreibt Markus Lanz seinen bayerischen Namensvetter am Anfang der Sendung und eröffnet damit ein großes Themenspektrum, auf dem er Söder – möglichst ohne Halbsätze – konfrontieren will. Das Thema US-Politik kommt als Erstes.

Söder besorgt über mögliche Trump-Europapolitik

Der US-Koresspondent Elmar Theveßen wird zugeschaltet. Er meldet sich quasi "aus dem Keller von Steve Bannon", den er für das ZDF interviewt. Theveßen gibt seinem ZDF-Kollegen Lanz ein kurzes Update zu Donald Trumps klarem Sieg gegen Nikki Haley bei der Vorwahl in New Hampshire. Er glaubt trotzdem nicht an einen Sieg des abgewählten US-Präsidenten: "Zu viele Menschen sehen Trump mittlerweile als Narzissten, der nur auf Chaos aus ist", erklärt Theveßen. Söder zeigt sich stattdessen besorgt: Ein Sieg von Trump "hätte ernsthafte Konsequenzen für uns", erklärt Söder.

Markus Söder zeigt sich besorgt über die Auswirkungen, die vier weitere Jahre Trump-Präsidentschaft auf Europa hätten. Schon die Terror-Gefahr wäre bei einem Rückzug der USA stärker: "An Amerikas Geheimdiensten hängt die Sicherheit Europas", erklärt Söder. Auch würde sich Putin durch den Abzug amerikanischer Truppen oder beim Wegfallen des "Atomaren Schutzschirms", den nur die USA habe, ermutigt fühlen, weiter an die Außengrenze Europa heranzurücken. Dieser Ernstfall werde bereits in Litauen geübt, so Söder. 

Söder: "Wir machen jetzt hier kein Kanzlerkandidaten-Monopoly"

Zum Thema Bundeswehr äußert sich der bayerische Ministerpräsident auch gleich kritisch: "Wir haben in Deutschland letztes Jahr die Zeitenwende ausgerufen. Wir sind eher an einem Zeitenwendchen", was die Aufrüstung angehe, erklärt Söder. "Nehmen wir an, der neue Kanzler heißt Markus Söder", versucht Lanz ihn aus der Reserve zu locken – es wird nicht der einzige Versuch des Moderators zur Klärung der K-Frage bleiben – "...oder Friedrich Merz oder Hendrik Wüst", fügt Söder prompt hinzu. "Wir spielen jetzt mal der Kanzler heißt Markus Söder", erwidert Lanz hartnäckig. Söder schüttelt energisch den Kopf: "Wir spielen die Union. Nicht Markus Söder. Wir machen jetzt hier kein Kanzlerkandidaten-Monopoly", blockt der Franke entschieden ab und versucht, ins Thema zurückzukommen. Europa müsse glaubwürdig in der Abschreckung sein.

Mit Blick auf die kontinentale Sicherheit kritisiert Söder Olaf Scholz. Der Bundeskanzler pflege die Freundschaft zum französischen Präsidenten Emmanuel Macron nicht so intensiv wie zum Beispiel seine Vorgängerin Angela Merkel: "Ich habe mir das diese Woche auch beim Staatsakt für Wolfgang Schäuble gedacht", erklärt Söder. "Man spürt geradezu die Distanz zwischen Scholz und Macron. Das ist ein schwerer Fehler, dass die deutsch-französische Freundschaft nicht so funktioniert als Achse."

Sprachen unter anderem über die Wehrpflicht: Markus Lanz, Markus Söder und Claudia Major (v.l.)
Sprachen unter anderem über die Wehrpflicht: Markus Lanz, Markus Söder und Claudia Major (v.l.) © Screenshot ZDF

"Würde Bundeswehr komplett öffnen" - Söder für Wehrpflicht

Natürlich lässt es sich Markus Lanz nicht nehmen, ein paar Bilder von Söder bei der Bundeswehr einzublenden. Erst eines aus seiner Jugend im Wehrdienst, als Söder Laster mit Munition fuhr. Dann ein Neueres, das den CSUler in einem Kampfjet zeigt. "So eine Art bayerische Version von Top Gun. Schöne Jacke", versucht Lanz Söder zu schmeicheln. "Ich weiß, dass Sie auf Schönheit auch Wert legen", gibt Söder schroff zurück. Der bayerische Ministerpräsident möchte die Bundeswehr für alle öffnen, aber zuerst nur für junge Männer die Wehrpflicht einführen, weil das schneller gehe.

Das regt ausgerechnet die taz-Journalistin Anna Lehmann auf. Sie will die Wehrpflicht "wenn, dann für alle". Außerdem, seien "Frauen die Flexibleren", behauptet sie und verliert sich in Militärklischees. Man putze doch nur den ganzen Tag Gewehre. Bei Söder stößt die linke Journalistin damit nicht gerade auf Gegenliebe.

Die Militär-Expertin Claudia Major ist eher für das schwedische Model, bei dem jeder gemustert, aber nur Freiwillige eingezogen werden. "Ich glaube, dass die Frage 'Wehrpflicht: ja oder nein?' falsch ist. Die Frage ist: 'Was will ich erreichen?'", erklärt sie. Mit einer Pflicht für alle bekäme man weder Masse noch Klasse. Man brauche Programme für Cyber-Spezialisten oder ein verpflichtendes Resilienz-Praktikum. Söder ist skeptisch. Das schwedische Model funktioniere nur, "wenn die Bedrohungslage nicht stärker wird." Man brauche keine Spezialisten, die mal drei Monate da waren, sondern Berufssoldaten.

"Wir sind hier in Deutschland!": Söder liefert sich Dreikampf mit Lanz und Lehmann

Als es um die deutsche Politik geht, geraten Lanz und Lehmann kurz mit Söder aneinander. Lanz möchte wissen, was der von ihm geprägte Begriff Deutschlandgefühl ist: Söder bezeichnet so die allgemeine, ängstliche Grundstimmung, dass es mit dem Land bergab gehe. Sogar Scholz habe in einem Interview gesagt, es laufe nicht so gut, erklärt der CSU-Politiker: "Neuwahlen wären ein wichtiger Punkt, um eine Veränderung herbeizuführen", schließt Söder.

Lanz wechselt das Thema: "Sie sagen, alles wird teurer. Das passiert ja bei ihnen in Bayern auch", sagt der Moderator, als würde es sich um ein Nachbarland handeln. Söder hebt eine Augenbraue: "Wir liegen hier in Deutschland. Wir zahlen auch Länderfinanzausgleich", beharrt er stoisch. "Manchmal könnte man meinen, dass es anders ist", sagt Lanz unbeeindruckt: "Wie viele Wohnungen müssten sie bauen, damit es Bayern gut geht?" "Ganz Deutschland muss mehr Wohnungen bauen", beharrt der Franke. Es folgt ein irrer Schlagabtausch, bei dem Lanz und Lehmann durcheinanderreden, während Söder versucht, seine Antwort sinnvoll zu formulieren. 

"Man darf nicht immer sagen, die können es nicht": Lanz versucht Söder zu belehren

"Man darf nicht immer nur sagen, die können es nicht", belehrt Lanz Söder am Ende des Wortgefechts. Lehmann kommt mit Blick auf die Wahlen im Osten auf die Krisen in der Welt und die Fehler der Merkel-Regierung zu sprechen. Dieses "Alles ist Mist"-Gerede nutze nur der AfD und die Union trage nur dazu bei, so Lehmann. Söder lächelt ruhig: "Das ist das Ampel-Narrativ", dass nur alle anderen Schuld sind, erklärt er unbeeindruckt. Scholz hätte nie den "Deutschland-Pakt" zur Zusammenarbeit angenommen. "Alle Angebote zusammenzuarbeiten, sind immer am Stil der Ampel gescheitert." Lehmann nickt: "Da brauchen wir gar nicht reden", antwortet sie. Die Ampel würde ständig falsche Anreize setzen, vom Heizungsmonteur-Gesetz, über Bürgergeld bis hin zu der Streichung der Agrar-Subventionen. 

"Der Bundeskanzler ist die schweigendste Instanz des Landes. Er steht und sitzt und sagt nichts", erklärt Söder. Das würde die Leute verunsichern und zu anderen Parteien bringen. Trotzdem möchte Söder nicht, dass Björn Höcke (AfD) die Wahl in Thüringen gewinnt. "Die AfD wird immer dreister", erklärt Söder: Das zeigten auch die "Deportations-Pläne". Man bräuchte stattdessen eine nachhaltige Migrationswende. Die AfD würde Söder nicht verbieten, aber ihnen die Gelder streichen.

"Ein Meister des gepflegten Halbsatzes": Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU).
"Ein Meister des gepflegten Halbsatzes": Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU). © Screenshot ZDF

Söder lässt Kanzlerfrage erneut offen und richtet sich zum Schluss direkt an die Zuschauer

Am Ende der Sendung möchte Lanz nochmal wissen, wer Kanzlerkandidat der Union wird. "Da wird sich einer finden", sagt Söder ruhig. Lanz versucht nachzuhaken: "Es soll ja hinter den Kulissen gerade heftig zur Sache gehen", beginnt er. "Das ist ja wohl die schlechteste Recherche des Tages", antwortet Söder. Friedrich Merz und er würden sich da schon einigen. "Wann?" "Im Spätsommer", antwortet Söder und spezifiziert auf weitere Nachfragen, dass das kurz vor dem Herbst sei. Merz sei ein guter Parteivorsitzender, mit ihm habe er mit Abstand am besten zusammengearbeitet. Er selbst sei nicht im Rennen: "Wieso glauben mir das immer alle nicht", beklagt sich Söder. Er müsse nun schnell nach Hause Windräder und Wohnungen bauen und den Länderfinanzausgleich zahlen, sagt Söder ironisch. 

Dabei kommt der Ministerpräsident noch mal richtig in Fahrt. Sein Platz sei in Bayern. Mit dem Blick in die Kamera wendet er sich im Anschluss noch direkt an die Zuschauer: "Bayern ist mit Abstand das erfolgreichste Bundesland in Deutschland. Auch wenn der Herr Lanz das nicht hören mag." Dabei versucht Anna Lehmann  Söder noch zu bremsen. Nur in den absoluten Zahlen sei Bayern an der Spitze, das ließ der Franke allerdings nicht zu. Abschließend wimmelt Söder den Moderator ab, für weitere Gedankenspiele sei die Lage zu ernst. Deutschland könne die Probleme lösen, vor denen das Land steht, doch das nur mit einer neuen Regierung, so Söder. Damit entlässt Lanz seine Gäste und die Zuschauer in die Nacht.

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