Mittendrin in der Schlägerei: So war der Köln-Tatort

Langsam aber sicher kommen die regionalen „Tatort“-Teams alle in die Jubiläums-Jahre und polieren ihr individuelles Profil. So stilisieren die Kölner Kommissare Ballauf und Schenk (Klaus J. Behrendt und Dietmar Bär) in ihrer 80. „Tatort“-Folge „Ohnmacht“ (Buch: Andreas Knaup, Regie: Thomas Jauch, ARD/WDR) ihre Dönerbuden-Aura und ihren redlichen Sinn für schlichten moralischen Anstand mit jener Fassungslosigkeit, mit der wir immer wieder jugendlichen Brutal-Exzessen gegenüberstehen: Die Fälle häufen sich, das Jugendstrafrecht greift nicht, die einen reagieren mit geballter Lynchwut, die anderen mit Angst und vor allem Wegschauen.
Bei diesem rabiaten Überfall von U-Bahn-Rowdys wird ein Musikschüler totgeschlagen – und keiner will etwas gesehen haben. Dazu bedienen sich die Beteiligten ganz gezielt der Juristenkniffe ihrer Anwälte und können sich – mit der Unterstützung ihrer Eltern – schließlich jeder Verantwortung entziehen.
Dass obendrein dann noch eine Familientragödie um ein gehätscheltes Wunschkind zum Vorschein kommt, verschafft dem Spannungsbogen ein paar atemlähmende Momente: Corinna Kirchhoff und Felix von Manteuffel als spätes Elternpaar einer scheinbar ganz braven Tochter spielen ein ganz eigenes Psychodrama in diesen „Tatort“ hinein.
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Und auch auch die persönliche Verstrickung wird bei den „Tatort“-Kommissaren immer beliebter: Ballauf geriet zufällig in die brutale U-Bahn-Schlägerei hinein und wurde mitten im Gemenge zur Zielscheibe.
Die „Ohnmacht“ ist also überall: Wem wird geglaubt, wem nicht? Wer lügt am glaubwürdigsten? Wie abgründig muss die Stimmung in der Feierabend-Dönerbude sein – nach einer solchen Direkterfahrung aus allernächster Nähe? Der „Tatort“ als moderner Horrorfilm, Nicht neu, aber böse hautnah.