Kritik wegen Helmut Berger: "RTL handelt unverantwortlich"

Ein Medienexperte fordert vom Sender, dass Helmut Berger mit seinem Alkoholproblem nicht ins Camp soll
Vanessa Assman |
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Ein Medienexperte fordert vom Sender, dass Helmut Berger mit seinem Alkoholproblem nicht ins Camp soll

MÜNCHEN Er pöbelt. Er lallt. Er schreit. Er hat eine Mega-Fahne. So beschrieb Anfang der Woche ein „Bild”-Reporter den Mann, der im Flugzeug nach Singapur zwölf Stunden neben ihm saß: Helmut Berger, einst schönster Mann der Welt. Es ist nicht der erste Auftritt, der den Eindruck hinterlässt: Der 68-Jährige hat ein Alkohol-Problem. Dennoch soll er ab heute Abend im Dschungelcamp bei RTL für Quote sorgen. Geht der Sender zu weit?

„Es ist aus meiner Sicht ethisch nicht vertretbar, alkoholisierte Prominente in Talkshows oder Spielshows auftreten zu lassen”, empört sich Christian Schicha, Professor für Medienethik an der Mediadesign Hochschule Düsseldorf im Branchenblatt „Werben & Verkaufen”. Natürlich funktioniere eine Sendung wie Dschungelcamp nach dem Motto „Publizität gegen Popularität”. Der Sender macht Quote, der Promi bringt sich ins Gespräch und baut auf Folgeaufträge. Doch Schicha bezweifelt, dass Berger die Folgen seines Handelns „noch angemessen einschätzen kann”.

Diesen Eindruck bestärkt ein Video von Bergers Flugzeug-Auftritt. Aufgedunsen, die Haare zerzaust und mit fahrigen Bewegungen trinkt er in der Abflughalle aus einer Dose Prosecco. Als er an Bord nach Alkohol verlangt, aber nicht bekommt, flippt er aus, flucht etwas von „Schweinen” und „Verträgen”, die er unterschrieben habe. Später soll er gedroht haben, sich auf dem Bord-Klo umzubringen.

Enthemmtes Verhalten, Kontrollverlust

 

Es ist nicht das erste Mal, dass Berger den Eindruck hinterlässt, er sei nicht mehr Herr seiner Sinne – zuletzt in der Talkshow von Markus Lanz. Aber was macht besser Quote als ein Mann, der sich vor der Kamera gehen lässt, sich im TV vorführen lässt?

Enthemmtes Verhalten, Kontrollverlust, das Bedürfnis nach mehr Alkohol und der Moment des Ausrastens, wenn er verweigert wird: All das sind typische Verhaltensweisen von Menschen mit einem Alkoholproblem. Bleibt die Frage, ob jemand oft betrunken ist oder alkoholkrank. Das lasse sich per Ferndiagnose nicht klären, sagt Gabriele Bartsch von der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen. Wenn ein Entzug nötig ist, gibt es aber klare Regeln: „Dieser sollte unter ärztlicher Betreuung stattfinden.” Kommt es zum kalten Entzug, kann das zu Entzugsdelirien, Krampfanfällen oder Kreislaufzusammenbrüchen führen.

Fest steht: Im Dschungelcamp gibt’s keinen Alkohol. Einzige denkbare Ausnahme: eine Flasche Wein für eine bestandene Dschungelprüfung.

 

RTL: "Sind uns Fürsorgepflicht bewusst"

 

RTL jedenfalls will nichts von einem Alkoholproblem bei Berger wissen: „Er geht freiwillig ins Camp und kennt die dortigen Herausforderungen und Bedingungen genau”, sagt Sendersprecher Konstantin von Stechow. Zudem werden alle Kandidaten permanent psychologisch und ärztlich überwacht. „Wir sind uns unserer Fürsorgepflicht bewusst.”

Das sieht Medienethiker Schicha anders. „Es ist unverantwortlich, Helmut Berger in der Sendung zu lassen, in der Hoffnung, dass er sich lächerlich macht. RTL hat die Aufgabe, ihn aus dem Rampenlicht zu nehmen.” Man solle ihn unterstützen, Hilfe anzunehmen.

Bleibt die Frage, ob die Quoten-Rechnung von RTL aufgehen wird. Suchtexpertin Bratsch weiß, bei wem die Kalkulation nicht aufgehen wird: „Allein die zehntausend Menschen in Selbsthilfegruppen werden sich verhöhnt und nicht ernst genommen fühlen.” 

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