Kommentar

Das war's: Endlich keine "Zwangsgebühren" mehr fürs Fernsehen

Seit dem 1. Juli läuft das Kabelfernsehen nicht mehr über den Mietvertrag. Wer jetzt doch noch in die Röhre schauen will, der muss selbst einen Vertrag abschließen. Unser Autor ist mit dem Ende des Nebenkostenprivilegs etwas wehmütig – vor allem aus einem ganz bestimmten Grund.
von  Tobias Singer
Am 1. Juli endet das "Nebenkostenprivileg", bei dem Vermieter die Kosten für TV-Anschlüsse auf die Mieter umlegen konnten.
Am 1. Juli endet das "Nebenkostenprivileg", bei dem Vermieter die Kosten für TV-Anschlüsse auf die Mieter umlegen konnten. © Bernd Weißbrod/dpa

Das war’s also. Mit dem 1. Juli haben wir uns vom "Nebenkostenprivileg" verabschiedet. Das ist wirklich traurig. Verstehen Sie nicht? Schließlich müssen wir uns damit auch von einem ganz wunderbaren Wort trennen. Wunderbar, weil es doch einfach einen ganz hervorragenden deutschen Klang hat, einen Zauber von leicht angestaubter Beamtenstube mit eingetrockneter Stempeltinte. Sonst gibt es nicht viel zu trauern. Ganz im Gegenteil: Wir feiern ja das Ende eines "Vorrechts", für das man jahrzehntelang gezahlt hatte. Ok, als Mieter in einem Mehrparteienhaus hatten Sie wirklich das Privileg, dass die Kosten fürs Kabelfernsehen auf alle Haushalte umgelegt wurden. Die Einsparung sprach vielleicht den kleinen Schwaben in jedem von uns an. Was will man mehr? Keinen Kabelanschluss? Kein Problem, einfach nicht nutzen, Sie mussten nur trotzdem zahlen. Und schon lag die Betonung beim Nebenkostenprivileg eher auf den "Kosten".

Geldeinnahmeprivileg Kabelanbieter statt Vorrecht für die Mieter

Unterm Strich war das "Vorrecht" für Mieter also mehr ein Geldeinnahmeprivileg für Kabelanbieter. Denn überall, wo der Anschluss Teil des Mietvertrags war, mussten Mieter auch zahlen, über die Nebenkosten. Was für ein Privileg. Ich bin ja ein Freund des Solidarprinzips, aber bitte nicht für eine Fernsehkabelflatrate für alle. Wenn also noch einmal jemand von Zwangsgebühren sprechen möchte, das waren die echten.

Jetzt ist der Spuk also vorbei: Und? Ich habe heute mal den Fernseher angemacht, an Tag 1 nach dem Ende des schönen Wortes. Es war noch da, das Kabelfernsehen. Als würde es warten, ganz nach dem Motto: Hey, lass es uns doch nochmal probieren. (Hier sollten Sie übrigens aufpassen, die Nutzung des Kabelfernsehens ohne Vertrag könnte ungeahnte Kosten verursachen, wie mein Kollege Alexander Spöri hier geschrieben hat) Aber zurück zur Beziehungskiste: sorry, leider nicht mit mir. Mein nicht ganz smarter Fernseher ist schon lange eine neue Verbindung eingegangen – mit dem Internet. Da werden Sie glücklich, wenn Sie der "Ich brauche 30.000-Kanäle"-Typ sind oder wie ich, wenn Sie mal Netflix und Co buchen, hier die ZDF- und da die ARD-Mediathek durchstöbern – aber egal, was es ist: ich kann entscheiden, was ich sehe und was ich zahle und das ganz ohne Privileg.

 

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