Game of Thrones, S07E03: Die AZ-Nachtkritik zur dritten Folge der Siebten Staffel
Vorsicht, Spoiler: Dieser Text enthält kaum bis gar nicht verschleierte Hinweise auf den Inhalt der aktuellen Folge von "Game of Thrones". Wenn Sie "Die Gerechtigkeit der Königin" noch nicht gesehen haben und nichts verraten bekommen möchten, sollten Sie den Artikel später lesen. Die siebte GoT-Staffel wird parallel zur US-Ausstrahlung immer in der Nacht auf Montag in Deutschland auf Sky On Demand, Sky Go und Sky Online veröffentlicht. Wahlweise stehen das englische Original und die deutsche Synchronisation zur Verfügung. Im Fernsehen laufen die Folge der neuen Staffel immer montags um 21 Uhr auf Sky Atlantic.
Was ist passiert?
Sehr gerade sitzt sie da auf ihrem dunklen Ersatz-Thron, die Mutter der Drachen (Emilia Clarke). Nützt ja nix, das Leben ist hart, und auch Drachenfeuer macht es nicht weicher: Ihre neuen Verbündeten aus Dorne und von den Iron Islands sind tot oder von Cersei Lannister (Lena Headey) gefangengenommen – auch mit denen aus Highgarden wird es sich am Ende der Folge erledigt haben, ebenso war der Überraschungsangriff auf Casterly Rock doch nicht so überraschend.
Klar muss sie da ein bisschen was hermachen, als der ewig besorgt schauende Jon Snow (Kit Harington) – noch ein bisschen knieweich von seiner ersten Begegnung mit drei Drachen – vor ihr steht. Die Visitenkarte der Dame ist bekannt, Übersetzerin Misandei erklärt’s trotzdem nochmal: "Ihr befindet euch in der Nähe von Daenerys Stormborn, aus dem Hause Targaryen, rechtmäßiger Erbin des Iron Throne, rechtmäßiger Königin der Andals und der First Men, Beschützerin der sieben Königslande, Mutter der Drachen, Khaleesi der Great Grass Sea, der Unverbrannten, Sprengerin der Ketten."
Kurzes betretenes Schweigen auf Nordlicht-Seite. "Das ist John Snow", erklärt Davos schließlich. "Er ist König des Nordens." Und da wird’s schwierig: König und Königin, das ist ein Konflikt, den weder die beiden Kindsherrscher – die wohl größten Charaktere im Kampf um den Thron – noch Rhetorik-Genie Tyrion Lannister (Peter Dinklage) wirklich lösen können. Jon will sich nicht einfach unterwerfen, Daenerys will ihn als neuen Verbündeten gegen Cersei Lannister, die für sie den Iron Throne auf angenehmer Temperatur hält (der Hintern kann ja warm sein, selbst wenn das Herz es nicht ist) und dann wird er auch noch unverschämt:
Er will ihre Hilfe im einzig wichtigen Kampf, dem im Norden gegen die White Walker. "Weil gegenwärtig Ihr und ich und Cersei und alle anderen wie Kinder ein Spiel spielen und schreien, dass die Regeln nicht fair sind."
Hat er sie gerade ein Kind genannt?! Kurze Krise – dabei ließ sich doch alles so gut an, die Rote Priesterin Melisandre sprach eben auf der Klippe doch noch davon, sie habe jetzt endlich "Feuer und Eis zusammengebracht"! Tyrion deeskaliert glücklicherweise, auch später noch mehrmals, und erreicht, dass Ihre Blondschopfigkeit den Besuch aus dem Norden zumindest Dragonglass abbauen lässt, das sich als Waffe gegen die White Walker bewährt hat.
Auch wenn sie so richtig noch nicht daran glauben mag, dass hinter der großen Mauer ein Haufen Eiszombies die Apokalypse vorbereitet. "Der menschliche Verstand ist nicht für so große Probleme gemacht", sagt Tyrion entschuldigend – da sind die angefressenen Wanderer im Grunde wie der Klimawandel: Gibt’s das wirklich? Muss wirklich ich mich jetzt darum kümmern? Ich hätte doch wirklich gerade Wichtigeres zu tun, Macht ausweiten und so.
"Sie ist eine Krankheit. Ich bereue, dass ich geholfen habe, sie zu verbreiten. Und das werdet ihr auch." So spricht Olenna Tyrell, als Jaime Lannister im Auftrag seiner Schwester Cersei vor ihr steht, um sie zu umzubringen. Er spielt unbeeindruckt, aber den Vorwurf, seine Schwester sei ein Monster, kann er nicht wegdiskutieren.
Mutmaßlich das erste Mal seit einer langen Weile will Cersei wieder mit ihm schlafen, nachdem sie gerade die gefangene Ellaria Sand in einem Kerker dazu verdammt hat, ihrer Tochter dabei zuzusehen, wie sie langsam an einem Gift stirbt, das Cersei selbst ihr auf die Lippen geküsst hat – so, wie es Ellaria mit ihrer Tochter Myrcella getan hat. Kurz wehrt Jaime sich, aber eundeutiger in einer schwarzweiß gezeichneten Missbrauchs-Beziehung mit einem manipulativen Partner wäre er nur, wenn er Leoparden-Leggins tragen und von Cersei geschlagen werden würde an Stellen, an denen die Nachbarn die blauen Flecken nicht sehen.
Auch nicht besonders feinfühlig geht der letzte echte Stark mit seinem Geschwisterkind um: Bran Stark – zurück von seiner Selbstfindungsreise zu sich als allwissender Three Eyed Raven – trifft auf Winterfell ein. Die immer anämischer wirkende Sansa (Sophie Turner) scheint sogar recht erleichtert, die Verantwortung über die Burg wieder abgeben zu dürfen.
Die Wiedersehensfreude schwindet aber deutlich, als Bran ihr das Prinzip Allwissen damit erklärt, dass er bei ihrer zweiten arrangierten Hochzeit mit dem gewalttätigen Ramsay Bolton im Grunde dabei war. "Du hast so schön ausgesehen in deinem weißen Hochzeitskleid" – netter Kommentar, aber für sie nicht leicht zu verarbeiten, da sie in diesem schönen weißen Kleid später von Ramsay vergewaltigt wurde. An der Empathie hat Bran noch zu arbeiten.
Wer ist in dieser Folge gestorben?
Olenna Tyrell (Diana Rigg), ach, was wird sie uns fehlen: altersweise, immer ein bisschen pampig und furchtlos wahrscheinlich sogar, während sie schlief. Als Jaime Lannister sie nach der Eroberung Highgardens findet, sitzt sie recht entspannt am Tisch in ihrer Kammer. Ihr Schicksal – der Tod – ist ja sowieso unausweichlich.
Wie sie sterben werde, will sie also wissen – etwa durch dieses Schwert in seiner Hand? "War das nicht Joffreys?" Natürlich: Viel mehr ist Jaime nicht geblieben vom gemeinsamen Sohn mit seiner Schwester Cersei. Wie der Name des Schwertes laute, fragt Olenna. "Widow's Wail" – das Wehklagen der Witwe. Olenna schaut Jaime an. "Er war wirklich ein Schwein, nicht wahr?" (Im englischen Original verwendet sie das deutlich härtere Wort "cunt" – "Fotze".)
Da kann selbst der Vater nur schweigen. Ihre letzten Worte, nachdem sie Joffrey Tod durch eine Vergiftung noch einmal ausführlich beschrieben hat, sind: "Sag es Cersei. Ich will, dass sie weiß, dass ich es gewesen bin."
Wem hätten wir eher den Tod gewünscht?
Es wird wirklich Zeit, dass Cersei eingebremst wird. Wahrscheinlich zieht es sich noch etwas hin und am Ende befreit sich Jaime aus seiner emotionalen Gefangenschaft, indem er das übernimmt. Es wäre ihm – jaja, Gewalt ist keine Lösung, aber trotzdem – sehr zu wünschen.
Unterm Strich: Mehr Haut oder mehr Blut?
Beides in ungewohnt geringer Dosierung – allerdings sind Cersei inzwischen alle Konventionen völlig schnuppe.
Nachdem sie gerade mit Jaime Sex hatte und es an der Tür klopft (ein Schuldeneinreiber der Iron Bank, bei der die Lannisters massive Schulden haben, ist eingetroffen), wirft sie sich nur schnell einen mittelalterlichen Bademantel über und reißt die Tür auf, sodass die Zofe – wie ihre Herrin mit praktischer Kurzhaarfrisur – Jaime im royalen Bett sieht und den Inzest im Grund mit Händen greifen kann. Ist Cersei aber egal: "Ich bin die Königin." Kann man nicht abstreiten.
Die Poesie der Folge?
Eine dunkle ist es, eine abgründige: Cersei lässt Ellaria Sand und ihre Tochter Tyene in den Katakomben von King’s Landing am Leben – damit Ellaria ihrer Tochter langsam, über Tage, Wochen oder vielleicht sogar Monate beim Sterben zusehen muss. Mit hartem Blick erklärt sie ihr: "Du wirst diesem schönen Gesicht dabei zusehen, wie es zusammenfällt, zu einem Schädel und zu Staub, und dabei über die Entscheidungen nachdenken, die du im Leben getroffen hast."
Wenn es noch einen Beweis bräuchte für die kalte, destruktive Gewalt, die in Cersei herrscht: Da wäre er.
Der beste Dialog?
In der zweiten Folge der Staffel hat sich Sam Tarly entgegen der Chefanweisung aus der Zitadelle entschieden, sein Glück zu versuchen und den treuen Daenerys-Gefolgen Jorah Mormont von der fiesen Grauschuppen-Krankheit zu heilen. In mühseliger Kleinarbeit (und angenehm wars für Jorah sicher auch nicht) hat er die Schuppen einzeln vom Körper des Kranken gekratzt und die Haut mit speziellen Pasten bearbeitet. Nun steht Jorah da, ein bisschen wund aber eindeutig schuppenfrei – und gerade hatte ihm Maester Ebrose doch höchstens noch ein halbes Jahr zu Leben zugestanden!
Ebrose zögert kurz. Piekst mal hierhin, mal dahin.
"Die Infektion scheint nicht mehr aktiv zu sein. Ungewöhnlich. Unwahrscheinlich. Man könnte fast davon ausgehen, die obere Schicht der Haut sei debridiert worden, und das drunter liegende Gewebe mit irgendeiner Salbe behandelt."
Pokerface Jorah: "Davon weiß ich aber nichts. Ich fühlte mich einfach besser. Ich nahm an, das käme durch die viele Ruhe. Und das Klima."
"Das Klima." Da fällt Ebrose auch nichts mehr ein.
Wer ist dem Iron Throne aktuell am nächsten?
Momentan sieht es so aus, als wäre Team Cersei allen anderen einen Schritt voraus – aber vielleicht können Dany und Jonny ihre Differenzen bald beilegen. Was für einen Sinn hätte sonst der Name der Buchreihe, der die Serie zugrunde liegt: "Ein Lied von Eis und Feuer?"
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