"Die Fette Hoppe": So wird der "Weihnachts-Tatort" aus Weimar
Jetzt hat auch Weimar seinen eigenen "Tatort". Ausgerechnet in der Stadt von Schiller und Johann Wolfgang von Goethe ermittelt nun ein Kommissar namens Lessing (Christian Ulmen). An seiner Seite steht Kira Dorn alias Nora Tschirner. Die beiden müssen das Verschwinden der Wurstfabrikantin Brigitte Hoppe aufklären. Mord nicht ausgeschlossen.
Weimar - Mit seinem Wohnwagen kommt Christian Ulmen alias Kommissar Lessing (der übrigens keinen Vornamen hat) ganz ohne Hektik über die Landstraße nach Weimar gefahren. Hier ist sein neues Revier, hier soll er auf seine neue Kollegin, die schwangere Kira Dorn (Nora Tschirner), treffen.
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Doch die Begrüßung am Rathaus fällt ganz anders aus, als von Lessing erwartet. Er gerät mitten in einen Großeinsatz der Polizei. Im Rathaus hat sich ein Erpresser verschanzt und ausgerechnet Dorn als Geisel genommen. Ohne lange zu fackeln übernimmt der Neue Verantwortung. Mit einer Pizza und einem Handy bewaffnet betritt er den Tatort und kann den Täter dank dieser subtilen Ausrüstung zur Strecke bringen.
Diese Anfangssequenz und die Tatsache, dass der neue Thüringer "Tatort"-Kommissar ausgerechnet Lessing heißt, wo doch Schiller und Johann Wolfgang von Goethe in Weimar zuhause waren, lässt schon erahnen, dass in diesem MDR-Krimi nicht ganz bierernst ermittelt wird, aber den Dichtern entsprechend auch niveauvolle Unterhaltung geboten werden soll. Etwas anderes hätte man von einem Duo Ulmen/Tschirner aber auch nicht erwartet.
Nach der geglückten Geiselbefreiung beginnt für die beiden erst der eigentliche Fall: Die Stadtbekannte Wurstkönigin Brigitte Hoppe ist spurlos verschwunden. In ihrem Auto werden Blutspuren von ihr gefunden. Der Verdacht erhärtet sich, dass Hoppe einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen ist. Die Leiche jedoch fehlt zunächst. Dafür gibt es jede Menge Verdächtige, die an einem Ableben der reichen Unternehmerin, deren Fleischereiprodukt die "Fette Hoppe" als die beste Rostbratwurst Thüringens gilt, interessiert sein könnten.
Da ist Hoppes Sohn Sigmar (Stephan Grossmann), der gegen den Willen seiner Mutter eine Beziehung mit Touristenführerin Nadine Reuter (Palina Rojinski) führt, die bereits mit 30 Jahren zweifache Witwe ist. Auch der Pferdekutscher Caspar Bogdanski (Dominique Horwitz) hat ein Motiv - er ist durch Hoppe in finanzielle Nöte geraten. Und dann gibt es noch Frau Olm (Ramona Kunze-Libnow), die auch ein Geheimnis zu haben scheint...
"Die Fette Hoppe" ist ein langsam erzählter Krimi ohne Action und Gewaltszenen. Er lebt alleine durch die launigen Dialoge der Ermittler. Etwa, wenn sich Lessing für experimentelle Zwecke in einen engen Kofferraum zwängen soll, sich dagegen aber sträubt und schließlich von seiner schwangeren Kollegin mit kugelrunden Bauch angepflaumt wird: "Ach Lessing, nicht so halbschwanger bitte!" Hier macht es sich bezahlt, dass der MDR mit Ulmen und Tschirner auf ein Duo gesetzt hat, das bereits in mehreren Filmen (u.a. "FC Venus") gemeinsam vor der Kamera stand. Die beiden harmonieren perfekt miteinander und können durch ihre launige Spielweise ein wenig über den äußerst flachen Spannungsbogen hinwegtäuschen.
Der konstruierte Fall selbst dient hier sowieso nur einem Zweck: Den Protagonisten eine hübsche Spielfläche zu bieten, auf der sie sich in einem für sie weitestgehend unbekannten Terrain ausprobieren können. Allerdings verkommt der Film von Regisseurin Franziska Meletzky deshalb stellenweise zur Persiflage eines Krimis. Etwa, wenn Elemente eines typischen "Tatorts" aufs Korn genommen werden. So wird bei der obligatorischen Verfolgungsjagd die "Tatort"-Melodie im Stile einer Agenten-Parodie à la Austin Powers eingespielt.
Auch die Ermittler Lessing und Dorn wirken bewusst überzeichnet. Es stört deshalb auch nicht, dass in Ulmen ab und an sein Alter Ego Uwe Wöllner durchkommt und Tschirner die Rolle der Schwangeren beinahe parodistisch spielt. Wer sich also auf das humorvoll angehauchte Spiel der beiden Hauptdarsteller einlässt, wird seinen Spaß mit der "Fetten Hoppe" haben. Wer hingegen einen echten Krimi im Stile eines klassischen "Tatorts" erwartet, wird enttäuscht sein. Für einen gemütlichen Abend am zweiten Weihnachtsfeiertag um 20:15 Uhr reicht die seichte Unterhaltung aber allemal.
Der feine, unterschwellige und nie dumpfe Humor zwischen dem Ermittler-Duo bewahrt den MDR nach dem schwachen Erfurter Krimi vor einer weiteren Bruchlandung. Ob der "Tatort" auf Dauer wirklich die richtige Spielwiese für die beiden Hauptdarsteller ist, wird sich in Zukunft zeigen.
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