Zeidlers Heimspiel: In Oberschleißheim will er den Olympia-Patzer vergessen machen
München - Drei Monate ist der wohl schwärzeste Tag in der so erstaunlichen wie erfolgreichen Karriere des Oliver Zeidler jetzt her, aber präsent sind ihm diese schlimmen Minuten auf dem Sea Forest Waterway vor Tokio immer noch.
Eine Windböe hatte die Medaillenhoffnungen des amtierenden Welt- und Europameisters im Einer-Rudern weg geweht: Finale verpasst, am Ende Platz sieben statt der erhofften Goldmedaille. Die will er nun beim Heimspiel holen: den European Championships vom 11. bis 21. August 2022.
Olympia-Pleite bei Oliver Zeidler: "Mittlerweile bin ich drüber weg"
Die Ruder-Wettbewerbe werden auf Zeidlers Trainingsstätte, der Regattaanlage in Oberschleißheim, ausgetragen: "Besseres Wasser gibt es nicht", schwärmt Zeidler, "selbst bei Sturm kann man auf unserer Strecke noch rudern, was ja nicht überall so ist, siehe Tokio."
Doch so tief der Stachel sitzen mag, "mittlerweile bin drüber hinweg, auch wenn es eine ganze Weile gedauert hat", gibt er zu, "ich habe das mit meinem Vater, der auch mein Trainer ist, analysiert, und wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass wir von der Vorbereitung her rein gar nicht anders machen würden. Es war einfach leider das schlechteste Ergebnis der Saison: Davor hatte ich 15 von 17 Rennen gewonnen."
Doch dann kam die Böe: aus der Traum. "Welle und Wind zur gleichen Zeit", erinnert sich Zeidler, "dann muss man an einer Seite mehr ziehen als an der anderen, dadurch ist der Vortrieb nicht mehr optimal, weil sich die Kraft nicht mehr komplett addiert. Es ist passiert, und ich glaube, ich kann jetzt damit ganz gut leben, habe auch wieder die Motivation gefunden. Wenn man nicht damit abschließen kann, wird's schwierig."
Immerhin das Ende des Tokio-Trips hat er in guter Erinnerung: "Mit den Jungs vom Achter konnte ich zumindest noch ein bisschen Olympia-Feeling aufschnappen: ein sehr versöhnliches Ende."
In Oberscheißheim erhofft sich Zeidler eine Revanche
Seit einem Monat ist er wieder im Training, davor war tatsächlich mal zwei Monate Pause angesagt. "Seit Jahren die erste längere Pause", sagt Zeidler, "in der Zeit war ich vielleicht zwei, drei Mal rudern. Dem Körper tut das ganz gut, wenn der mal den Reset-Knopf gedrückt bekommt. Nach Olympia hat es mich gesundheitlich komplett weg gehauen, weil da so viel Druck abfällt."
Druck dürfte auch im kommenden August ein Thema sein, denn nicht nur Zeidler selbst erhofft sich eine Revanche für das Debakel von Tokio. Hinzu kommt der historische Aspekt: Sein Großvater Hans-Johann Färber war in Oberschleißheim 1972 Olympiasieger im Vierer geworden. "Da schließt sich ein Kreis", meint Zeidler, "Opa hat oft davon erzählt und meinte nun: 'Wenn ihr bei den European Championships nur halb so viele Fans an der Strecke habt, wird das eine große Bühne'."

Innenminister Herrmann: "Das Top-Sportereignis für Bayern und Deutschland"
Davon geht auch Innenminister Joachim Herrmann aus, der zum Auftakt des Ticketverkaufs meinte: "Das wird kommendes Jahr das Top-Sportereignis für Bayern und Deutschland sein." 50 Jahre nach Olympia böten die Wettkämpfe mit neun olympischen und zwei paralympischen Sportarten, mit 176 Finals und 4.700 Athleten die "bestmögliche Art das Jubiläum zu feiern". Olympiapark-Geschäftsführerin Marion Schöne sah darin ein "Signal, dass Menschen zusammenkommen können und wir Sport wieder erlebbar machen".
Die erste Auflage dieses Events fand 2018 in Berlin und Glasgow statt. "Wir haben uns wertgeschätzt gefühlt", erinnerte sich Thomas Röhler, Speerwurf-Olympiasieger von 2016 und Europameister von 2018. Er bekomme immer noch Gänsehaut, wenn er an die nächtliche Siegerehrung auf dem Berliner Breitscheidplatz denkt: "Wenn man ehrlich ist, sind die European Championships ein cooleres Produkt als Olympia."
Und in welcher Olympiastadt findet nach einem halben Jahrhundert an den Original-Wettkampfstätten noch Hochleistungssport statt? Insofern passt das auf das legendäre Olympia-Zeltdach anspielende Motto: "Back to the roofs".
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