Sophia Flörsch in der DTM: Mehr als nur Mitfahrerin
München - AZ-Interview mit Sophia Flörsch: Schon mit 16 fuhr sie Formel 4, stand ein Jahr später auf dem Podest. Es folgte ein Jahr Formel 3 und nun DTM.
AZ: Frau Flörsch, kürzlich ist am Norisring die DTM-Saison zu Ende gegangen – es war Ihre erste. Mit Rang neun haben Sie dort Ihr bestes Resultat eingefahren und Timo Glock hinter sich gelassen – der hat immerhin 91 Formel-1-Rennen bestritten und sogar drei Mal auf dem Podest gestanden. In der Gesamtwertung sind Sie auf Platz 18 gelandet. Wie lautet Ihr Saison-Fazit?
SOPHIA FLÖRSCH: Die Saison ist nach nur acht Veranstaltungen schnell vergangen. Im Grunde war es ein positives Jahr. Ich war Quereinsteigerin, zuvor im Formel-Sport zuhause und bin nun erstmals Tourenwagen gefahren. Da musste ich mich anpassen. Aber ich denke, dass man bei den letzten beiden Veranstaltungen gesehen hat, was ich kann und dass die Lernkurve nach oben gegangen ist. Am Norisring war ich schneller als mein Teamkollege Lucas di Grassi (ein weiterer Ex-Formel-1-Pilot, d.Red.) – und der ist Formel-E-Weltmeister! Ich kann mit der Saison schon zufrieden sein. Es war ein großer Schritt, weil es für mich etwas komplett Neues war -– und weil ich schon als kleines Mädchen von der DTM geträumt hatte. Es war auf jeden Fall der richtige Schritt.
Erklären Sie den Laien unter uns doch bitte mal den Unterschied zwischen der DTM und dem Formel-1-Sport, der ja immer noch als Königsklasse im Motorsport gilt.
Bislang saß ich in Autos, die viel Aerodynamik und viel Abtrieb haben. Die DTM war heuer anders als sonst: Früher waren es Class 1-Fahrzeuge, die auch viel Aerodynamik hatten, jetzt sind es GT3-Fahrzeuge: sozusagen Straßenautos umgebaut zu Rennwagen, seriennah, mit Fahrhilfen wie ABS und Traktionskontrolle, an die man sich erst gewöhnen muss.
Flörsch über die DTM: "Der Zweikampf ist da schon härter"
Fast eine andere Sportart also.
Jein. Die Basics sind die gleichen, aber von der Fahrweise sind die Autos schon sehr unterschiedlich. Man fährt andere Ideallinien, spürt das hohe Gewicht eines GT3 ständig. Im Formel-Sport darf man sich kaum berühren, ohne dass sofort etwas kaputt geht – da findet der Zweikampf meistens ohne Berührungen statt. In der DTM halten die Wagen schon ziemlich viel aus, man kann sich berühren, der Zweikampf ist da schon härter. Das war eine Umstellung im Vergleich zu dem, was ich in den letzten Jahren gemacht hatte.

Heißt: Sie hatten im letzten Rennen ein viel besseres Gefühl fürs Auto als im ersten?
Sicher war es kein Vorteil, dass ich wohl eines der ältesten Autos im Grid hatte. Luca de Grassi hatte auch einen älteren Audi R8 LMS, er nannte den Unterschied zu neu "gravierend". Immer in Ritt auf der Rasierklinge. Aber klar, je mehr Kilometer man in so einem Auto fährt, umso mehr Erfahrung und Sicherheit sammelt man. Aber die DTM ist halt schon die professionellste Tourenwagen-Meisterschaft, und das Fahrer- und Team-Niveau war in diesem Jahr so unglaublich hoch, dass es auf kleine Details ankam, wo man in der Qualifikation oder im Rennen landet. Und dieser Versuch, alles zu perfektionieren klappt halt mal besser und mal weniger gut – bei den beiden letzten Rennen war es mit Platz 9 und 13 eher gut.
Flörsch: "Klar sticht man als Frau heraus"
Das macht doch Mut. Wie ist es Ihnen als eine von nur zwei Frauen in der DTM ergangen?
Klar sticht man als Frau da heraus, aber unterm Strich kennt man sich unter Rennfahrern über Jahre hinweg. Respekt war, glaube ich von Anfang an da. Diesmal bin ich tatsächlich nicht mehr nur gegen junge Männer bis maximal 24 gefahren, sondern auch gegen einen Mike Rockenfeller, der 35 ist und fast alles gewonnen hat, was man im Motorsport gewinnen kann. Einfach gegen Rennfahrer, die in ihrer Karriere schon viel gemacht und viele verschiedene Erfolge gefeiert haben. Insofern war das nochmal ein Schritt nach oben.

Ist Ihre Saison denn nun zu Ende?
Nein, ich habe noch das Langstrecken-Programm: Da sind in zwei Wochen noch zwei Rennen in Bahrain. Und ich fahre nächste Woche in Portugal noch das Abschlussrennen der ELMS, der European Le Mans Series. Das sind 4-, 6- und 8-Stunden-Rennen: Da freue ich mich drauf.
Wie geht es generell mit Ihrer Karriere weiter? Fahren Sie nächstes Jahr wieder in der DTM?
Für mich ist die DTM im nächsten Jahr sehr attraktiv, genauso wie die Langstrecke. Voraussetzung ist, konkurrenzfähiges Material oder Werksunterstützung zu bekommen. Man muss sehen, welche Angebote man auf dem Tisch hat und was im kommenden Jahr am meisten Sinn macht. Nur mitfahren ist nicht mein Anspruch. Die Verträge werden normal erst im Januar unterschrieben. Ich glaube, dass 2022 sehr cool werden kann.
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