Türkgücüs Kapitän Vollath im AZ-Interview: "Es geht um die Münchner Ehre"
AZ: Herr Vollath, am Dienstag Abend um 20.30 Uhr steht das Pokal-Duell gegen den TSV 1860 an. Wie heiß ist Türkgücü mit einem halben Dutzend Ex-Löwen in den Reihen auf den Derby-Triumph?
RENE VOLLATH: Von diesen Ex-Löwen haben wir wirklich eine Menge. Die wird keiner mehr motivieren müssen, aber sie müssen ihre Emotionalität im Griff haben. Es wird ein heißer Fight, man darf eine gewisse Grenze nicht überschreiten. Für uns sind die Münchner Derbys immer was ganz Besonderes. Nach dem 2:2 im Liga-Hinspiel wollen wir unbedingt gewinnen.
Hat Endspiel Charakter: Türkgücü gegen den TSV 1860
Auch, wenn es "nur" die Qualifikationsrunde für das Viertelfinale ist: Das Duell hat Endspiel-Charakter, oder?
Absolut. Wir sehen es auf jeden Fall als Finale. Im Pokal hast du sowieso nur Endspiele: Wenn du verlierst - fertig. Auch, wenn man noch nicht weiß, wie es mit den bayerischen Amateurklubs weitergeht: Wir wollen unbedingt in den DFB-Pokal. Dazu geht es noch um die Münchner Ehre.
In knapp drei Wochen treffen Sie in der Liga schon wieder auf Sechzig, dazu kommen die Spiele gegen den FC Bayern II und Haching. Geht da der Derby-Zauber etwas verloren?
Überhaupt nicht. In meiner Zeit in Uerdingen hatten wir oft kurze Wege, Derbys gegen Duisburg oder Wuppertal. In Stadtduellen liegt noch mehr Brisanz. 1860 ist das größte Derby für uns, keine Frage. Bei den Bayern ist es ja "nur" die Zweitvertretung und Haching eher Vorstadt. Auch, wenn man es leider schon hunderttausend Mal gehört hat: Solche Spiele wären mit den Fans viel geiler. Das ist es, wo für mich etwas Zauber verloren geht.
"Wir spielen als Aufsteiger aber eine gute Saison"
Blicken wir auf die Liga: Weshalb hat es nicht zum Durchmarsch gereicht - und wie sehen Sie Sechzigs Aufstiegschancen?
Schwer zu sagen. Natürlich wären wir nach der starken Hinrunde gerne durchmarschiert. Kein Mensch will Siebter oder Zehnter werden. Wir hätten auch das Potenzial, waren in manchen Spielen einfach nicht abgezockt genug. Wir spielen als Aufsteiger aber eine gute Saison. Für Sechzig wird es auch eng. Ich denke, das Spitzentrio ist zu stark.
Was fehlt Türkgücü noch zu den Löwen - außer der ruhmreichen Tradition?
Das Stadion schon mal nicht, denn das gehört uns beiden nicht (lacht). Was die weitere Infrastruktur anbelangt, muss jedem klar sein: So schnell, wie es Türkgücü in den Profifußball geschafft hat, kann ein Verein gar nicht wachsen. Dabei hoffen wir weiter auf die Unterstützung der Stadt. Vom Kader her hatte Sechzig keinen so großen Umbruch wie wir, sie sind seit mindestens anderthalb Jahren eingespielt. Aber so weit sind wir nicht weg. Viele Spieler haben Verträge für die nächste Saison, da werden wir den nächsten Schritt gehen. Ganz klar: Wir wollen ihnen mittelfristig den Rang als Münchens Nummer zwei ablaufen.
Zu Ex-Trainer Alexander Schmidt will sich Vollath nicht äußern
Im Saisonverlauf sah es phasenweise danach aus, als könnten Sie vor 1860 landen, doch es folgte ein Abwärtstrend, der sich auch nach dem Trainerwechsel fortgesetzt hat. Hat Ihr Klub Alexander Schmidt vorschnell vor die Tür gesetzt?
Diese Dinge liegen nicht in meinem Verantwortungsbereich. Ich habe gerne mit ihm zusammengearbeitet. Aber für mich ist es entscheidend, Bälle zu halten. Egal, was außenrum passiert, unser Job ist die eigene Leistung auf dem Platz. Wenn ich mich mit allem drumherum beschäftige, gebe ich hier zwei Prozent ab, dort drei. Wenn ich es schaffe, meine Leistung zu bringen, kann ich andere Spieler mitziehen.
"Jetzt darf ich die Binde tragen, für mich ist es eine Ehre"
Womit wir bei der Kapitänsfrage wären: Sie haben kürzlich Sercan Sararer abgelöst. Wie hat er darauf reagiert?
Wir wissen beide: Eine Führungsrolle bedeutet mehr, als die Binde zu tragen. Sercan ist ein hochauthentischer Mensch, der ist für mich mit Abstand der beste Spieler der Liga - und hat in der Dritten Liga überhaupt nichts verloren. Jetzt darf ich die Binde tragen, für mich ist es eine Ehre. Ihn stört es nicht, von daher ist es für alle Seiten okay.
Bleibt nur noch zu klären, wie Sie sich auf die Löwen vorbereitet haben: Elfmeterschießen geübt?
Unser Torwart-Trainer Michi Hofmann (ehemaliger Löwen-Keeper, d. Red.) ist auch schon ganz heiß (lacht). Aber wir hoffen alle, dass wir es in 90 Minuten hinkriegen. Klar übt man immer mal Elfmeterschießen. Für einen Torwart ist viel Intuition dabei, manchmal auch Glück. Wir wissen, dass Marco Hiller da einige Bälle herausgefischt hat. Aber ich denke, im Fall des Falles müssten wir uns nicht verstecken: Ob dann ein Sascha Mölders vor mir steht oder ein anderer Schütze, ob er nach links oder rechts schießt, flach oder hoch - da werde ich ihnen ganz tief in die Augen schauen.