Willi Bierofka über seinen Sohn: "Daniel kann das"
AZ-Interview mit Willi Bierofka. Der 63-Jährige spielte in den 70er-Jahren beim TSV 1860. Wegen seiner zahlreichen Verletzungen musste der gebürtige Münchner seine Karriere mit nur 26 Jahren beenden. Später arbeitete er als Trainer, unter anderem beim TSV Eching und beim FC Ismaning.
AZ: Herr Bierofka, der TSV 1860 hat einen neuen Trainer – Ihren Sohn.
Wilhelm Bierofka: Ich hätte nicht gedacht, dass die Entscheidung auf Daniel fällt. Das hat mich sehr überrascht. Der Daniel kann das aber. Er kann das Ziel erreichen, dass Sechzig nicht absteigt. Davon bin ich überzeugt.
Warum glauben Sie, dass er es schaffen wird?
Erstmal arbeitet er sehr akribisch. Egal, ob als Trainer oder als Spieler – er macht alles mit sehr viel Leidenschaft und Esprit. Damit kann er die Mannschaft auf seine Seite ziehen und schließlich erfolgreich sein.
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Der Abstieg droht vielleicht mehr denn je. Wünschen Sie sich als Vater für den Sohn nicht eine günstigere Ausgangssituation?
Daniel hat keine fünf Sekunden überlegt, als Herr Kreuzer (Sportchef Oliver Kreuzer, d. Red.) ihn angerufen hat. Er hängt an diesem Verein, war immer verbunden mit Sechzig. Wenn dann der Sportchef sagt, mach das, überlegst du nicht lange, ob das hinterher für dich negativ sein kann. Dann sagst du dir: "Gut, ich mache das."
Der TSV 1860 hat allerdings schon so manchen Trainer verschlissen.
Ich glaube nicht, dass das bei ihm der Fall sein wird. Er hat nur vier Saisonspiele. Die Fehler wurden in den vergangenen Jahren gemacht. Sollte der Klassenverbleib nicht gelingen, wird man die Verantwortung nicht bei Daniel suchen. Ich denke nicht, dass dann was auf ihn herunterbricht.
Sie haben Ihrem Sohn schon oft bei der Arbeit zugeschaut. Was ist er denn für ein Typ Trainer?
Er ist sehr emotional dabei. Er war zuletzt mit der U21 zehn Spiele in Folge ungeschlagen, dabei hat vor der Saison acht oder neun Spieler abgeben müssen. Das Problem ist der Zeitfaktor. Hätte er mehr Zeit, wäre es besser. Aber: Ich traue ihm das zu.
Spricht er mit Ihnen über seine Gedanken, holt er sich Rat bei Ihnen?
Wir diskutieren oft miteinander, dann fragt er mich: "Vater, wie siehst du das?" Letzten Endes muss er aber selber entscheiden, wie er was macht, wie er Fußball spielen will. Das liegt ganz bei ihm.
Welchen Fußball lässt er denn spielen?
Mit der U21 hat er sehr offensiv gespielt, nicht abwartend, immer den Gegner unter Druck gesetzt, egal, wer das war. Selbst gegen Jahn Regensburg (Tabellenführer Regionalliga Bayern, d. Red.) hat er so gespielt. Seine Mannschaft steht immer sehr hoch, spielt aggressiv, zwingt den Gegner zu Fehlern und schlägt dann aus diesen Fehlern Kapital. Er verlangt von seiner Mannschaft, dass sie agiert und nicht, dass sie nur reagiert.
Zum Spiel am Sonntag: Werden Sie gegen Eintracht Braunschweig in der Allianz Arena sein?
Selbstverständlich, ich bin bei jedem Heimspiel von Sechzig mit dabei.
Diesmal steht Ihr Sohn aber an der Seitenlinie. Ist er so gefestigt, dass er diesem Druck standhält?
Damit hat er kein Problem. Er war 15 Jahre lang Profi, da hatte er immer Druck, ob das jetzt in Stuttgart oder in Leverkusen war. Du hast immer Druck als Profi. Er hat gelernt, damit umzugehen.
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Sein Auftrag ist aber immens: der Klassenverbleib. Wie stolz wären Sie als Vater auf den Sohn, wenn er es schafft?
Wenn sie es schaffen, freut es mich für Daniel, die Mannschaft und den Verein. Ein Abstieg wäre schlimm. Ich hoffe für ihn und den Verein, dass das noch gut ausgeht.
Sie sind so lange dabei: Wie schlimm wäre ein solcher Abstieg für das Selbstverständnis der Sechzger?
Es wäre schlimm, weil dann alles darunter leiden würde: der Jugendbereich, die Amateure. Das ist das Kapital des Vereins, weil wir eine sehr gute Jugendarbeit machen. Das würde alles Schaden nehmen. Und das wäre schade.