Wie hält 1860-Coach Schmidt das aus?
München - Wer Alexander Schmidt in diesen in allen Belangen trüben Giesinger Tagen beim Training beobachtet, sieht einen Trainer, der ganz genau weiß, was er will. Immer wieder unterbricht Schmidt taktische Übungen, um seinen Spielern Anweisungen zu geben. In diesen Momenten erinnert er fast ein wenig an die früheren Bayern-Trainer und Taktische-Disziplins-Fanatikern Giovanni Trapattoni und Louis van Gaal.
Fünf Zweitliga-Spiele lang betreut Schmidt nun schon die Mannschaft, in der Liga ist man ungeschlagen, gewann aber nur eine Partie. Dazu kam das ärgerliche Ausscheiden im Pokal in Bochum (0:3). Schmidt experimentierte viel herum, kein einziges Mal stand dieselbe Mannschaft auf dem Platz. In der Winterpause will er nun seine Stammformation finden, vor allem im Trainingslager in Belek ab Sonntag sei dafür wichtig. Schmidts Ziel ist trotz aktuell fünf Punkten Rückstand noch immer Platz drei.
Tatsächlich weiß Schmidt derzeit aber nicht mal, ob er bis zum Trainingslager noch einen neuen Stürmer bekommt, den er sich so wünscht. Schmidt weiß noch nicht mal, ob er nach der Rückkehr aus der Türkei überhaupt noch Trainer sein wird.
Zwar hat er natürlich registriert, dass sich die Vereinsvertreter und Investor Hasan Ismaik nach dem gescheiterten Krisentreffen am Montag nun doch wieder annähern wollen (siehe Text unten), doch gleichzeitig musste Schmidt auch lesen, dass Ismaik ihn noch immer als „Übergangstrainer” ansieht. Dies erklärte der Investor in der Nacht auf Dienstag im Gespräch mit der AZ, dies wiederholte er auch Mittwoch in einem BR-Interview. „Der Sportdirektor und der Trainer – alles wird sich ändern, weil sie nicht die richtigen Entscheidungen treffen können”, sagte Ismaik da. Der Jordanier soll immer noch darauf drängen, den früheren englischen Nationalcoach Sven-Göran Eriksson in Giesing zu installieren und ihn mit allen sportlichen Vollmachten auszustatten. Schmidt dürfte bleiben – mindestens als Assistent, vielleicht auch als Übungsleiter.
Mit ihm habe niemand über solche Themen gesprochen, sagt Schmidt. „Ich konzentriere mich auf meine Arbeit. Die Mannschaft ist intakt”, sagte er.
Schmidt ist selbstbewusst, ihn bringt so schnell nichts aus der Ruhe. Er ist seit elf Jahren bei 1860, lebte zuvor ein paar Jahre in Italien, dazu zeichnet ihn eine natürliche Lässigkeit aus. Und doch fragt man sich: Wie hält der 44-Jährige die ganze Ungewissheit aus?
Als die AZ ihn am Donnerstag auf Eriksson ansprach, reagierte er auch etwas genervt. „Lasst mich mit dem Eriksson in Ruhe! Was soll das?”, fragte er. Es war nur ein kurzer Ausbruch, entschied sich sofort wieder, sein Temperament lieber zur Eigenwerbung zu nutzen. „Natürlich geht das alles nicht spurlos an mir vorbei. Mir wäre es lieber, wenn Herr Ismaik mal bei uns im Training vorbeischauen und sich anschauen würde, wie wir trainieren. Ich höre immer nur, dass man nicht mit mir zusammenarbeiten wolle. Vielleicht sollte er mich einfach mal kennenlernen. Ich würde mich jedenfalls freuen.”
Schmidt kann in solchen Momenten sehr charmant sein, möglicherweise würde der stolze Investor tatsächlich Gefallen finden können am Schwaben. Zumal der loyal ist. Schmidt: „Wenn einer kommt und sagt, ’Ich bringe fünf Bundesligaspieler und einen Top-Trainer, dann lehne ich mich zurück und mache wieder die U21. Kein Problem.”
So weit muss es aber vielleicht gar nicht kommen. Denn das Problem mit seinem Über-Schatten Eriksson könnte sich bald von selbst lösen. Der Schwede ist bei Blackburn Rovers im Gespräch. Auch in Dubai und Katar sollen einige Klubs Interesse an einer Zusammenarbeit signalisiert haben.