Ismaik: Abrechnung im Luxushotel
Nach dem Scheitern der Gespräche mit den 1860-Bossen erhebt Investor Hasan Ismaik neue Vorwürfe gegen Präsident Schneider. Es geht um Sven-Göran Erikssons Gage, die Ablösung des Geschäftsführers und die Fans
MÜNCHEN Der Ruf zur Aussprache erfolgte 80 Minuten nach dem Eklat. Doch er erreichte nicht 1860-Präsident Dieter Schneider. Gegen 21.10 Uhr war Hasan Ismaik wütend abgerauscht vom Trainingsgelände der Löwen, hinterlassen hatte er nach dem Scheitern der Gespräche mit den Vereinsverantwortlichen nur drei dürre Sätze. Sehr schlecht sei es gelaufen, er wolle jetzt zur DFL gehen und könne mit den Vereinsbossen nicht mehr zusammenarbeiten.
Um 22.30 Uhr rief der Investor dann die Reporter zu sich. Man möge ins Mandarin Oriental kommen. Zwei Stunden lang versuchten Ismaik und seine Entourage (Bruder Abdelrahman, Anwalt Wassel Al Fakhoury, die der Investor am Montag in den Aufsichtsrat der KGaA entsandte, und Ismaiks Cousin Noor Basha), im Luxushotel auf die Reporter einzuwirken. Zugegen war auch Hamada Iraki, Ismaiks früherer Statthalter. Das Gespräch war lebhaft, eindringlich. Der Mann, dem 1860-Vize Franz Maget hinterhergerufen hatte, „sein Wort nicht gehalten” zu haben, gab mal den jovialen Gastgeber, dann plauderte er teils irre anmutende Geschichten aus, dann wieder überzog er die Vereinsverantwortlichen mit Vorwürfen.
Die AZ hat versucht, Schneider und Geschäftsführer Robert Schäfer mit den Vorwürfen und Behauptungen Ismaiks zu konfrontieren. Bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe allerdings äußerte sich niemand von ihnen. Die AZ protokolliert Ismaiks Vorwürfe.
Die Sache mit Sven-Göran Eriksson: Mit seinem Wunschtrainer hätte Ismaik „vereinbart, dass er die selbe Summe verdienen würde wie Reiner Maurer”. Der einzige Unterschied wäre gewesen, dass er in englischen Pfund bezahlt werden wollte. „Der Unterschied pro Jahr wären also höchstens 50000 Euro gewesen”, behauptete Ismaik. Schneider dagegen hätte Ismaiks Vorschlag „amüsiert abgelehnt” und danach bewusst Gerüchte gestreut, dass der Schwede viel mehr kosten würde und ihm auch neue Spieler versprochen worden seien. „Wie Schneider reagiert hat, war respektlos!”, sagte Ismaik.
Tatsächlich hatte Schneider die Vermutung geäußert, dass es nicht bei der Verpflichtung Erikssons bleiben würde. Allerdings hatte der Präsident sich nie öffentlich gegen den Schweden gewehrt, sondern lediglich darauf beharrt, dass Ismaik ein Finanzierungskonzept vorlegen solle. Bei diesem Punkt blieb Ismaik aber auch am Montag im Vagen.
Die Sache mit Steiner und Schäfer: In der Halbzeitpause des Pokalspiels in Bochum (0:3, die Red.) soll Schneider, so erzählt es Ismaik, Schäfer gesagt haben, dass der Investor den Geschäftsführer loswerden und durch Vereins-Aufsichtsratschef und TV-Produzenten Otto Steiner ersetzen wolle. „Ich habe diese Gedankenspiele nie gehabt”, sagte Ismaik nun. Während der Aufsichtsratssitzung am Montag habe er den Präsidenten zum wiederholten Male um Aufklärung gebeten. „Schneider hat aber gesagt, dass er nichts sagen könne.” Daraufhin habe Ismaik dann Schäfer gefragt, ob er den Vorfall bestätigen könne. Das habe Schäfer getan. Schäfer als Kronzeuge gegen Schneider? Der Geschäftsführer äußerte sich trotz Nachfrage der AZ dazu nicht.
Die Sache mit den Wahlen im März: Es sei richtig, dass er den im Mai beschlossenen Dreijahresplan aufgekündigt habe, erklärte Ismaik. „Allerdings habe ich den Herren auch ganz klar gesagt, dass ich morgen schon elf Millionen Euro überweisen würde, wenn ich das Gefühl hätte, dass sie an einer wirklichen Partnerschaft interessiert wären.” Doch Schneider und Co. würden ihm das Gefühl geben, allein sein Geld zu wollen. „Sie sehen mich als Geldautomaten, nicht als Partner”, sagte Ismaik. Darum könne er nun auch nicht mehr mit den Verantwortlichen zusammen arbeiten.
Konkret wünscht sich der Investor eine Umbesetzung des KGaA-Aufsichtsrates, mit Personen, die „kompetent” wären. Und meint wohl vor allem: ihm genehm. „Stellen Sie sich vor, Sie sind ein international tätiger Unternehmer. Und dann müssen Sie zusammenarbeiten mit einem Autoverkäufer (gemeint ist Schneider, die Red.), einem Politiker (Maget) und einem Polizisten (Hauner).” Ismaik macht die Löwen-Bosse schlecht. Und sagt, er vertraue darauf, dass die Fans bei der Delegiertenversammlung im März die „richtige Entscheidung” träfen. Sprich: Schneider nicht mehr ins Amt wählen. Und/oder man ihm andere Personen als Ansprechpartner nennt. Dann wäre er, beteuert Ismaik, wieder bereit, weiter bei 1860 zu investieren.
Auf die Frage, ob Ismaik im Nachhinein sein Verhalten, etwa die öffentlichen Rücktrittsforderungen an Schneider, nach dem Scheitern der Verhandlungen anders bewerte, antwortete er übrigens: "Nein. Ich würde alles genau so wiedermachen. Ich bin ein direkter und ehrlicher Mensch."