TSV 1860 München: Werner Lorant spricht über die Revolution gegen Klubpräsident Robert Reisinger

Werner Lorant (69) führte die Löwen in den 1990er-Jahren als Trainer in die Bundesliga und erreichte die Qualifikation zur Champions League. Er lebt in Waging am See.
AZ: Herr Lorant, starten Sie noch eine Karriere als Funktionär? Am Freitagabend waren Sie auf einer Versammlung der Regionsvertreter von Sechzigs Fanklubdachverband ARGE im Daxerhof im Olching zu Gast.
WERNER LORANT: Ja, man hat mich netterweise eingeladen, um meine Meinung zu hören. Schön, dass viele Leute bei Sechzig noch Wert darauf legen. Und es weiß sowieso jeder, dass ich mir den Mund nicht verbieten lasse. Ich bin aber kein Wahlhelfer oder sowas.
Sondern?
Die ARGE hat mich eingeladen, ich habe meine Meinung gesagt. Fertig. Es ist doch sinnvoll, über die Löwen zu diskutieren. Wie soll man sonst auf einen grünen Zweig kommen? Es wurden schon wieder viel zu viele Fehler gemacht.
Die Vereinsbosse um Präsident Robert Reisinger verfolgen aktuell eine Sparpolitik ohne weitere Darlehen von Investor Hasan Ismaik, der am Freitag ebenfalls anwesende Ex-Präsident Peter Cassalette und ein großer Teil der ARGE möchte dagegen schnellstmöglich und mit finanzieller Unterstützung des Jordaniers zurück in den Profifußball.
Wie lange soll man da unten in der Regionalliga herumhumpeln? Die Löwen müssen wieder dorthin, wo sie hingehören. Ende. Das sind doch alles erwachsene Leute, Geschäftsleute. Da wird man sich doch noch zusammensetzen können, um Lösungen finden. Ist das denn so schwer?
Lorant: "Es muss ein Weg her, den alle mitgehen"
Offensichtlich, denn aktuell scheinen zwei Fraktionen ohne die jeweils andere zu planen: Nach Meldeschluss der Kandidaten für die Neuwahl des Verwaltungsrats Ende März wird die ARGE in ihren Regionen ein Konzept vorstellen. Dies unterstützen neben Bernhard Winkler, der ein Kandidat für den Verwaltungsrat sein könnte, auch Karsten Wettberg und Sie.
Verwaltungsrat werde ich nicht mehr auf meine alten Tage. Aber ich finde: So, wie es momentan läuft, kann es nicht mehr weitergehen. Und wie der Verein mit dem Bernhard Winkler umgegangen ist, das war eine Frechheit. Er ist ein verdienter Spieler, durch und durch ein Sechzger – und jetzt muss er gehen, weil man keinen Job für ihn hat? Er wäre genau der Richtige, um Verantwortung zu übernehmen.
Das Vorhaben könnte ja in einer Revolution gegen Reisinger und Co. und dem Vorhaben münden, das Präsidium durch eine Mehrheit Ismaik-naher Verwaltungsräte bei der Mitgliederversammlung im Juli abzusetzen.
Wenn ich höre, dass man im Aufstiegsfall mit drei Millionen Euro in der Dritten Liga plant: Hör mir auf, damit kommst du nicht weit. Was ist das für ein Denken? Dann sollen sie wirklich aufhören! Wildmoser (Ex-Präsident Karl-Heinz Wildmoser, zu Lorants Zeiten im Amt, d. Red.) würde sich im Grab umdrehen, wenn er das sehen würde. Er hat mich jedes Jahr im Dezember gefragt: Was machen wir nächste Saison? Was brauchen wir? Wann setzen wir uns zusammen?
Verstehen wir Sie richtig? Sie sind gegen das Präsidium?
Das habe ich nicht gesagt. Aber ich bin gegen persönliche Eitelkeiten. Und ich bin dagegen, es sich in der Regionalliga gemütlich zu machen. Bevor Sechzig auf der Strecke bleibt, muss man doch aufeinander zugehen. Die Jugendarbeit leidet, die Fans bleiben auch nicht ewig bei der Stange, wenn man nicht aufsteigt. Sie wollen auch Erfolg. Sechzig hat einen guten Trainer (Daniel Bierofka, d. Red.). Vom Sportchef (Günther Gorenzel, d. Red.) bin ich nicht überzeugt, der hat irgendwann mal was gemacht bei 1860 und noch nichts vorzuweisen. Natürlich will Ismaik Erfolg, wenn er sein Geld gibt. Das ist doch ganz normal. Und er hat auch viel verbrannt. Es muss jetzt endlich ein Weg her, den alle mitgehen. Und alle anderen haben bei Sechzig nix verloren.