TSV 1860: Löwen-Boss Robert Reisinger wird laut - Coach Michael Köllner genauso
München - Wenn der TSV 1860 im letzten Saisonspiel am Samstag (13.30 Uhr/BR, Magenta Sport und im AZ-Liveticker) im Grünwalder Stadion gegen Borussia Dortmund II antritt, geht es mal wieder um alles - auch wenn der Aufstiegszug längst abgefahren ist.
Neues Saisonziel ist die Qualifikation für den DFB-Pokal, wozu Sechzig Vierter werden müsste. "Das kann nur das Minimalziel sein", sagte Präsident Robert Reisinger der "Bild", "die Teilnahme am Pokal ist essenziell, ermöglicht der sportlichen Leitung Spielräume." Und so ein Spielraum ist ja immer gut.
Robert Reisinger: "Ich möchte elf Krieger sehen und keine Angsthasen"
Deshalb sollte also der punktgleiche VfL Osnabrück, der am Samstag den längst schon als Meister und Aufsteiger feststehenden FC Magdeburg empfängt, im Fernduell bitte schön brav hinter den Giesingern bleiben, die ein um zwei Treffer besseres Torverhältnis haben und den Löwen unlängst eine 2:3-Heimpleite beschert hatten.
Angesichts der krass schwankenden Formkurve des TSV dürfte es wohl bis zum Schluss spannend bleiben. Immerhin weiß der Präsident, wo es bei seinem Klub im Argen liegt: "Sie müssen ihre Nerven in den Griff bekommen, die Körpersprache muss von Sekunde eins an zeigen: 1860 ist der Herr im Grünwalder Stadion. Ich möchte elf Krieger sehen und keine Angsthasen."
Das werden die Spieler nicht gerne hören: Als Angsthase will man nun wirklich nicht gelten, als Löwe ja schon drei Mal nicht.
Reisinger: Nächstes Jahr ist der Aufstieg das klare Ziel
Und weil Reisinger gerade so schön in Fahrt war, ließ er den Löwen in sich ein bisschen weiter brüllen: "Nächste Saison kann es nur ein Ziel geben und das heißt: Aufstieg! Das muss von Tag eins klar sein und auch ausgesprochen werden."
Was hiermit geschehen ist. Fragt sich nur: wie? Und: mit welchen Spielern? Keine Sorge, einfach den Chef fragen! Auch beim Thema Verstärkungen hat Reisinger eine dezidierte Meinung: "Wir brauchen Spieler, die ihre Karriere nicht so gestalten konnten, wie es ihrem Potenzial entsprochen hätte. Wir bieten ihnen sozusagen die zweite oder auch dritte Chance."
Und weil das womöglich doch etwas zu sehr nach Resterampe klang, legte er noch mal nach: "Mit Chorknaben schaffen wir es nicht. Wir brauchen Spieler, die vorangehen, Ecken und Kanten zeigen. Für mich zählt das Kollektiv. Wir brauchen keine Stars."
Robert Reisinger verweist auf Aufstiegs-Mannschaft von '94
Gut ist ja immer, wenn man auch noch ein historisches Beispiel anführen kann - et voila: "Die Mannschaft von 1994, der der Durchmarsch in die Bundesliga gelang, war voll mit ordentlichen Arbeitern, die es über die Geschlossenheit und den Zusammenhalt geschafft haben. Das muss uns gelingen." Was Reisinger nicht mehr gesagt hat, war dennoch deutlich zu vernehmen, nämlich die nur mäßig dezent formulierte Aufforderung: 'Jetzt aber ran an die Arbeit, Trainer!'
Tja, und man glaubt es kaum, auch der oberste Übungsleiter des TSV 1860 hat sich schon so seine Gedanken über seine Truppe gemacht. "Man muss sich anschauen: Wo wollen wir besser werden? Wo wollen wir morgen sein?", fragt Sechzig-Trainer Michael Köllner: "Deshalb habe ich das vor ein paar Wochen angesprochen mit den Rahmenbedingungen. Man sieht seine Mannschaft von Spieltag zu Spieltag, und dann ist es doch völlig legitim, zu fragen: Wo wollen wir uns verbessern? Wo können wir uns mit eigenen Kräften entwickeln, wo müssen wir extern andere Spieler holen?" So weit, so normal.
Aufstieg: Köllner ist sich der Erwartungshaltung der Fans bewusst
Aber Sechzig wäre ja nicht Sechzig, gäbe es da nicht noch das ein oder andere Stolpersteinchen, das sich im Handumdrehen zum Felsmassiv entwickeln kann. "Das Problem ist ja: Wünschen ist der falsche Ausdruck", erklärt Köllner, "Wünsche tätigt man an Weihnachten, manche auch an Ostern. Es geht um eine realistische Einschätzung der Situation und der nächsten Saison. Ich werde den Teufel tun und nicht für eine optimale Situation für die nächste Spielzeit kämpfen. Bisher habe ich das nicht so vehement gemacht, jetzt schon."
An der generellen Zielsetzung des Klubs gebe es keinen Zweifel, so Köllner: "Jeder Fan erwartet, dass 1860 um den Aufstieg spielt. Die Fans und ich haben die gleiche Stoßrichtung. Wir wollen nächste Saison guten, erfolgreichen Fußball spielen, ohne uns wirtschaftlich zu übernehmen. Ich denke nicht, dass der Kader, den ich geplant habe, den Klub wirtschaftlich überfordert."
Chorknaben und Angsthasen wird Coach Köllner dabei sicher nicht im Kopf haben, eher den ein oder anderen Krieger. Gut wäre allerdings, wenn sie auch noch kicken können.