TSV 1860: Das Mölders-Wagnis - Ist der geschasste Kapitän sportlich zu ersetzen?
TSV 1860: Das Mölders-Wagnis - Ist der geschasste Kapitän sportlich zu ersetzen?
Der kriselnde TSV 1860 verzichtet bis auf Weiteres auf seinen Top-Scorer - und das auch noch freiwillig. Ein Wagnis, das die Löwen über das Kollektiv werden auffangen müssen. bl
|
Nicht merken
München - Giesing hat das schwerste Beben seit dem Aus von Daniel Bierofka im November 2019 hinter sich. Sascha Mölders, Kapitän, Kult-Löwe und "Fußballgott" in Personalunion, wird bis auf Weiteres nicht mehr am Spielbetrieb teilnehmen. Läuft er überhaupt nochmal für 1860 auf? Unwahrscheinlich!
Fakt ist: Die kriselnden Sechzger, nach den beiden Niederlagen gegen Mannheim (1:3) und Magdeburg (2:5) auf Tabellenplatz zwölf abgerutscht, verzichten trotz der sportlich schwierigen Lage freiwillig auf ihren besten Scorer in dieser Saison. Zwar kommt Mölders nicht annähernd an die Torgefährlichkeit - und in den vergangenen Wochen auch Körpersprache - aus der vergangenen Spielzeit heran, dennoch war er mit fünf Toren und vier Vorlagen in der Liga noch immer so effektiv wie kein anderer Sechzger.
Sascha Mölders war beim TSV 1860 eigentlich immer gesetzt
Die Suspendierung des Alpha-Löwen ist daher durchaus ein Wagnis, dessen dürften sich die sportliche Leitung und beide Gesellschafter durchaus bewusst sein. Gefällt worden sei die Entscheidung "aus einer fortlaufenden Analyse der Entwicklung der vergangenen Wochen" heraus, teilte der Klub am Montag mit. Nun müssen also Mölders' Offensivkollegen in die Bresche springen.
Eine ungewohnte Situation, schließlich war der mittlerweile 36-Jährige seit seiner Verpflichtung 2016 bei den Löwen stets gesetzt. In dieser Saison stand er abgesehen von den ersten drei Toto-Pokalspielen gegen unterklassige Gegner immer auf dem Platz. Abgesehen von einer kurzen Phase im Herbst, als er von Trainer Michael Köllner zwischenzeitlich auf die Bank verbannt wurde, durfte er zudem regelmäßig von Beginn an ran.
Sascha Mölders außen vor: Rückt Marcel Bär nun ins Sturmzentrum?
Erster Kandidat auf den Platz im Sturmzentrum dürfte Marcel Bär sein, der Mölders bereits während dessen kurzer Reservisten-Phase im Oktober ersetzte. Mit ihm in der Spitze verändert sich allerdings auch die Statik im Spiel - im Gegensatz zum Kapitän kommt Bär deutlich mehr über Dynamik und Zug zum Tor als über seine körperliche Wucht. Ein Impuls, der dem Offensivspiel der Sechzger womöglich sogar zugute kommt.
Doch Bär ist nicht der einzige Angreifer der Sechzger, der nach dem Mölders-Aus deutlich mehr in der Verantwortung steht. Selbiges gilt für seine Offensivkollegen um Merveille Biankadi und Vize-Kapitän Stefan Lex, die zwar regelmäßig ein engagiertes Auftreten an den Tag legen, vor dem Tor allerdings zu häufig die Kaltschnäuzigkeit vermissen ließen. Wie sämtliche Löwen - ausgenommen Stammkeeper Marco Hiller - haben sie alle noch Luft nach oben.
212 Spiele, 82 Tore und jede Menge Erinnerungen: Sascha Mölders hat während seiner Zeit beim TSV 1860 einiges erlebt. Die AZ blickt zurück auf die sechs Jahre der "Wampe von Giesing" in München - klicken Sie sich durch!
Willkommen in Giesing, Sascha! Am 29. Dezember 2015 wird der Mann, der später als "Die Wampe von Giesing" Schlagzeilen schreiben wird, von Ismaik-Vertreter Noor Hassan Basha und Sportchef Oliver Kreuzer als Neuzugang vorgestellt. Zunächst für ein halbes Jahr auf Leihbasis vom FC Augsburg verpflichtet, wechselt der gebürtige Essener im Sommer darauf fix zum TSV 1860.
Der erste Jubel im neuen Trikot: Am 27. Februar 2016 trifft Sascha Mölders erstmals für die Löwen - und holt kurz vor Schluss auch noch den Elfmeter zum entscheidenden 3:2 gegen Fortuna Düsseldorf heraus. Insgesamt sollten 81 weitere Mölders-Tore fallen.
Glück gehabt: Zum Ende seiner Debütsaison bei den Löwen entkommt 1860 nur knapp dem Abstieg. Am letzten Spieltag geht es für 1860 zu Mölders' Ex-Klub FSV Frankfurt, der trotz eines 2:1-Sieges den Gang in die 3. Liga antreten muss.
Ein Jahr später ist es dann aber soweit: Der TSV 1860 muss nach der verlorenen Relegation gegen Jahn Regensburg in die 3. Liga. Mölders, nach dem Abstieg vertragslos, verabschiedet sich am Tag darauf emotional von den Fans. "Das ist alles der blanke Albtraum", schreibt der Angreifer auf Facebook. Dass seine Löwen-Zeit noch lange nicht vorbei sein soll, ist damals noch nicht klar.
Genau das Gegenteil sollte der Fall sein! Mölders tritt den bitteren Gang in die Regionalliga mit an und startet - unter anderem mit Timo Gebhart - sechs Wochen später beim FC Memmingen die "Mission Wiederaufstieg". Insgesamt steuert er in der Saison 2017/18 in 33 Spielen starke 19 Tore und 14 Vorlagen bei.
Am Ende der Spielzeit geht es für die Löwen als Meister in der Aufstiegs-Relegation gegen den 1. FC Saarbrücken. Nachdem er schon beim 3:2-Sieg einen Doppelpack schnürte, bringt der Torjäger seine Sechzger im Rückspiel vom Punkt auf 1:2 heran. Noch immer unvergessen: Der Ausgleichstreffer von Simon Seferings in der 82. Minute, der 1860 in die 3. Liga bringen sollte.
Was folgt, ist die pure Ekstase: Nach Abpfiff fluten die Fans das Spielfeld, die Spieler feiern ausgelassen mit ihren Anhängern und Mölders genehmigt sich (natürlich!) ein kühles Weißbier.
Ebenfalls ein denkwürdiger Moment: Im November 2019 verlässt Vereinslegende Daniel Bierofka, der mit den Löwen im Jahr nach dem Aufstieg den Klassenerhalt schaffte, den Klub. Beim ersten Spiel nach dem Abgang des Trainers in Halle bedankt sich unter anderem Mölders (hier mit Aaron Berzel) mit einer Trikot-Botschaft beim Ex-Coach.
Eineinhalb Jahre später verpassen die Löwen erst am letzten Spieltag die Aufstiegs-Relegation. Mölders spielte wohl die Saison seines Lebens: Mit 22 Toren in 33 Spielen schoss er sich nicht nur zum ältesten Profi-Torschützenkönig in der Geschichte des deutschen Fußballs, sondern wurde außerdem von den Kollegen noch zum Spieler der Saison gewählt. Den Schmerz über den verpassten Aufstieg kann dies allerdings nicht lindern.
Seine Form aus der Vorsaison kann Mölders allerdings nicht ansatzweise in die neue Saison retten. Beinahe sinnbildlich dafür steht dieser verschossene Elfmeter gegen Halle am 8. Spieltag.
Wohl die letzten Sekunden im Löwen-Trikot: Sascha Mölders wird beim 2:5-Desaster gegen Magdeburg in der 76. Minute ausgewechselt und durch Tim Linsbichler ersetzt.
Mölders-Rückkehr beim TSV 1860 unwahrscheinlich
Auch Tim Linsbichler, der nach einjähriger Verletzungspause aufgrund einer Schambeinentzündung in den vergangenen Monaten immer wieder zu Kurzeinsätzen in der ersten Mannschaft kam, darf sich zukünftig auf mehr Spielzeit freuen.
Wie Sport-Geschäftsführer Günther Gorenzel am Dienstag mitteilte, wird Mölders vorerst für die beiden Auswärtsspiele gegen Borussia Dortmund II und die Würzburger Kickers aus dem Spielbetrieb genommen. Eine Rückkehr des 36-Jährigen scheint dennoch kaum vorstellbar.
Graf Rotz von Falkenschiss am 09.12.2021 15:34 Uhr / Bewertung:
Das ist doch wieder mal ein gutes Beispiel wie schlimm es ist wenn alte Spieler nicht wissen wann sie aufhören sollen. Gebt endlich der Jugend eine Chance!
Wolfi Oberlöwe am 08.12.2021 22:06 Uhr / Bewertung:
Ich bedaure diese Entwicklung um Sascha Mölders sehr. Er war zumindest in seiner Aussendarstellung ein Typ der besonderen Art der sehr gut zur Löwenfamilie gepasst hat. Diesen Abgang der sich jetzt abzuzeichnen scheint hat er nicht verdient, aber wenn sich die Vorwürfe die gegen ihn erhoben werden so stimmen, hat er sich da wohl selbst ins Abseits gespielt. Natürlich waren seine Leistungen in dieser Saison nicht mehr berauschend, aber wir haben Sascha auch einiges zu verdanken und das sollten wir auch nicht vergessen. Er hätte zum Saisonende seine Karriere beenden müssen, denn wäre ihm für den Rest seines Lebens der Kultstatus sicher gewesen. So bleibt ihm vermutlich nur die Erkenntnis rechtzeitig den Absprung verpasst zu haben.
Kaiser Jannick am 07.12.2021 22:21 Uhr / Bewertung:
Auf einen Mölders wie letzte Saison, also in bester Verfassung, mental wie sportlich, könnten wir nicht verzichten.
Ein Sascha, wie er sich zuletzt gegeben hat, also kaum Leistung aber viel Theater, keinen Führungsspieler mehr darstellend, keine Verantwortung mehr tragend, wichtige Elfmeter an einen Staude delegierend etc, ist entbehrlich.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich noch so zusammenreißt, wie es nötig wäre, zusammen die Saison zu Ende zu spielen. Er hat sofort sein persönliches Drama, das man ihm gestern verkündet hat (Einzeltraining bis auf Weiteres) über die sogenannten "sozialen" Medien teilen "müssen", das geht gar nicht. Das Tischtuch ist zerschnitten, schade drum, dass es so enden musste.
Jetzt müssen alle noch vorne schauen und liefern. Köllner und die Abwehr, sowie alle, die angeblich unter Mölders "gelitten" haben. Lex, Biankadi, Linsbichler und vor allem Bär sind jetzt dran, Deichmann wird im vorderen Zentrum sicher Verbesserungen bringen.