Trotz Sparzwang: TSV-1860-Bosse Werner und Mueller wollen die Löwen komplett neu aufstellen
München - Was werden sie wohl in Augsburg denken? Oder in Nürnberg? Oder in Fürth? Ehrfüchtig erstarren? Hilfe, der Löwe kommt mit neuem Biss und gleich mit der Kraft des ganzen Rudels!
Wohl kaum. Sie dürften eher verwundert darauf schauen, was auf Giesings Höhen in den letzten Monaten ausgeheckt und am Dienstag vor Fans und Medien an der Grünwalder Straße 114 präsentiert wurde.
Der TSV 1860, so wurde es vor 186 anwesenden und etwa 1600 via YouTube-Stream zugeschalteten Anhängern verkündet, soll in fünf Jahren die Nummer zwei in Bayern sein - im Freistaat nur der auf Lichtjahre enteilte Rivale aus der Säbener, pardon, Seitenstraße von der neuen Gefräßigkeit verschont werden.
Mancher, der die Sechzger seit Jahren begleitet, wird sich fragen, ob der 1. April ein paar Wochen nach hinten verlegte wurde. Andere werden vielleicht jauchzen und sagen: endlich ein großer Plan.
TSV 1860: Mueller und Werner müssen sich an ihren Worten messen lassen
Oliver Mueller und Christian Werner, die Verantwortlichen dieser Strategie, wissen, dass sie sich weit aus dem Fenster gelehnt haben, sie wissen, dass sie an all den markigen Worten, selbstbewussten Slogans und Zielen gemessen werden. "Vor den Erfolg hat der liebe Gott den Schweiß gestellt", sagte Finanz-Geschäftsführer Mueller in seinem einstündigen Vortrag.
Ganz viel Schweiß und einen Burgfrieden der Gesellschafter wird es brauchen bei Drittligist Sechzig - das ist gewiss.
Mueller benannte eine akute Strategiekrise, die sich in einer Führungs- und Identitätskrise äußere. Deshalb brauche es die sofortige Renovierung, um zu verhindern, dass 1860 gar ein Sanierungsfall werde. Es ist ja etwas paradox: Die Löwen müssen jetzt sparen, um hernach zu neuer Bissigkeit aufzublühen.
TSV 1860: Auch die Stadionfrage soll vorangetrieben werden
Für die Kehrtwende hat Mueller bei den Sponsoren geworben, die allesamt bei der Stange bleiben. Vor Monaten sah das anders aus. Bis zum Herbst ("Ich war schon fünf Mal in der Stadtverwaltung") soll es dazu eine faktische Grundlage für eine Entscheidung zur Stadionfrage geben. Mueller sagte: "Wir können uns nur von innen heraus verändern."
Das werde schmerzhaft, aber sich langfristig lohnen. Es gebe keine Alternative. Ob das Stellenstreichungen in der Geschäftsstelle bedeutet? Offen. Klar ist, kostspielige Wintertrainingslager gehören der Vergangenheit an - ebenso wie Charterflüge zu Auswärtsspielen. Die Einsparungen sollen auf eine siebenstellige Zahl anwachsen.
TSV 1860: Werner will nachhaltig auf Talente bauen
"Wir sind die Nummer eins des Herzens, der Emotionen", sagte Mueller - und: "Wir glauben, dass wir das Zeug zur Bundesliga haben." Wie das zum Sparzwang passt? Die wilden, ungezähmten Junglöwen sollen einen Erfolgsbaustein bilden.
Hier kommt Kader-Komponist Werner ins Spiel. "Wir werden nachhaltig Talente in die erste Mannschaft integrieren", sagte der Sportchef und sprach einen Aufruf an alle bezahlbaren Mentalitätsmonster mit dem Löwen im Herzen aus: "Wir wollen Spieler, die sich zu 100 Prozent mit dem Verein identifizieren. Wir müssen den Rudelgedanken leben." Und: "Wir wollen mehr als den Profi, der mit der Louis-Vuitton-Tasche herkommt und ein gechilltes Leben hat." Vorbild hierbei: Jesper Verlaat.
In badischem Dialekt sagt Mueller einmal: "Des isch alles kei Raketephysik." Mal schauen, in welche Galaxie das Raumschiff Sechzig schwebt.
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