Thomas Riedl im AZ-Interview: "Ich würde Kahn nochmal einen reinhauen"
AZ-Interview mit Thomas Riedl: Der heute 46-Jährige bescherte den Löwen 1999 mit seinem Tor zum 1:0 den ersten Derbysieg seit 22 Jahren
AZ: Herr Riedl, wie groß ist die Vorfreude auf das Legenden-Lokalderby gegen die Bayern?
THOMAS RIEDL: Groß - auf die alten Kollegen, auf das Olympiastadion, auf die Fans, ein bisschen sogar auf die Bayern.
Welche Bedeutung hat dieses Stadtderby für Sie?
Ich weiß ja nicht, ob man das als Sechzger sagen darf, aber die Bayern waren ja schon immer das Nonplusultra. Auch, wenn ich im Vergleich zu manch anderer Löwen-Legende nur kurz bei 1860 war, war es eine wunderschöne Zeit. Wir haben die Bayern 1999/00 gleich zwei Mal geschlagen, sind in die Qualifikation zur Champions League eingezogen. Wir haben einige der größten Erfolge des Vereins feiern dürfen.
"Wenn ich nur wüsste, wie fit bei uns alle noch sind!"
Nach Ihrem schönsten Moment brauchen wir wohl nicht zu fragen. . .
Stimmt! Wir haben es nach 22 Jahren, nach einer Ewigkeit, endlich wieder geschafft, die Roten zu besiegen. So etwas vergisst man nie. Erst recht nicht, wenn man das entscheidende Tor geschossen hat. Ich würde dem Olli Kahn schon noch mal einen reinhauen, auch ohne Training - aber ich verstehe schon, dass er sich nicht traut und gar nicht erst mitspielt (lacht). Ich versuch's natürlich auch bei Raimond Aumann.

Aumann kann auch nicht, Sie müssen es bei den Herren Butt oder Dreher versuchen.
Auch in Ordnung. Ich vermute mal, dass ich noch einer der fitteren Löwen bin. Aber ich müsste diesmal sicher näher ans Tor ran, damit er reingeht.
Wie ist es denn um die Favoritenrolle bestellt?
Wenn ich nur wüsste, wie fit bei uns alle noch sind! Aber wenn man den Kader der Roten anschaut: Claudio Pizarro und Diego Contento stehen noch voll im Saft. Giovane Elber ist ein Brasilianer, die kicken doch alle an irgendeinem Strand und verlernen es nie. Ich würde sagen, es ist wie damals: Wir sind eine geile Truppe voller Kämpfer, aber auch guter Kicker und müssen versuchen, die großen Bayern zu stürzen. Dazu wollen wir den Zuschauern natürlich auch eine tolle Show bieten.
Wer ist denn für Sie die größte Legende, die am Sonntag auf dem Rasen stehen wird?
Bei den Bayern brauchen wir da gar nicht anzufangen. Bei den Löwen gibt es für mich nur eine Antwort: Bernhard Winkler. Der ist 1994 mit Sechzig aufgestiegen, hat die größten Erfolge in der Bundesliga mitgemacht. Er ist für mich der blaue Bomber. Aber auch der Thommy und der Harry (Miller und Cerny, d. Red.) sind für mich zwei der größten Legenden. Aktuell setze ich auf Benny Lauth, der ja auch enorm viele Tore für 1860 geschossen hat und bestimmt immer noch eine Maschine ist.
"Wir müssen sehen, dass wir uns nicht verletzen, das wird schwer genug"
Wie lautet Ihr Tipp?
Vielleicht gewinnen wir diesmal nicht 1:0 oder 2:1, so wie im Rückspiel durch Jens Jeremies traumhaftes und überlegtes Kopfballtor (es war bekanntlich ein Eigentor, d. Red.), sondern am Ende 10:9. Aber wir müssen sehen, dass wir uns nicht verletzen, das wird schwer genug.
Wie meinen Sie das?
Nun ja, wir sind ja bekanntlich nicht mehr die Jüngsten. Holger Greilich hat sich schon in der Vorbereitung einen Muskelfaserriss geholt. Dazu kommt noch, dass die Organisatoren schon am Samstagabend zu dieser Players Night laden. So, wie ich die Jungs kenne, wird da nicht nur Mineralwasser getrunken (lacht). Ich hoffe, dass wir uns besser zusammenreißen können als die Roten. Aber wir haben ja noch den Werner, der wird uns sicher Beine machen.
Kult-Trainer Werner Lorant, der die Sechzger damals wie am Sonntag coacht.
Ja, der Werner und ich, das war so eine Geschichte. Vor dem Derby hat er mich provoziert, weil ich in einem Interview gesagt habe, dass ich mit Lautern noch nie ein Heimspiel gegen den FCB verloren hatte. Die machten dann die Schlagzeile daraus: "Thomas Riedl schießt die Bayern ab!" Das hat mir der Werner unter die Nase gerieben. Zum Glück hat's dann genau so funktioniert. Dummerweise hat mir das unter ihm aber nicht wirklich geholfen. Im Jahr danach bin ich seinetwegen gegangen, weil er mir kaum mehr eine Chance gegeben hat. Der Star war damals aus seiner Sicht nur einer: Werner Lorant. Aber das ist vergessen, ich freue mich auf alle Weggefährten, auch auf den Werner - wir werden bestimmt auch ein Gläschen miteinander trinken: Mineralwasser.