Schindler über England: "Es ist erbarmungslos"

Im AZ-Interview spricht Ex-Löwe Christopher Schindler über seine Saison in England, sein neues Privatleben und den Kontakt zum TSV 1860: "Es wäre schön, wenn man sich irgendwann wiedersieht."
Matthias Eicher |
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"Hier gibt es gefühlt nur Fußball", sagt Ex-Löwe Christopher Schindler über seine ersten Erfahrungen in England. Den Spielplan findet er "erbarmungslos".
Rauchensteiner/Augenklick "Hier gibt es gefühlt nur Fußball", sagt Ex-Löwe Christopher Schindler über seine ersten Erfahrungen in England. Den Spielplan findet er "erbarmungslos".

Christopher Schindler (26), gebürtiger Münchner, spielte von 1999 bis 2016 für den TSV 1860. Im Sommer verließ er die Löwen und läuft nun für den englischen Zweitligisten Huddersfield Town auf.

AZ: Herr Schindler, im Sommer sind Sie vom TSV 1860 nach England zum Zweitligisten Huddersfield Town gewechselt. Wie läuft es nach einem halben Jahr auf der Insel?
CHRISTOPHER SCHINDLER: Mittlerweile gut. Der Start hier hat Zeit und Nerven gekostet. Man braucht für alles ein englisches Konto, ein Auto zu organisieren, war Wahnsinn. Jetzt weiß ich aber, wo der nächste Supermarkt und die nächste Tankstelle sind.

Sprache, Linksverkehr - was war alles Neuland für Sie?
Das ging eigentlich. In München war alles so normal, weil man alles kannte. Jetzt schätze ich die Zeit hier mit meiner Frau Paulina und meiner Tochter Marie abseits des Fußballs viel mehr, in der wir Neues entdecken können. Auch Weihnachten war ungewohnt - und alles andere als eine stade Zeit, weil wir keine Winterpause haben. Am Heiligen Abend saß ich mit einigen Mannschaftskollegen zusammen, weil wir schon am 26. das nächste Spiel hatten. Am ersten Weihnachtsfeiertag kommt traditionell Santa Claus - der Weihnachtsmann. Die Silvesterparty musste wegen dem Spiel an Neujahr leider auch ausfallen.

Klingt nach einem knackigen Spielplan.
Der ist erbarmungslos. Hier gibt es gefühlt nur Fußball. Wir hatten jetzt schon 25 Ligaspiele und damit erst gut die Hälfte - in Deutschland wäre bei dieser Anzahl schon ein Großteil der Saison rum.

Im letzten Jahr haben Sie viel erlebt: erst den Abstiegskampf mit 1860 und die Rettung unter Bierofka, dann den radikalen Schnitt. Ihr Resümee?
Es war, wenn man von 2015 noch die Geburt meiner Tochter und den ersten Abstiegskampf mit dazu nimmt, eine insgesamt sehr kraftraubende, intensive Zeit. Das ging an die Substanz, anfangs auch wegen der neugewonnenen, zusätzlichen Belastung mit der Kapitänsbinde. Nach dem Klassenerhalt war da nur Erleichterung pur. Es waren aber auch ein, zwei Jahre, die mich vom Charakter her weitergebracht haben. Dafür bin ich dankbar, aber glauben Sie mir: Ich muss es nicht nochmal durchleben.

Bei Huddersfield wurden Sie auf Anhieb zum Stammspieler.
Ich kannte keinen Spieler außer den Deutschen wie Chris Löwe oder Elias Kachunga, auch den Trainer nicht sonderlich gut. Ich war erstmal froh, dass ich überhaupt gespielt habe, denn das Niveau ist ziemlich hoch. Im Kraftbereich musste ich noch zulegen.

Was Sie getan haben.
Ich habe fünf Kilo an Muskelmasse aufgebaut.

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Auch im Team haben Sie Erfolg.

Wie es jetzt läuft, ist der Wahnsinn. Ich denke, mein Highlight war das Auswärtsspiel gegen Newcastle United: super Stadion, tolle Atmosphäre und ein win, äh, Sieg für uns. Oder mein erstes Saisontor, der Siegtreffer bei Ipswich.

Ist die Euphorie im Umfeld mit der bei Sechzig vergleichbar?
Überhaupt nicht. Die Medien flippen im Moment zwar voll aus und schreiben vom Aufstieg. Am Trainingsplatz ist aber kein Mensch. Bei 1860 wären 200, 300 Leute da.

Dabei könnten Sie nächstes Jahr gegen Manchester United oder den FC Chelsea in der Premier League spielen.

Wir haben kein einziges Spiel mit mehr als einem Tor Abstand gewonnen. Ein Indiz dafür, wie eng das alles ist. Träume kann man haben, und klar ist es mein Ziel, auf höchster Ebene zu spielen. Aber jetzt von der Premier League zu sprechen, wäre vermessen.

Gab es je einen Tag, an dem Sie den Abgang bei 1860 bereut haben?
So richtig bereut habe ich es nie. Aber gerade in der Weihnachtszeit war es komisch. Kai Bülow hat mich besucht mit Frau und Kind, da sind Erinnerungen wach geworden.

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Gab es einen Moment, in dem Sie gerne noch neben Bülow auf dem Platz stehen würden?
Natürlich. Sechzig ist mein Verein und wird es immer bleiben. Ich verfolge die Löwen jeden Tag und sehe, was passiert.

Sie sehen also: Es geht bei den Löwen tabellarisch schon wieder in die falsche Richtung.
Ich hätte es mir anders gewünscht, gerade weil viel Geld in die Mannschaft gesteckt wurde und mit Aiges (Stefan Aigner, d. Red.), Ivica Olic und Karim Matmour auch super Qualität dazu kam. Das sind gestandene Erstligaspieler. Ich hätte gedacht, dass es besser funktioniert.

Sie kennen es ja noch: Liegt’s am Chaos?

Es ist sehr bewegt bei 1860 und nie langweilig. Huddersfield ist viel kleiner als München, das ganze Umfeld ist viel ruhiger. Das schätze ich sehr. Ich würde mir einfach wünschen, dass 1860 mit dem neuen Trainer und einigen Spielern, die er sicher holen wird, einen Lauf hat und da unten rauskommt.

Vitor Pereira spricht ja vom Aufstieg. Was müsste denn passieren, dass Sie irgendwann zurückkehren?
Es wäre schön, wenn man sich irgendwann wiedersieht. Bis dahin kann ich den Löwen nur alles Gute wünschen.

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