Poschner-Kreuzverhör: „Maximum an Feinden“

Seit genau einem Jahr ist der Sportdirektor bei den Löwen jetzt im Amt. Die AZ konfrontiert ihn mit zehn Thesen. Es gibt null Ausreden.
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Trat am 11. April 2014 sein Amt bei den Löwen an: Sportchef Gerhard Poschner.
sampics Trat am 11. April 2014 sein Amt bei den Löwen an: Sportchef Gerhard Poschner.

München - Wenn der TSV 1860 am Samstag (13.00 Uhr, AZ-Liveticker) bei Eintracht Braunschweig antritt, feiert Gerhard Poschner Geburtstag. Der Geschäftsführer Sport wird ein Jahr alt. Am 11. April 2014 hat er sein Amt angetreten. Zwölf Monate, die mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet haben.

Ein Jahr Poschner: "Situation als Weltuntergang empfunden"

Die AZ hat den 45-Jährigen getroffen und ihn ins Kreuzverhör genommen. Zehn Thesen, zehn Antworten, null Ausreden. Die Poschner-Bilanz:

These 1: Markus Rejek hat bei Ihrer Präsentation gesagt: „Vielleicht ist der 25. Mai 2015 ein Stichtag für den Aufstieg oder die Aufstiegsrelegation.“ Der Verein hat vor der Saison Erwartungen geschürt, die nicht einzuhalten waren. GERHARD

POSCHNER: „Wenn du dich vor einer Saison bei 1860 hinstellst und sagst ‘Wir hoffen, dass wir nicht gegen den Abstieg spielen’, kannst du dir vorstellen, was hier los ist. Wir wollten besser abschneiden als letztes Jahr. Dieses Ziel werden wir komplett verfehlen. Was ist schiefgelaufen? Viel. Und wir sehen, dass viele Dinge, die heute nicht funktionieren, eine Folge dessen sind, was am Anfang schief gelaufen ist. Schon im August waren wir in einer Situation, die als Weltuntergang empfunden wurde. Da sind wir nicht mehr herausgekommen.“

These 2: Die Bilanz ist desaströs. Die Löwen haben nach 27 Spieltagen bereits häufiger verloren als in der ganzen letzten Saison, zwölf Punkte weniger und nur einen Punkt Vorsprung auf Platz 17. Der Umbruch droht zu scheitern.

„Wenn du auf dem 15. Platz stehst, hast du keine Argumente. Ich bin verantwortlich für diesen Bereich. Jeder hat das Recht, meine Entscheidungen zu kritisieren. Fakt ist: Im ganzen Verein sind erhebliche Veränderungen passiert – durch alle Bereiche. Mir ist bewusst, dass ich mir hier in kürzester Zeit ein Maximum an Feinden aufgebaut habe. Das nehme ich in Kauf. Man muss aber unterscheiden zwischen denjenigen, die damit professionell umgehen und denen, die ihrer persönlichen Enttäuschung in Form von Politik Luft machen. Wenn du dann keinen sportlichen Erfolg hast, stößt das auf sehr viele Fürsprecher.“

These 3: Sie haben 13 Neuzugänge geholt. Kaum einer hat die Erwartungen erfüllt.

„Traditionell wird bei uns jede Neuverpflichtung gehypt, um sie dann an den Pranger zu stellen, wenn es nicht sofort läuft. Einige Neuzugänge haben die erwartete Leistungsstärke nicht sofort abgerufen. Das Paradebeispiel ist Gary Kagelmacher. Aber ich bin erst nach der Saison bereit, eine Bilanz zu ziehen, die auch dann nicht endgültig sein wird.“

These 4: Der forcierte Multikulti-Kader passt nicht zum TSV 1860.

„Noch mal: Ich bin es wirklich leid, dass ständig Neuzugänge an den Pranger gestellt werden. Und das überwiegend, weil sie nicht deutschstämmig sind. Wie soll das ein Teamgefüge fördern? Vielleicht war es von mir ein Fehler, mich nicht von vorneherein hinzustellen und mich nicht vehementer schützend vor die Spieler zu stellen. Es ist egal, ob Spieler neu oder alt, bayrisch, deutsch oder ausländisch sind.“

These 5: Sie haben weniger Geld ausgegeben, als verfügbar war, und damit den Erfolg des TSV 1860 gefährdet.

„Es stimmt, dass wir mit den tatsächlichen Ausgaben in der Saison unter den ursprünglich veranschlagten Zahlen geblieben sind. Aber erstens musst du das Geld auch haben, das du in der Planung hast. Zweitens arbeite ich nicht nach dem Motto ‘Irgendwer wird das Geld irgendwann im Nachhinein bezahlen’. Drittens bin ich nach wie vor vom Team und vom Klassenerhalt überzeugt.“

These 6: Ricardo Moniz war der falsche Trainer für die Mannschaft.

„Wenn du zwei Trainer in einer Saison beurlaubst, kannst du nicht sagen, die Entscheidungen waren richtig. Die haben dann eben nicht funktioniert.“

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These 7: Sie haben sich von den Unentschieden gegen Kaiserslautern und Leipzig blenden lassen, anstatt sich in der Winterpause von Markus von Ahlen zu trennen.

„Wir haben uns nicht von den Resultaten blenden, sondern in den beiden Spielen von den Auftritten der Mannschaft leiten lassen. Das war das Entscheidende, um mit Markus weiterzugehen.“

These 8: Bandowski war einer der besten Wintertransfers der Zweiten Liga. Dennoch rächt sich jetzt, im Winter auf Zweitliga-erfahrene Neuzugänge verzichtet zu haben.

„Wir mussten abwägen, welche Spieler verfügbar und auch machbar waren. Wie viele Wintertransfers haben denn wirklich funktioniert? Nicht einmal die Zoller-Rückkehr nach Kaiserslautern. Im Übrigen bin ich hier gesteinigt worden, weil ich einen Drittliga-Spieler nicht geholt habe (Voglsammer, Anm. d. Red.). Das zur These, man muss Zweitliga-Erfahrung haben.“

These 9: Man hat Topscorer Stoppelkamp (6 Tore, 13 Assists) ohne Not abgegeben.

„Wir haben für einen 27-Jährigen mit nur noch einem Jahr Vertrag eine Transfersumme erhalten, für die früher ganz andere Spieler abgegeben worden sind, die heute 15 Millionen wert sind. Abgesehen davon haben wir vier Tore mehr geschossen als letzte Saison zur gleichen Zeit. Dies, obwohl mit Okotie, Rodri, Hain und Mulic vier Stoßstürmer lange verletzt gefehlt haben oder noch fehlen. Plus: Mehr als 70 Prozent der Tore und Scorerpunkte gehen auf das Konto der sogenannten ‘Poschner-Spieler’.“

These 10: Der Klub steckt in der Klemme, weil er nicht planen kann und Sie nicht wissen, ob Sie in der 3. Liga noch im Amt wären.

„Die Planung der neuen Saison ist Bestandteil meiner Aufgabe. Diese erfülle ich mit bestem Wissen und Gewissen, vollem Einsatz und in Zusammenarbeit mit meinem Team. Meine persönliche Zukunft interessiert hier niemanden.“

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