Nach TSV-1860-Sieg gegen SC Verl: Wird's was mit dem Wiesn-Hattrick?
München - Wenn die Angriffe doch bitte ausschließlich vom Gegner auf dem Rasen kommen würden. . .
Beim TSV 1860 ist vor Jahren der Kampf der Gesellschafter entbrannt. Mal ruht er, mal schwelt er, mal werden rund um beide Lager die schweren Geschütze aufgefahren. Um die aktuellen Auseinandersetzungen genauso von sich abprallen zu lassen wie den Kontrahenten auf dem Grün, hat Trainer Maurizio Jacobacci daher eine blaue Wagenburg aufgebaut.
1860-Coach Jacobacci macht klare Ansage: "Als ob es die eigene Familie wäre"
"Ich habe der Mannschaft etwas gesagt: Wir müssen unser Tor so miteinander verteidigen, als ob es die eigene Familie wäre. Die Spieler haben diese Message verstanden", sagte Coach des TSV 1860 nach dem 1:0-Heimsieg beim Wiesn-Duell gegen den SC Verl. Die Mannschaft um Kapitän Jesper Verlaat und Torhüter Marco Hiller hatte dies zuvor in einem Spiel, das zugegebenermaßen kein spielerischer Leckerbissen war, mit Bravour gemeistert.
"Ich weiß nicht, wie oft wir die Siegerfaust geballt haben", sagte Abwehrchef Verlaat: "Aber ich war nicht der Einzige und das ist ein gutes Zeichen, denn dann ist die ganze Mannschaft dahinter. Diese Mentalität brauchen wir."
Löwen können Fluch der verspielten 1:0-Führungen brechen
Es ließe sich eine ganze Liste an Dingen aufzählen, gegen die sich 1860 erfolgreich zur Wehr setzte: zuallererst die zunehmend verzweifelten Verler Angriffe der bisher besten Offensive (13 Tore), aber auch den Schock, dass mit den Halle-Torschützen Morris Schröter und Julian Guttau die komplette Flügelzange ausgefallen war. Oder auch gegen den Fluch der verspielten 1:0-Führungen, den 1860 nach dem Halle-Spiel nun schon zum zweiten Mal, nachhaltig brechen konnte. Zudem gegen die Prophezeiung, dass sich vergebene Hundertprozentige (Kilian Ludewig in der 61. Minute) rächen.
Und, da wäre noch was ganz wichtiges. Nachdem Jacobacci schon beim 1:2 gegen Aue so etwas angedeutet hatte ("Manche Leute im Verein gönnen uns den Erfolg nicht") – gegen alle Widersacher. Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer etwa wurde von den Fans mit einem wenig schmeichelhaften Spruchband bedacht ("Sechzig ist Tradition. Das hast du nie begriffen. Mach dei Arbeit. Sonst hat sich´s ausgepfiffen"). Der Coach wollte den Sieg mehr auf die Stärken seines Teams zurückführen als auf den Widerstand gegen äußere Umstände: "Du brauchst diesen unbedingten Willen, musst an deine Grenzen gehen. Das war ein absoluter Arbeitssieg."
Tim Rieder: "Ich habe mir mein Comeback natürlich anders vorgestellt"
Sechzig wehrte sich sogar gegen die gute, alte Fußballer-Weisheit, dass ein Team nur gewinnt, wenn es ein Tor mehr schießt als der Gegner: Ausgerechnet Tim Rieder war es, der in der 40. Minute im Strafraum beherzt nachsetzte und ein Eigentor erzwang. "Ich habe mir mein Comeback natürlich anders vorgestellt", sagte der Sechser in Anspielung auf seinen Katastrophen-Pass beim 1:2 in Ingolstadt. Der 30-Jährige konnte es diesmal bei seinem heimischen Startelfdebüt besser machen, denn "die Mannschaft hat mich gut aufgefangen und ich denke, ich habe es heute gut zurückzahlen können."
Nun hat 1860 nach den acht Spielen, die Jacobacci für ein erstes Zwischenzeugnis Zeit haben wollte, vier Siege und vier Pleiten. "Wir sind im Wachsen", urteilte der 60-Jährige und will gleich am Dienstag beim SSV Ulm (19 Uhr) nachlegen: "Wir haben Qualität, wir haben es in jedem Spiel gezeigt und wollen noch besser werden."