Nach der Mitgliederversammlung: Ein 9:0 mit Folgen für den TSV 1860 München
Die Wahl zementiert bei den Löwen bestehende Verhältnisse. Die AZ zeigt, was das beim TSV 1860 für Vereinspolitik, Ismaik und das Team Profifußball bedeutet.
München - Über zehneinhalb Stunden Ausharren für Sechzig. 20.57 Uhr war es, als der Mitgliederversammlungs-Marathon des TSV 1860 am Sonntag offiziell beendet wurde. (Hier gibt's den Newsblog zum Nachlesen)
"Es hat sich allemal ausgezahlt", sprach Präsident Robert Reisinger noch, bevor er den Mitgliedern dankte und sich verabschiedete. Ausgezahlt hatte es sich vor allem für seine Löwen. Das neun zu null für den Verwaltungsrats-Vorsitzenden Markus Drees und Co. gegen das "Team Profifußball" um Vereinsikone Bernhard Winkler geriet zur Machtdemonstration des Bündnisses "Pro1860" und der aktiven Fanszene: Die sechs bisherigen Mitglieder um Drees waren wie die Neulinge Christian Gross, Gerhard Mayer und Norbert Steppe vom Zusammenschluss, der sich für die Stärkung des Vereins einsetzt, vorgeschlagen worden.
Winkler und Mitstreiter, die unter anderem für eine Annäherung an Investor Hasan Ismaik plädierten, sind krachend gescheitert.
Die AZ zeigt, welche Auswirkungen das für die Vereinspolitik, den Jordanier und den unterlegenen Zusammenschluss hat.
Sechzigs Vereinsbosse
Die Wahl der Verwaltungsräte bis 2021 und die Ablehnung einer künftigen Online- und Briefwahl stärken den (Spar-)Kurs der Sechzger mit dem Bestreben, von Ismaik keine Darlehen mehr anzunehmen. Man stehe voll hinter Reisinger, erklärte Drees der AZ und wollte das Votum nicht gegen den Hauptgesellschafter der KGaA, sondern zugunsten eines starken e.V. verstanden wissen.
Wird in seinem Kurs bestärkt: Präsident Reisinger. Foto: Rauchensteiner/Augenklick
Drees fordert über die Zusammenarbeit mit Ismaik: "Es müssen Strukturen geschaffen werden, dass der e.V. und die HAM-Seite einfach nur Gesellschafter sind, nicht das tagtägliche Geschäft machen." Ismaik dürfe sich "halt nicht einmischen oder die Gegenseite runterbuttern". Pikant: Drees würde einen (teilweisen) Anteilsverkauf des Jordaniers begrüßen: "Wünschenswert wäre es, mehr Besitzer zu bekommen, dass wir eine größere Pluralität im Aufsichtsrat hätten."
Dazu kommen Worte, die Trainer Daniel Bierofka nicht gerne hören dürfte – Drees spricht forsch über Aufstiegspläne: "Wir müssen nur schauen, wie wir das mit dem Ausbau des Stadions machen, sollten wir diese Saison den Aufstieg schaffen. Sollten wir nicht aufsteigen, müssen wir es nächstes Mal probieren."
Investor Ismaik
Für den Jordanier war die Wahl eine Niederlage, umso überraschender seine Facebook-Glückwünsche an die Verwaltungsräte, die er namentlich aufzählte: "Wir wünschen Euch viel Glück für Eure Aufgaben und wünschen uns in den nächsten Jahren eine positive Zusammenarbeit, damit unser TSV 1860 München wieder Stück für Stück an Renommee gewinnt."
Zudem dankte Ismaik den "gescheiterten Kandidaten für ihr Engagement" und hoffe, dass sie "dem Verein auch weiterhin die Treue halten". Sein Appell: Nun sollen sich alle Seiten "auf den Sport freuen", denn "die Mannschaft von Daniel Bierofka ist unser großes Aushängeschild". Kaum verwunderlich, denn: Mit dem Erfolg der Biero-Löwen steigt bekanntlich auch der Wert seiner Anteile.
Krachend gescheitert: 1860-Ikone Winkler. Foto: sampics/Augenklick
Team Profifußball
Organisator Klaus Ruhdorfer, der bereits am Rednerpult für ein Miteinander geworben hatte, zeigte sich auch nach der Pleite kommunikativ. "Es gehört sich, insbesondere nach einer klaren Niederlage, sich nicht zu verstecken", schrieb er in einer Mitteilung und gratulierte den Gewählten. Er kritisierte allerdings die "Wahlkampfreden" der bisherigen Verwaltungsräte: "Das war zwar kein guter Stil, aber nicht entscheidend für den Ausgang der Wahl."
Das seien andere Faktoren gewesen: Die "Ablehnung der Briefwahl", zudem "strategisch klug eingesetzte Satzungshürden" und die "abschreckende Wirkung einer aufgeblähten Marathonversammlung" bedeuten laut Ruhdorfer eine "Zementierung der Machtverhältnisse auf viele Jahre hinaus".
Für das Votum der mobilisierten Massen im Zenith, zu großen Teilen aus der aktiven Fanszene, habe "Gesinnung statt Kompetenz" gezählt. Er hoffe, dass die bestehende Führung die anstehende Problematik lösen könne – etwa die Stadionfrage des zu kleinen Grünwalders mitsamt der "limitierten Vermarktungsmöglichkeiten" und die im Juni 2019 auslaufende "zweijährige Fortführungsprognose zur Insolvenzvermeidung". Mit Pathos verspricht er: "Wir werden gemeinsam mit unseren Löwen leiden."
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