Mythos Grünwalder - Von Grosser bis Wettberg
München - Dem Willi sei Dank! Der Willi, das ist Wilhelm Bierofka. Der frühere Spieler und Trainer des TSV 1860 ist der Grund dafür, dass die Löwen nach dem Absturz in die Regionalliga über eine Vereinsikone verfügen, der die Sechzger aus dem Schlamassel holen soll. Und das, verbunden mit großen Heimatgefühlen, im altwehrwürdigen Grünwalder Stadion. "1988/89 war mein Vater Trainer", sagte der jetzige Chefcoach Daniel Bierofka und erinnerte sich an seinen ersten Besuch auf Giesings Höhen: "Ich war neun Jahre alt, als ich zum ersten Mal im Stadion war und mit dem Sechzger-Gen infiziert wurde." Bevor 1860 am Freitag (19 Uhr) gegen Burghausen in jene Spielstätte zurückkehrt, merke Bierofka junior, "dass ein Kitzeln da ist. Das wird für keinen ein normales Spiel." Nicht für ihn, und nicht für Protagonisten und Beobachter des Ruhmes längst vergangener, glorreicher Zeiten. In der AZ schildern sie ihre Erinnerungen.
Peter Grosser (Meisterlöwen-Kapitän): "Es ist ein unvergessliches Privileg für mich, das ich als einziger 1860-Kapitän die Meisterschale in die Höhe recken durfte. Das größte Vereinsspiel war für mich aber das Rückspiel im Halbfinale des Europapokals der Pokalsieger gegen den AC Turin. Die waren haushoher Favorit, haben das Hinspiel 2:0 gewonnen. Angespornt von unseren überragenden Fans haben wir sie kaum schnaufen lassen und mit 3:1 ein Entscheidungsspiel erzwungen, das wir später in Zürich 2:0 gewonnen haben."
Fredi Heiß (Meisterlöwe): Es war unser Wohnzimmer, mit teils über 40.000 Fans! Mit der Meisterschaft ‘66 ist uns etwas für die Ewigkeit gelungen. Eine Sache, an die ich mich besonders erinnere: Ich habe als Rechtsaußen oft die Eckbälle von rechts geschossen. ‘Servus, Fredi!’, riefen mir die Rollstuhlfahrer zu, die dort immer standen und mich anfeuerten. Diese Begeisterung in ihren Augen! Dort hatte ich die schönste Zeit meines Lebens."
Karsten Wettberg (König von Giesing): Mein Highlight war im Juni 1991, als wir dank eines 2:1-Sieges über Neunkirchen die Rückkehr in die 2. Liga geschafft haben – eine Sensation! Die Fans haben den Platz gestürmt und mir die Kleider vom Leib gerissen, bis auf die Unterhose. So ist das berühmte Bild beim Interview mit Edgar Endres entstanden. Das Grünwalder kann schnell wieder zum Kult werden."
Bernhard Winkler (Aufstiegsheld 1994): "Ich denke sehr gerne daran zurück, was wir dort erreicht haben. Besonders im Gedächtnis ist mir der Durchmarsch aus der Bayern- bis in die Bundesliga geblieben, als ich damals nach dem Aufstieg in die 2. Liga zu 1860 kam. Uns hatte keiner auf der Rechnung. Im Spitzenspiel Erster gegen Zweiter haben wir Bochum vor ausverkauftem Haus 4:1 geschlagen. Die Fans haben uns nicht nur einmal geholfen, zu gewinnen. Die Anhänger waren sehr nah dran. Das hat die Löwen und unsere Ära unter Werner Lorant ausgemacht, ist aber etwas verloren gegangen."
Stefan Schneider (Stadionsprecher): "Ich bin kein Stadionfanatiker und mag am liebsten die Arena, in der 1860 spielt. Die Rückkehr ins Sechzger ist aber superguad und das einzig vernünftige. Wie so viele bin ich dort groß geworden. 1969 bin ich mit der 25er-Tram am Trittbrett den Giesinger Berg hochgefahren und war als kleiner Bub mit meinem Großvater da, hatte einen Stehplatz unter der Anzeigetafel. Dort ist meine Liebe zu 1860 entstanden."
Christl Estermann (Wirtn Löwen-Stüberl): "Es war immer unsere Heimat. Wir sind in unseren Pelzmänteln in der letzten Reihe im Taubendreck gehockt, aber das war egal. Man hat jeden Sitznachbarn gekannt, es war familiär. Unvergessen sind die Siegesfeiern mit Werner Lorant, damals noch in meiner alten Wirtschaft. Dort sind wir Freunde geworden."
Franz Hell (Allesfahrer): "Am 14.8.1965, meinem zwölften Geburtstag, habe ich eine blauen Anorak geschenkt gekommen und bin damit zum ersten Derby gegen den FC Bayern. Ein Roter brannte mir mit einer Zigarette ein Loch rein, meine Eltern waren sauer. Mir war’s egal – wir haben Bayern 1:0 geschlagen."
Zur Einstimmung: Die emotionalsten Spiele im Sechzgerstadion
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