Michael Köllner: Ich habe richtig Bock auf Sechzig

Windischgarsten - Michael Köllner ist ein grundehrlicher Mensch. Klar, im Haifischbecken Profifußball muss man nicht immer alles sagen. Eine Antwort gibt Köllner dennoch so gut wie immer. Auch am Donnerstag, als die Frage nach der Gefahr seines "möglichen Abgangs bei den Löwen" gestellt wurde.
"Ja, die gibt's immer", antwortete der Trainer des TSV 1860 nach einer kleinen, schöpferischen Pause. Der 50-Jährige hat bei Sechzig eingeschlagen wie lange kein Trainer davor, was zwangsläufig Begehrlichkeiten weckte: Die Chefetage von Zweitligist und Ex-Klub 1. FC Nürnberg hatte sich nach AZ-Informationen mit Köllner beschäftigt. Auch der FC St. Pauli hat in Person von Sport-Chef – und Köllners Vertrautem aus Cluberer Zeiten – Andreas Bornemann mit einer Verpflichtung des Coaches geliebäugelt.
Michael Köllner: "Ich habe richtig Bock auf Sechzig"
An der Grünwalder Straße herrschte zu diesem Zeitpunkt – wieder einmal – Stillstand. Und doch ist Köllner geblieben, denn: Er hat mit dem TSV noch viel vor. "Wer meine Biografie kennt – ich war 14 Jahre beim DFB, und in diesen 14 Jahren hätte ich x-mal wechseln können", sagte Köllner über seine hochloyale Arbeitsweise, die selbst in seinem nächsten Umfeld teils kritisch gesehen wurde: "Meine Frau sagt immer: Du bist so ein sicherheitsdenkender Mensch, ein typischer Dorfmensch, der erst mal schaut, dass alles sicher ist. Von dem her hat sich die Frage eigentlich nicht gestellt."
Der Fuchsmühler Dorfmensch Köllner erklärt seinen Verbleib auf Giesings Höhen also wie folgt: "A habe ich einen Vertrag, B bin ich keiner, der nach einem Dreivierteljahr wieder davon rennt und sagt: Das war's jetzt." Vielmehr stellt er sich der Herausforderung und sagt: "Ich habe richtig Bock auf Sechzig."
Köllners Job bei 1860 ist dreigeteilt: Gestandene Löwen um Torjäger Sascha Mölders und Quasi-Neulöwe Quirin Moll nach langer Verletzung besser machen, Junglöwen entwickeln – und ein paar frische Neuzugänge integrieren.
Zu Fragen nach Verstärkungen und der geplanten Etaterhöhung blieb der Chefcoach aber nur vorsichtig-kryptisch: "Ich glaube, es wird noch etwas auf dem Transfermarkt passieren." Der angedachte Deal eines erweiterten Sponsoring durch "die Bayerische" und weitere Geldgeber über weitere 1,2 Millionen für den Spielerkader hakt allerdings noch.
Michael Köllner: "Wir wollen hoch - mittelfristig"
Die drei, vier Qualitätsspieler – die teils auf gepackten Koffern sitzen – können daher von Sport-Boss Günther Gorenzel weiter nur vertröstet werden. Zur Erinnerung: Investor Hasan Ismaik hatte mit einem Ausfall-Darlehen über 6,3 Millionen Euro erst die Grundlage dafür gelegt, dass bei 1860 trotz Corona-Krise nicht die Lichter ausgehen.
Nun helfen Hauptsponsor und weitere Geldgeber, damit Köllner und Gorenzel eine schlagkräftige und vielleicht sogar aufstiegsreife Mannschaft zusammenbauen können. Es könnte so schön sein für die Ambitionen der sportlichen Leitung und sich als Annäherung verkaufen lassen, wenn Ismaik und die Kluboberen um Präsident Robert Reisinger dazu ihr finales Einverständnis geben (würden).
Kein Zweifel besteht daran, dass nach Sechzigs Aufholjagd in der vergangenen Saison entsprechende Hoffnungen im Trainerstab wie im Team schlummern. "Ihr kennt meine Ziele ja auch: Ich will nicht ewig mit Sechzig in der Dritten Liga spielen. Wir wollen hoch", stellte Köllner klar – allerdings mit dem Zusatz: "mittelfristig".
Köllner will bei 1860 etwas bewegen. Nun können Ismaik und Vereinsbosse zeigen, dass es ein Miteinander gibt und sie auch wollen, dass bei den Blauen etwas entsteht – zwar nicht mehr ganz frühzeitig in der Vorbereitung, aber früh genug, um sich zumindest eine gute Ausgangsposition zu verschaffen. Es wäre eine Chance dafür, dass Köllner nicht durch einen Abgang, sondern einen Aufstieg mit Sechzig zweitklassig werden kann.
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