Löwen-Chaos: Wie geht's jetzt weiter?

Das Präsidium tritt zurück, die Gespräche mit Hasan Ismaik sind gescheitert. Felix Magath kommt nicht. Der Investor hat den Machtkampf vorerst gewonnen. Und jetzt?
von  Matthias Eicher
Das bisherige Präsidium im Gerhard Mayrhofer, Vizepräsdient Erik Altmann und Vizepräsident und Schatzmeister Heinz Schmidt.
Das bisherige Präsidium im Gerhard Mayrhofer, Vizepräsdient Erik Altmann und Vizepräsident und Schatzmeister Heinz Schmidt. © dpa

München - Tagelang herrschte Stillstand an der Grünwalder Straße. Tagelang tobte ein unerbittlicher Machtkampf beim TSV 1860, in dem sich zwei Parteien einfach nicht einigen konnten.

Auf der einen Seite: Der Verein mit dem Präsidium um Gerhard Mayrhofer, auf der anderen Seite Investor Hasan Ismaik. Seit Freitagabend ist das Chaos bei den Löwen noch größer – denn die eine Seite gibt es nicht mehr.

Wie die Löwen per Pressemitteilung am Freitagabend verkündeten, tritt das gesamte Präsidium um Gerhard Mayrhofer und die Vereinsvertreter im Beirat des TSV 1860 geschlossen zurück und legt mit sofortiger Wirkung ihre Ämter nieder. „Wir bedauern sehr, dass es trotz zahlreicher Gespräche der letzten Tage nicht gelungen ist, Einigkeit darüber zu erzielen, wie der TSV 1860 München wieder zurück auf die Erfolgsspur kommen kann. Wir haben bis zuletzt versucht, unter hohem persönlichen Einsatz aller Beteiligten und enormem Erwartungsdruck der Öffentlichkeit zu einer überzeugenden Lösung im Sinne des Vereins und der Löwenfans zu kommen“, sagte Präsident Gerhard Mayrhofer.

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Beirat Karl-Christian Bay, der seinen Platz damit ebenfalls freimachen wird, fügt an: „Wir sind überrascht, dass dieser Austausch nach einer intensiven, konstruktiven und zwischenzeitlich durchaus hoffnungsvollen Phase heute überraschend einseitig für beendet erklärt wurde. Vor diesem Hintergrund ist unser Rückzug aus den Gremien nur folgerichtig. Mit diesem Schritt, der uns unendlich schwer fällt, möchten wir aus Respekt und Verantwortung vor dem Verein und seinen Fans die festgefahrene Situation lösen und den Weg für einen Neuanfang frei machen.“

Der Auslöser – neben der geringen Bereitschaft von Ismaik, seine Anteile zu verkaufen – für die plötzlich gescheiterten Verhandlungen, war auch ein Streit um die vorgesehene Mitgliederversammlung. Die Löwen schrieben schon am Freitagmittag in einer Pressemitteilung, dass die für Sonntag geplante Mitgliederversammlung abgesagt werden soll. Löwen-Präsidium, Verwaltungsrat und Wahlausschuss unterzeichneten gemeinsam die Benachrichtigung an alle Löwen-Mitglieder, in der geschrieben stand: „Aus Sicht der Vereinsführung ist es in der aktuellen Lage nicht sinnvoll, die Mitgliederversammlung am Sonntag wie geplant abzuhalten.“ Denn es sei „jeder weitere Tag, an dem wir noch verhandeln können, wertvoll und im Sinne der Mannschaft und des Vereins.“

Damit wollten Mayrhofer und Co. offensichtlich Zeit gewinnen, um vor den verärgerten und frustrierten Fans nicht die Karten auf den Tisch legen und zugeben zu müssen, bis dahin keine Lösung gefunden zu haben. Für den Präsidenten (hätte abgewählt werden können) und den Verwaltungsrat (hätte neu gewählt werden sollen) wär’s sonst wohl eng geworden.

„Seine Einstellung ist nach wie vor dieselbe“

Die wütende Antwort des Investors, der seinerseits darauf spekuliert hatte, künftig womöglich anderen Gesellschaftern gegenüber zu sitzen, die ihm mehr Nächstenliebe entgegen bringen, ließ nicht lange auf sich warten. In einer durch seinen Cousin und Statthalter Noor Basha an die AZ übermittelten Stellungnahme stand geschrieben: „Völlig unabhängig davon, ob Hasan Ismaik Angebote erhalten hat oder nicht – seine Einstellung ist nach wie vor dieselbe, die er auch mehrfach äußerte“, so Basha im Namen des Gesellschafters.

Heißt: Der Jordanier bleibt stur und denkt gar nicht daran, seine Anteile (60 Prozent an der KgaA, davon 49 Prozent stimmberechtigt), zu veräußern – und blockiert damit weiterhin den Weg für den früheren Meistertrainer Felix Magath, der mitsamt einem nebulösen Investoren-Konsortium als Alternative bereitstünde.

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Ismaik wütet: „Politik wird über Sport gestellt“

Ismaik hatte aber noch nicht fertig mit seiner Wut auf die Absage der besagten Mitgliederversammlung. „Die Tatsache, dass diese Gerüchte mit der Mitgliederversammlung des e.V. hier mit dem aktuellen Geschehen vermischt werden, ist für Hasan Ismaik mehr als unverständlich und inakzeptabel. Er als Mitglied und Fan fordert, dass die Mitgliederversammlung am Sonntag wie geplant stattfindet“, ließ er seinen Statthalter Basha poltern.

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Ismaik hat freilich als Gesellschafter der ausgegliederten Fußball-Abteilung auf diese Entscheidung des Gesamtvereins keinen Einfluss, tobte aber durch Sprachrohr Basha weiter: „Er (Ismaik, d. Red.) sieht in der jetzigen Situation auch die Gründe dafür, dass es schon vor seiner Zeit bei diesem Verein nicht funktioniert hatte. Politik wird über Sport gestellt. Politik statt Sportverein. Außerdem ist diese Situation für alle Fans, Mitarbeiter und speziell für Torsten Fröhling (den gegenwärtigen Cheftrainer, d. Red.) respektlos und inakzeptabel.“

Ismaiks Zorn reichte offenbar so weit, dass er die Gespräche schließlich abgebrochen hat. Und jetzt?

Klar ist, dass der Jordanier den Machtkampf damit gewonnen hat – vorerst. Klar ist auch, dass Magath somit nicht zu Sechzig kommen wird. Alle weiteren Antworten liegen noch verschüttet. In einem großen Trümmerhaufen.

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