Lizenz oder nicht? Sechzigs Schicksalstag
Am Freitag entscheidet sich, ob die Löwen die Lizenz für die 3. Liga erhalten – oder noch tiefer stürzen. Zahlt Investor Ismaik die nötigen Millionen an die DFL? "Der e.V. muss zuerst die Hausaufgaben erledigen."
München - Vor dem Löwen-Stüberl lief ein Sechzger-Klassiker von Interpret Richard Stark. "Wir sind Löwen mit Herz und Seele. Unser Blut ist strahlend blau. Hand in Hand bis ans Ende dieser Welt", hallte es aus den Radioboxen. Ein Song, wie er unpassender kaum sein könnte für nach dem Abstieg aus der Zweiten Liga entzweite Sechzger.
Gestern Vormittag war Ex-Geschäftsführer Anthony Power in die Geschäftsstelle gekommen, nach seiner Demission zwar ohne offizielles Amt, aber mit Büro auf Giesings Höhen. Auch Hans Sitzberger, nach Präsident Peter Cassalettes Rücktritt ranghöchster Vereinsvertreter, hatte einen Großkampftag zu bewältigen. Lust, miteinander zu reden, haben aber beide Seiten offenbar nicht. Die Positionen sind völlig festgefahren.
Deadline: 15:30 Uhr
"Was soll ich mit dem Power reden. Ich weiß von nichts. Der Rejek ist ja vielleicht auch noch in der Stadt", sagte Sitzberger der AZ ironisch mit Verweis auf den Vorgänger Powers, Markus Rejek, der wie so viele in Giesing gehen musste oder angesichts der Unbelehrbarkeit des Investors kapitulierte. Was hätte man auch reden sollen? Ob 1860 die Drittliga-Lizenz erhält, entscheidet sich erst nach Einsendung (Deadline: Freitag, 15.30 Uhr!) und Prüfung der Unterlagen und einem finanziellen Nachweis des jordanischen Investors in zweistelliger Millionenhöhe. Andernfalls droht der Abstieg in Liga vier oder fünf, schlimmstenfalls gar die Insolvenz. Der Schicksalstag für Sechzig.
Diskutiert wurde dann doch noch – öffentlich zwischen Präsidium und Ismaik. Man prüfe "alle denkbaren Handlungsoptionen für den Bereich des Profifußballs", schrieb das übriggebliebene Präsidium um Sitzberger und Vize-Kollege Heinz Schmidt in einer Stellungnahme und bestätigte darin Ismaiks Bedingungen, von denen die Süddeutsche Zeitung gestern berichtet hatte: "Ismaik hat sein finanzielles Engagement zur Erfüllung der Lizenzbedingungen bereits im Vorfeld der Relegationsspiele ligaunabhängig an eine Reihe von Forderungen geknüpft, die der Verein aus rechtlichen und organisatorischen Gründen in der gewünschten Form nicht erfüllen kann".
Der Hintergrund: Der Jordanier will noch mehr Macht, unter anderem seine Genuss-Scheine in weitere Anteile umwandeln und die Jugendteams in die ausgegliederte Fußballabteilung integrieren. Forderungen, die sich laut dem Schreiben auch mit den DFL-Statuten nicht vertragen: "Entsprechende Stellungnahmen des Ligaverbands stützen unsere Einschätzung."
Kurios: Ismaik widersprach in einer E-Mail an verschiedene Medienvertreter den "falschen Behauptungen": Der e.V. und sogar die DFL seien mit den meisten Änderungswünschen einverstanden, es gebe "keinerlei Kontroverse über unsere Wünsche, geschweige denn einen Erpressungsversuch." Er sei bereit, seinen Teil zu erfüllen, "aber der e.V. muss zuerst seine Hausaufgaben erledigen." Die Schulden der KGaA, eine halbe Million Euro aus dem Servicevertrag, seien im Übrigen immer noch nicht überwiesen, so Fußball-Abteilungsleiter Roman Beer zur AZ.
Wird Anthony Power wieder Geschäftsführer?
Eine weitere Forderung des Finanziers: Nach AZ-Informationen soll er nach dem Rücktritt von Ian Ayre wieder seinen Statthalter Power, der auf der Führungsetage bereits mit höchst zweifelhaften Maßnahmen geherrscht hatte, als Geschäftsführer installieren wollen, während sich der Verein strikt dagegen wehrt. Kein Wunder, hatte Power außer Scherben nicht viel hinterlassen. Es scheint ins Bild zu passen, dass er beim Relegations-Rückspiel gegen Regensburg (0:2) auf ein Vereinsmitglied losgegangen war, nachdem sich dieser kritisch gegen Ismaik geäußert hatte.
Wer zuerst einlenkt? Nach wie vor offen. Und auch, ob der machthungrige Ismaik zur Not einen tieferen Fall in Kauf nimmt. Es soll sogar Interessenten geben, die Ismaik dessen Anteile abkaufen wollen. 70 Millionen investiert, starker Wertverlust durch Abstieg – klingt ziemlich utopisch.
Ex-Geschäftsführer Ian Ayre behauptete, dass die Konten nicht leergeräumt seien. Der Brite steht trotz Rücktritt noch im Handesregister, müsste im Falle einer Insolvenzverschleppung haften. Wie die AZ erfuhr, muss sich Ayre trotz seiner Kündigung mit sämtlichen möglichen Szenarien auseinandersetzen, bevor er sein Amt abgibt.
Zurück zu Starks Löwen-Song: Ayres Blut ist in zwei Monaten voller Querelen und dem Abstieg nicht strahlend blau geworden, und Hand in Hand geht auf Giesings Höhen schon gar keiner.
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