Kurioses Interview mit TSV-1860-Mentaltrainer: "Der Löwe, er muss in deinem Herzen sein"
Windischgarsten - Auf die Plätze, fertig, los! Um sich über Sechzigs neuen Mentalcoach Giovanni Iemma ein Urteil zu erlauben, ließ sich der AZ-Reporter vom 54-Jährigen antreiben. Das Liegestütz-Interview...
(Iemma und der AZ-Reporter gehen in Liegestütz-Position) AZ: Herr Iemma, Trainer Maurizio Jacobacci hat Sie beim TSV 1860 als Mentaltrainer mitgebracht. Wann haben Sie sich kennengelernt? (machen Liegestütze)
IEMMA: Vor 15, 20 Jahren.
Was verbindet Sie?
Freundschaft.
Ein Mentaltrainer fürs Trainingslager: Nach Windischgarsten schauen Giovanni Iemma und der TSV 1860 weiter
Wann hat er Sie angerufen, um 1860 im Trainingslager zu helfen?
Vor vier Wochen. Ich bleibe erstmal im Trainingslager, danach schauen wir weiter. Vielleicht komme ich von Zeit zu Zeit vorbei. Das, was ich mache, darf sich nicht abnutzen. (1. Pause nach 10 Wiederholungen)
Was können Sie Sechzig als Mentaltrainer beibringen?
(2. Satz Liegestütze) Die Löwen sind eine gute Mannschaft, aber wenn sie auch mental miteinander arbeiten und sich energetisch verbinden, wäre es ein Ding. (2. Pause)
Giovanni Iemma: "Der Löwe, er muss in deinem Herzen sein"
Was rufen die Spieler?
Wir sind die Löwen! Der Löwe, er muss in deinem Herzen sein. Das hat mit allem zu tun, auch im ganzen Leben: Wenn du ein Löwe bist und kämpfst. Wenn du sofort Schwäche zeigst und umfällst, bist du kein Löwe. Der Löwe ist ein Symbol für die ganze Welt, das ganze Leben.
Beim Fanabend sagten Sie, es gebe eine Explosion, wenn die Spieler zusammenhalten.
(3. Satz Liegestütze) Richtig! Wenn die Mannschaft eine Einheit ist und harmoniert, gibt es eine Explosion. Wenn das Publikum mit der Mannschaft zufrieden ist, wird Energie frei – und es folgt eine Energie-Explosion! (Pause: Iemma wirkt frisch, der AZ-Reporter schwitzt...)
Sie waren Boxer. Was können die Fußballer von Ihnen lernen?
Kampfgeist. Keine Ausreden. Der Boxer ist Einzelkämpfer und kann niemandem dafür die Schuld geben, wenn er einen Kampf verliert. Diese Mentalität braucht man auch in einer Mannschaft: Wenn der eine Spieler sagt: "Du hast den Ball nicht gut gespielt!", der Nächste sagt: "Das war dein Fehler!" Keiner darf es auf seinen Nebenmann schieben. Stichwort Eigenverantwortung. Die Fußballer müssen lernen, zu sagen: "Ich habe selbst nicht gut gespielt."(4. Satz Liegestütze)

Giovanni Iemma erklärt: Darum ist es für die TSV-1860-Spieler wichtig, sich gegenseitig zu pushen
Was ist, wenn ein Spieler nicht spurt, oder zwei?
Es entwickelt sich immer eine gute Energie, da wo eine Mannschaft entsteht und gegen so etwas ankämpft. Man muss dann auch sagen: Junge, du musst spuren, sonst bekommst du einen auf den Deckel. Wenn die Energie stimmt und acht mitmachen, ist es schon gut. Aber dann müssen sie zu den restlichen dreien sagen (schreit): "Mach! Gib dir Mühe!" Verstehen Sie? Das ist Energie. Zu sehen, zu spüren, dass der Nächste gut arbeitet. Auch, wenn du total kaputt bist, musst du dich anstrengen.
Man muss diese Energie auch rauslassen, damit aus einem Spieler ein Löwe wird...(5. Satz Liegestütze)
Richtig. Dann stehe ich auf und schreie. (Iemma baut sich vor dem AZ-Reporter auf, ballt die Faust und schreit:) Fokus! Schreien Sie mal: Fokus!
Ich bin Journalist, kein Spieler.
Jetzt schreien Sie schon: (Iemma schreit) Fokus!
Fokus!
Jetzt schreien Sie: Die Löwen!
Die Löwen!
(Iemma lacht) Ja, die Löwen!
Warum macht es der Trainer gut, die Löwen zu motivieren?
Mauri macht es auch gut. Er denkt, wie ich denke. Er hat eine andere Art als ich, aber wir haben beide eine positive Art. (6. Satz Liegestütze) Darf ich etwas sagen? (Pause)
TSV-1860-Mentaltrainer: "Emotionen und Mentalität sind wichtig, aber du musst sie kanalisieren"
Gerne.
Ich denke: Bei uns ist jeder wichtig. Die Fotografin, der Journalist, auch ich selbst. Es sind alles Menschen. Ich, du, alle: Jeder ist wichtig. Man muss das Gute wollen. Man muss gewinnen wollen. Wenn du es wirklich willst, kannst du vieles schaffen. Es kommt auf die Einstellung an.
Ein Boxer pusht sich durch Aggressivität, im Fußball ist es oft eine Gratwanderung zwischen Zweikampfhärte und Fairness.
Im Boxen darf man auch nicht zu aggressiv bleiben. Bumm! (täuscht einen Schlag an) Cool bleiben! Nur mit Aggressivität hast du schon verloren. Du musst den Kopf einschalten. Im Boxen wie im Fußball. Emotionen und Mentalität sind sehr wichtig, aber du musst sie auch kanalisieren. Wenn du eine Rote Karte bekommst, ist das keine gute Aggressivität. Deswegen will ich den Spielern lehren, ihre Emotionen zu kontrollieren, sich zu fokussieren. (zeigt sich an den Kopf)
Iemma überzeugt: Beim TSV 1860 ist alles möglich
Bei manchen Fans sind Sie Kult, andere amüsieren sich über Ihr Wirken. Was machen Sie, wenn man Sie nicht ernst nimmt?
Es ist mir egal. Dann beim nächsten Mal. Man muss Schritt für Schritt gehen. Es soll für die Leute keine Qual sein. Wenn du merkst, dass es etwas Gutes ist, machst du automatisch mit.
Haben Sie das Gefühl, dass die Leute mehr und mehr mitziehen bei Ihren Trainingsmethoden?
Ich muss sagen, dass die Mannschaften immer mitgemacht haben, besser und besser. Am Anfang kennt man sich ja nicht. Die Leute sagen vielleicht: "Ist der verrückt? Was ist denn mit dem los?" Aber sie merken, dass es die Wahrheit ist, was ich sage. Du kannst nur gewinnen, wenn du die Wahrheit sagst. Ich habe mit Jacobacci ja schon bei Schaffhausen und Kreims zusammengearbeitet, auch bei Lugano. Wir hatten immer Erfolg. In Schaffhausen sind wir aufgestiegen, sind Schweizer Meister geworden (als Jacobacci Spieler war, d. Red.). Wir haben immer gute Resultate gemacht. So, zum Schluss machen wir 20! (7. Satz Liegestütze)
Was ist Ihrer Meinung nach alles möglich mit den Löwen?
Alles.
(AZ-Reporter keucht) Schönes Schlusswort. Vielen Dank, anstrengendes Interview.
Gerne. Was bei all dem auch wichtig ist: Gottes Segen. Wenn der Schöpfer da oben mithilft, ist wirklich alles möglich. Alles!
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