Köllner und Gorenzel mit Klartext: "Das war fast kollektives Versagen"
München - Schönrednerei? Nicht mit Michael Köllner und Günther Gorenzel. Nicht nach dieser bitterbösen Derby-Pleite gegen Türkgücü. Fast eine geschlagene Stunde lang legte die Sportliche Leitung des TSV 1860 die Karten nach dem 1:2 im Stadtduell auf den Tisch - und zwar im Rahmen der Spieltags-PK, die sich eigentlich schon um Montags-Gegner Halle (19 Uhr) drehen sollte.
"Es war eines unserer schlechtesten Spiele unter meiner Leitung", sagte Chefcoach Köllner nach dem 1:2-Debakel gegen den Lokalrivalen schonungslos: "Das war fast kollektives Versagen." Vielleicht nicht vom Ergebnis her, aber gerade durch die Art und Weise und den besonders "schmerzhaften Abend" (Köllner) im Olympiastadion und ausgerechnet gegen den seit Oktober 2021 sieglosen Stadtrivalen: Die Pleite steckt 1860 tief in den Knochen.
Daher hat das Duo Köllner/Gorenzel den Blinker gesetzt: weg von der Überholspur der vier Siege in Serie, nachdem die Sechzger bereits zuletzt durch die beiden verschenkten Erfolge gegen Braunschweig und Meppen bedrohlich ins Schlingern geraten sind.
Die AZ zeigt Sechzigs Spurwechsel hin zum Abschied aus dem Aufstiegsrennen - inklusive einer schonungslosen Analyse:
1860 muss sein Selbstvertrauen wiederfinden
Schmerzhafte Wirkungstreffer: Bei der Erklärung, wie es zu einer so schwachen Leistung gegen Türkgücü kommen konnte, holte Gorenzel weiter aus: "Wir waren gegen Braunschweig auf der Jagd nach einer Rekordserie und so sind wir auch aufgetreten." 1860 lag mit 2:0 zur Pause in Front und war auf dem besten Weg zum fünften Drittliga-Dreier in Folge (was 1860 zuvor seit Bestehen der Dritten Liga noch nie gelungen war).
Gorenzel verglich 1860 mit einem Boxer: "Dann bist du zu euphorisch und bekommst den ersten Schlag versetzt." Was folgte, waren die beiden ärgerlichen Wirkungstreffer zum 2:2-Remis: "So etwas macht in mentaler Hinsicht etwas mit der Mannschaft." In Meppen folgte dasselbe in Grün, weshalb 1860 "das Selbstvertrauen wiederfinden" müsse. Gegen Türkgücü habe der sportlich wie finanziell bereits so gut wie abgeschriebene Gegner "nur gewinnen können" - zum Leidwesen der Löwen war dies auch auf der Anzeigetafel abzulesen.
Der Druck des Aufstiegsrennens: Köllner wiederholte, was er bereits unmittelbar nach der Derby-Schmach erklärt hatte. Angesprochen auf den schier aussichtslos gewordenen Aufstiegskampf, meinte er: "Diese Themen sind jetzt eh passé." Auf Nachfrage meinte Köllner zwar, dass das Saisonziel bleibe, bis zum Schluss vorne mitspielen zu können. Doch klar sei auch, wie Gorenzel ergänzte: Damit das doch nicht irgendwie klappt, muss ein Umdenken her: "Wir dürfen nur an den nächsten Zweikampf denken, den nächsten Pass, das nächste Spiel."
Die geschwundenen Kräfte der arrivierten Kräfte: Kapitän Stefan Lex, Abwehrchef Stephan Salger, Neuzugang Yannick Deichmann: Grundsätzlich sind sie Leistungsträger, doch laut Köllner konnten sie zuletzt nicht, wie sie wollten: "Natürlich merkt man das in einer Phase, in der es Schlag auf Schlag geht." Auch Ausfälle wie Marius Willsch und Daniel Wein seien nicht längerfristig zu kompensieren.
Wollte kein Spieler zu den Löwen?
Keine Winter-Verstärkungen und Sparzwänge: Mantraartig wiesen Köllner und Gorenzel darauf hin, dass man auf das verdiente Personal vertraue. Diesmal hörte sich das schon etwas anders an: Laut Gorenzel habe es "ganz klare kaufmännische Vorgaben" gegeben. Und keinen Spieler, der sich trotz eines Sechzig-Angebots dazu durchringen konnte.
Köllner dazu: "Natürlich hätten wir uns die Dinge im Winter anders vorgestellt. Aber es war nicht möglich. Punkt, aus." Der 54-Jährige meinte zudem über die Nachwuchsarbeit: "Wir haben einen Kader, der mit sehr vielen jungen Spielern gespickt ist." Dies sei "kein Vorwurf an den Verein", sondern eben ein "mühsamerer Weg" und ein "Thema, dem wir uns stellen müssen." Am besten schon im Heimspiel gegen Halle, sonst wird demnächst wohl öfter Tacheles geredet.