Hasan Ismaik im Exklusiv-Interview über Zwangsabstieg, Insolvenz, 50+1 und Daniel Bierofka

Im AZ-Interview spricht Löwen-Investor Ismaik über den Absturz – und den Versuch eines Neustarts ohne ihn: "Ich werde mich nicht wegekeln lassen. Wir werden 1860 als regionale Marke etablieren."
Matthias Eicher |
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Hasan Ismaik will mit dem TSV 1860 München einen Neuanfang in der Regionalliga versuchen.
Rauchensteiner/Augenklick Hasan Ismaik will mit dem TSV 1860 München einen Neuanfang in der Regionalliga versuchen.

Im AZ-Interview spricht Löwen-Investor Ismaik über den Absturz – und den Versuch eines Neustarts ohne ihn: "Ich werde mich nicht wegekeln lassen. Wir werden 1860 als regionale Marke etablieren."

München - Der 40-jährige, milliardenschwere Jordanier stieg 2011 beim TSV 1860 ein und rettete den Klub damals vor der Insolvenz. Jetzt steuert der Club nach dem Zwangsabstieg in die Regionalliga Bayern in Richtung Insolvenz. In der AZ erklärt Ismaik wie es seiner Meinung nach soweit kommen konnte und wie nun weitergehen soll.

AZ: Herr Ismaik, Sie haben nach dem sportlichen Abstieg des TSV 1860 in die Dritte Liga die Bereitstellung weiterer Gelder, um die Lizenz zu sichern, an Forderungen geknüpft. Warum?
Hasan Ismaik: Was ich entschieden von mir weise, ist, dass ich den Zwangsabstieg in die Regionalliga geplant hätte. Glauben Sie wirklich, dass ich absichtlich mein Investment kaputt mache? Mein Plan war immer die Bundesliga und nicht die Viertklassigkeit.

"Ian Ayre wollte sich seinen Namen nicht kaputt machen"

Woran scheiterte es dann?
Wäre die Vereinsseite nur ansatzweise kooperativ gewesen, gewisse Dinge in die richtige Richtung zu lenken, hätte ich sofort das Geld überwiesen. Es war überhaupt kein Wille da, den TSV 1860 endlich so aufzustellen, wie es die Fans verdient haben. Fragen Sie bei Ian Ayre (Ex-Geschäftsführer, d. Red.) nach: Er wird Ihnen bestätigen, was in diesem Verein alles falsch läuft. Auch wenn Ayre eine einmalige Chance für 1860 gewesen wäre. Ich kann ihn verstehen, dass er nach nur acht Wochen hingeworfen hat. Er wollte sich seinen Namen nicht kaputt machen.

Was sagen Sie dazu, dass die beiden Vizepräsidenten Hans Sitzberger und Heinz Schmidt Ihrer Darstellung widersprechen?
Sie sagen nicht die Wahrheit. Richtig ist, dass Sitzberger einen Tag nach dem Abstieg zu meinem Bruder kam und ihm sagte: "Wir hätten einen Kaufinteressenten für die Anteile." Was sagen Sie? Wie würden Sie reagieren? Das zeigt mir die Unverfrorenheit dieser Leute. Übrigens hat Sitzberger noch vor einiger Zeit zu meinem Bruder Yahya gesagt, dass er im Verein mit Peter Cassalette als Verräter gesehen wird. Sprachlos macht mich auch, dass Vize-Präsident Schmidt nach einem Abstieg in die Kameras lächelt. So etwas habe ich noch nie gesehen. Haben Sie in den letzten Tagen irgendeine Aussage vernommen, dass der Verein irgendeinen Fehler eingesteht? Nehmen wir das Thema Gemeinnützigkeit. Seit 2002 besteht dieses Problem. Der Verein läuft Gefahr, mit dem Finanzamt große Probleme zu bekommen. Warum wurde dies bis heute nicht gelöst? Warum wird mit Helmut Kirmaier vor Gericht gestritten, obwohl man im Unrecht ist? Der Verein hat sich durch eine Unterschrift von Hep Monatzeder, der rechtlich gar kein Präsident war, ohne Rücksprache mit mir die Markenrechte des Vereins einfach angeeignet. Ich bin meinen Verpflichtungen immer nachgekommen, der Verein aber nie. Ein kritisches Wort gegen sich selbst habe ich noch nie aus dem Verein gehört.

"Mir geht es um den Verein und bestmöglichen Erfolg"

Der Verein will jetzt wieder deutlicher die 50+1-Regel leben.
Das kann 1860 gerne machen. Mir geht es um den Verein und bestmöglichen Erfolg. Aber ich habe meine Zweifel, ob der TSV 1860 mit einem Insolvenzverwalter den richtigen Weg einschlägt.

Der Bayerische Fußball-Verband hat seine Satzung am Tag vor dem Zwangsabstieg verändert – und festgelegt, dass die 50+1-Regel auch in der Regionalliga gilt.
Deswegen haben wir unsere Zweifel, dass der BFV diese Regel in seiner Satzung im stillen Kämmerlein eingeführt hat, und zwar genau einen Tag vor der gesetzten Frist. Andere Landesverbände haben diesen Punkt eingeführt, aber mit klarer Formulierung und nicht durch einen Hinweis, wie es beim BFV der Fall vor der Änderung war. Außerdem: Gilt die 50+1-Regel in Deutschland wirklich noch? Mit Mannschaften wie Leverkusen, Wolfsburg, Hoffenheim, Leipzig und in der nächsten Saison Hannover behaupte ich, dass diese Regel im deutschen Fußball längst keine Anwendung mehr findet.

"Ich bin interessiert, dass möglichst schnell Ruhe einkehrt"

Was passiert, wenn beide Seiten keinen schnellen Konsens finden?
Ich bin daran interessiert, dass möglichst schnell Ruhe bei 1860 einkehrt. Allerdings sollten sich auch die Protagonisten auf Vereinsseite fragen, warum es überhaupt so weit gekommen ist. Ich bin sehr, sehr unzufrieden, dass es einigen Verwaltungsräten nur um ihren eigenen Vorteil, weniger aber um 1860 geht. Finden Sie es normal, dass ich als Geldgeber in private Geschäfte verwickelt werden soll oder mir Jobanfragen gestellt werden? Ich finde das eine Unverschämtheit. Ich stehe für ein sauberes 1860.

Was erwarten Sie auf der Mitgliederversammlung am 2. Juli, bei der ein neuer Verwaltungsrat gewählt wird?
Wir sind vorbereitet. Und: Ich hoffe, dass die Mitglieder auch diesmal hinterfragen, warum der einst große TSV 1860 so bitterböse abgestürzt ist. Ich will daran erinnern, dass ich erst seit 2011 da bin. Vorher war 1860 finanziell tot. Nicht wegen Hasan Ismaik, sondern wegen zahlreichen Fehlentscheidungen unter anderem beim Verkauf der Stadionanteile.

Welche Worte wollen Sie an ihre Unterstützer richten? Wie wollen Sie angesichts der unterschiedlichen Vorstellungen versuchen, den Verein wieder nach oben zu führen?
Meine Pläne mit 1860 sind unverändert. Aber jetzt müssen wir die Regionalliga annehmen und versuchen, eine Top-Mannschaft aufzustellen. Ich habe großes Vertrauen in Daniel Bierofka. Ich hätte im Winter nie einen anderen Trainer geholt, hätte er schon seinen Fußballlehrer-Schein gehabt.

"Bierofka ist ein toller Trainer, aber ein noch besserer Mensch"

Was erhoffen Sie sich von ihm?
Ich habe mit Daniel kurz nach dem Lizenzentzug telefoniert und ihm meine volle Unterstützung zugesagt. Daniel Bierofka ist 1860. Er ist einer der ganz wenigen im Verein, die mir immer respektvoll gegenübergetreten sind. Wenn es nach mir geht, dann soll er bis zu seiner Rente bei uns bleiben. Er ist ein toller Trainer, aber ein noch besserer Mensch.

Teile der Fans wollen Sie loshaben – schmerzt das?
Natürlich tut das weh. Aber ich habe mich mit vielen Fans unterhalten: Auch Karl-Heinz Wildmoser soll es so ergangen sein. Ich werde mich nicht wegekeln lassen. Ich kann die Fans aber verstehen, dass sie sich nach einem doppelten Abstieg einen Buhmann suchen. Wir werden 1860 wieder als regionale Marke etablieren. Der Weg mit ausländischen Spielern aus allen Ländern hat nicht funktioniert.

Trotz Ihrer Ankündigung, die Löwen immer zu unterstützen, scheinen sich die Fronten zwischen Ihnen und den Vereinsvertretern weiter zu verhärten. Würden Sie notfalls aussteigen?
Niemals! Nicht für zwei Milliarden Euro.

Lesen Sie hier: Urlöwe im AZ-Interview - Daniel Bierofka: "Wir brauchen nicht elf Klosterschüler"

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