Häßlers Förderer Meier: "Icke hat enorme Strahlkraft"
AZ: Herr Meier, erinnern Sie sich noch an Ihre allererste Begegnung mit Icke Häßler?
MICHAEL MEIER: Es war ein Sonntag, Icke war 17. Wir haben ihn, seinen Bruder und seine Eltern zu einem Vertragsgespräch in die Geschäftsstelle des 1. FC Köln eingeladen, wollten ihn unter Vertrag nehmen, Modalitäten klären, über Geld sprechen. Hat ihn alles nicht interessiert. Nach kurzer Zeit fragte er mich: "Habt ihr vielleicht einen Fußball hier?" Dann ist er rausgegangen und hat eineinhalb Stunden Fußball gespielt.
Sie kennen ihn seit 30 Jahren, holten ihn nach der Kölner Zeit 1998 als Profi zum BVB, verkauften ihn ein Jahr später zu den Löwen und holten ihn 2006 als Techniktrainer nach Köln. Jetzt will ihn 1860 verpflichten.
Icke und 1860 – das passt! Er hat dort als Spieler eine erfolgreiche Zeit mitgeprägt, großartige Spiele unter Werner Lorant gemacht – und nach seiner unglaublichen internationalen Karriere Spuren hinterlassen. Wenn ihn 1860 holt, dann kaufen sie auch eine enorme Strahlkraft mit ein!
In Köln arbeitete er zeitweise bei den Profis und zeitweise in der Jugend. Wo sehen Sie ihn nach dieser Zeit eher?
Im Lizenzbereich, ganz klar, da gehört er hin, das ist seine Mission! Solche Personen gehören nicht in die Jugend. Damals war genau das zwar meine Idee, aber da hat er sich nicht so wohlgefühlt.
Wie er eingebunden werden soll, ist noch unklar: Häßler will im Profiteam arbeiten, Löwen-Trainer Friedhelm Funkel hat aber schon gesagt, dass er keinen weiteren Co-Trainer braucht. Fahrlässig?
Das ist eine Auffassung, die er haben darf – er ist lange genug im Geschäft. Den Wert Häßlers Arbeit würde er sicher schnell kennenlernen. Man sollte nicht vergessen: Wenn man Icke holt, ist das ein Signal, das man nach außen sendet! Diesen Effekt sollte man nicht unterschätzen.
Wie meinen Sie das?
Als wir mit Köln zu Auswärtsspielen gefahren sind, haben die Menschen in den Hotels gesagt: "Guck mal, da ist ja der Häßler!" Das ist ein Gesicht. Und so wie er zum 1. FC Köln gepasst hat, so passt er auch zu 1860 München. Für beide Klubs ist er die bestmögliche Identifikationsfigur.
Was zeichnet ihn aus?
Seine Möglichkeiten als Fußballer. Wenn er beim FC mit den Profis auf dem Platz stand, ist er leistungsmäßig nicht abgefallen. Icke war zwar nicht mehr so schnell, aber technisch hat ihm keiner etwas vorgemacht. Die Spieler schauen auf, wenn da plötzlich ein Weltmeister vor ihnen steht – das wäre bei 1860 doch nicht anders. Er genießt einen wahnsinnigen Respekt.
Warum hat er nicht versucht, eine Karriere als Cheftrainer einzuschlagen?
Icke ist nicht der große Kommunikator, nicht einer, der eine besondere rhetorische Gabe hat. Er ist keiner, der in vorderster Front steht und große Reden schwingt. Das kann er nicht. Er ist Praktiker. Schon als Spieler war er nie der Lautsprecher, nie der Extrovertierte. Er hat von seinem Genie gelebt. Das wird so bleiben. Wenn man ihn richtig einsetzt, ist er eine riesige Bereicherung. Und er ist ein ganz, ganz feiner Mensch.
Wie war er zu Beginn seiner Profikarriere?
Als er mitbekommen hat, dass man – ich war schon auf dem Sprung nach Leverkusen – beim FC darüber nachdenkt, ihn abzugeben, sagte er: "Verkoofen lasse ich mich nicht!" Dann ist er durchgestartet. Er brauchte einen Schubser.
Was man immer mit Häßler in Verbindung bringen wird: das Bild, wie er zu Ihrer Zeit als BVB-Manager als Ersatzspieler eine Wasserkiste über den Platz schleppt.
Als ich ihn vom KSC geholt habe, war die einzige Frage: Möller und Häßler, geht das gut? Ich habe gesagt: "Wenn Icke auf dem Markt ist, muss man ihn holen." Er hatte leider eine schwierige Zeit. Aber diese Wasserkiste, die kennzeichnet ihn! Er ist ein bescheidener Junge und sich für nichts zu schade. Es gibt ein weiteres Beispiel.
Ja, bitte.
Nach dem Training fing Icke plötzlich an, Bälle einzusammeln – als Techniktrainer. Da bin ich zu ihm und habe gesagt: "Icke, da sind 18-Jährige dabei, die erst einmal was nachweisen müssen. Du kannst doch nicht für die die Bälle einsammeln. Das tut ja weh, das zu sehen." Für ihn ist das ganz selbstverständlich. Icke ist viel zu bescheiden.