Fröhling: Vom Retter zum Bauernopfer?

München - Es war dieser so seltene Fall, dass sich beim TSV 1860 mal fast alle einig waren. Mit Trainer Torsten Fröhling, der Retter der Löwen, der in der Relegation mit Sechzig in der Nachspielzeit gegen Holstein Kiel, bei diesem Drama dahoam, den Absturz in die Drittklassigkeit verhindert hat, sollte es weitergehen. Wenn einer bleiben muss, dann er. Der Nimbus als Nichtabstiegs-Held sollte den Spielern auch kommende Saison Auftrieb geben.
Es wäre nicht der TSV 1860, wenn dieser Burgfrieden nur einen Wimpernschlag angehalten hätte. Ausgerechnet der Retter steht vor dem Aus. Zuletzt seien sich „alle einig“ gewesen, „dass Torsten Trainer bleiben soll, doch plötzlich ist das nicht mehr so“, bestätigte Sportchef Gerhard Poschner am Montag der AZ, der mit Fröhling „längst einig“ sei, aber nun keine Zustimmung vom Präsidium habe. Gerhard Mayrhofer, vor kurzem noch Fröhling-Befürworter, ist von seiner Haltung abgerückt. Fröhling wird wohl vom umjubelten Retter zum Bauernopfer. Was angesichts der guten Bilanz und des Votums pro Fröhling (auch vom Gros der Spieler) ziemlich relalitätsfern anmutet, könnte bald eintreffen. Derzeit führen die Löwen-Bosse anderweitige Verhandlungen.
Verhandlungen, die erst durch den Protestmarsch gegen Poschner am Samstag und der Rücktritts-Androhung von Mayrhofer möglich gemacht wurden und Investor Hasan Ismaik zu einer Reaktion bewegten. „Für den gesamten Verein ist es zwingend notwendig, eine schnelle Lösung herbei zu führen. Der Druck, unter dem alle Beteiligten stehen, ist keine förderliche Voraussetzung“, sagte Finanz-Geschäftsführer Markus Rejek der AZ. Die Löwen betonen auf ihrer Homepage, man müsse „die derzeitige Phase der Unsicherheit so bald wie möglich beenden“.
Derzeit sind die Löwen, die unter jeden Vertrag eines neuen Spielers die Unterschriften beider Geschäftsführer Poschner (Sport) und Rejek (Finanzen) brauchen, handlungunsfähig, weil sich die Parteien gegenseitig blockieren. Klar ist: Am Ende der Gespräche zwischen Verein und Ismaik werden Köpfe rollen. Im Zentrum der Kritik steht Poschner, dem viele die Hauptschuld an der sportlichen Misere geben. Auch Präsidium und Verwaltungsrat wollten ihn loswerden, scheiterten aber bisher am Veto von Ismaik-Statthalter Noor Basha und mangels Gesprächsbereitschaft auch an Ismaik selbst.
Das letzte Wort hat zwar der Verein (50.+1-Regel) Ismaik könnte aber bis Jahresende sechs Millionen Darlehen aufkündigen, vermeldete die „SZ“ jüngst. Dafür müssten die Löwen erst einmal einen neuen Geldgeber finden, sollte dies eintreffen oder es gar zu einem Verkauf der Anteile des Jordaniers kommen. Ein Insider sagte der AZ, dass Verein und Verwaltungsrat dies befürworten würden.
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Ein neuer Gesellschafter müsste das Loch stopfen und womöglich einen Trainer-Manager wie Felix Magath finanzieren. Zuletzt wurden Gerüchte um 1860-Vermarkter Infront und Günter Netzer laut, die „SZ“ berichtete, der Vermarkter haben einem Sportchef-Kandidaten in der Hinterhand. „Infront ist ein weltweit operierendes Unternehmen mit einem klaren Geschäftsmodell. Aus dieser Position heraus nimmt ein Vermarkter keinen Einfluss auf politische oder personelle Fragen in einem Verein. Von unserer Seite hat es diesbezüglich nie Gespräche mit Günter Netzer gegeben “, sagte Rejek der AZ.
Der aktuelle Sportchef will derweil weitermachen. Mit Fröhling und der Intention, die Kaderplanungen wieder aufzunehmen. „Ich werde nicht gehen. Es wurden Fehler gemacht, ich will es besser machen. Warum soll ich aufgeben?“, sagte Poschner. In jedem Fall drängt die Zeit: Zum Trainingsauftakt am 22. Juni präsentiert 1860 das neue Trikot und würden das gerne mit Spielern tun. Wie sehr sich der Machtkampf auf die Kaderplanung auswirkt? Die AZ erfuhr aus Kölner Kreisen, dass sich Ex-Löwe Daniel Halfar schon mit 1860 einig gewesen sei – der Deal scheiterte jedoch an der Löwen-Blockade und Halfar ging zu Kaiserslautern – für weniger Geld.
Während sich Julian Weigl (zum BVB) und Bobby Wood (wohl zu Stuttgart) bereits davon gemacht haben, berichtet die „Allgemeine Zeitung Mainz“ davon, Mainz 05 Interesse an Löwen-Kapitän Christopher Schindler habe – und dieser sich ob der aktuellen Lage einen Wechsel vorstellen könne. Wenn sogar Schindler – Ur-Münchner und Identifikationsfigur – gehen sollte, lässt sich erahnen, wie schlimm’s um die Löwen steht.