Ex-TSV-1860-Vize Hans Sitzberger: "Dann ging total überraschend der Albtraum los"
AZ: Sie haben dem Verwaltungsrat wiederum vorgeworfen, Ihre geistige Fitness infrage gestellt zu haben. Wer war das und wie haben Sie Kenntnis davon erlangt?
HANS SITZBERGER: Das waren tatsächlich mehrere Mitglieder des Verwaltungsrates, die Führenden könnte man sagen und sogar einer, der jetzt schon als mein Nachfolger im Amt ist. Zum einen wurde mir die Information von Dritten mündlich gegeben, zum anderen hat mir ein langjähriger guter Bekannter, der per Zufall auch mit einem der Verwaltungsräte in Kontakt ist, eine WhatsApp-Nachricht des Verwaltungsratsmitglieds weitergeleitet, die genau das ausgesagt hat. Zuletzt hat mich der Verwaltungsrat aber auch persönlich mit den Vorwürfen konfrontiert – aus Sorge um mich, wie sie mir gesagt haben.
Was stehen Sie dem Verwaltungsrat nun grundsätzlich gegenüber?
Der Verwaltungsrat hat die persönliche Gesinnung und Meinung der einzelnen Mitglieder und die Einigkeit mit dem Präsidenten in dieser Gesinnung in den letzten Monaten über das Wohl des Vereins gestellt. Sie haben das extreme, willkürliche und menschlich inakzeptable Verhalten des Präsidenten gegenüber mir und Heinz Schmidt zugelassen und hingenommen und damit gleichzeitig in Kauf genommen, dass das Präsidium nicht mehr produktiv arbeitet und die vielen Abteilungen unseres Vereins und das Tagesgeschäft des Präsidiums enorm darunter leiden. Ich, der sich vorrangig immer um all unsere Abteilungen und deren Wohlergehen gekümmert hat, finde genau das besonders schlimm. Das Resultat sind zwei zurückgetretene Vize-Präsidenten – das Präsidium Reisinger ist gescheitert!
Hans Sitzberger über Robert Reisinger: "Meine Aufgabe war, blind jedem seiner Alleingänge zuzustimmen"
Was sagen Sie zu dem Vorwurf aus der Kurve, dass Sie zu Investor Hasan Ismaik "übergelaufen" wären?
Das Einzige, worum es mir geht, ist der Verein! Ich persönlich glaube nicht an einen nachhaltigen Erfolg für unsere Profis, wenn die zwei Gesellschafter der KGaA über Jahre hinweg kein einziges Wort miteinander wechseln. Da gehören zwei dazu, das ist klar! Aber da müssen sich, wie ich glaube, auch beide Parteien am Riemen reißen und für unseren Verein aufeinander zugehen. Man muss sich nicht in den Armen liegen und man muss sich nicht gern haben. Aber für den gemeinsamen Erfolg ist ein gewisses Maß an Dialog und Kommunikation und eine professionelle Zusammenarbeit auf der Sachebene unerlässlich.
Der Ursprung der Auseinandersetzungen zwischen Robert Reisinger und Ihnen liegt nach AZ-Informationen in einer Meinungsverschiedenheit über die von ihm geplante Installation von Ex-Löwe Horst Heldt als neuen Sportchef begründet. Was werfen Sie dem Präsidenten hierbei vor?
Das ist richtig. Robert Reisinger wollte zu diesem Zeitpunkt im Alleingang Horst Heldt als neuen Sportchef verpflichten und fragte im Grunde nur der guten Form halber um die Zustimmung von Heinz und mir. Sowohl Heinz Schmidt, als auch ich waren beide nicht für Heldt als neuen Sportchef. Abgesehen davon hat er die Stelle im Nachgang ohnehin von sich aus abgesagt, weil auch er sich in der Kombination mit Hasan Ismaiks Unternehmen HAM nicht als die beste Wahl sah. Als ich meine Zustimmung nicht erteilen wollte, zum einen, weil ich selbst noch nicht einmal mit Heldt gesprochen hatte, zum anderen, weil ich von der Person für den Job nicht 100 Prozent überzeugt war, ging total überraschend der Albtraum los und es war nach Jahren der unkomplizierten und im Grunde produktiven Zusammenarbeit plötzlich nichts mehr wie vorher. Warum verstehe ich bis heute nicht. Robert Reisinger wünschte mit mir keinen Dialog über dieses Thema oder eine Abstimmung jeglicher Art. Meine Aufgabe war offensichtlich, blind jedem seiner Alleingänge zuzustimmen – das ist für mich aber keine Zusammenarbeit!
Sitzberger: "Ich habe nicht mehr in die Ideologie von Verwaltungsrat und Präsident gepasst"
Wie bewerten Sie rückblickend die Entlassung von Finanz-Geschäftsführer Marc-Nicolai Pfeifer, den Sie Ende 2023 öffentlich gestützt haben?
Ich glaube nach wie vor, dass Marc-Nicolai Pfeifer eine sehr gute Wahl für einen Löwen-Geschäftsführer war und ich bin der Meinung, dass er seinen Job außerordentlich gut gemacht hat – seine Leistungen und die Geschäftszahlen sprechen da ganz klar für sich und für ihn.
Das Votum des Verwaltungsrates fiel mit 9:0 Stimmen gegen Sie eindeutig aus. Warum fühlen Sie dennoch als "Bauernopfer" des Führungsstreits bei den Löwen?
Ich glaube, dass ich einfach nicht mehr ins Bild oder vielmehr die Ideologie von Verwaltungsrat und Präsident gepasst habe. Nachdem ich es gewagt habe, dem Präsidenten in der Sache Heldt nicht zuzustimmen, kam erst die totale Eskalation innerhalb des Präsidiums. Als ich mich davon nicht habe unterkriegen lassen, schlussendlich der Vertrauensentzug des Verwaltungsrates. Mir schien es eher so, als habe man gründlich nach Vorkommnissen gesucht, die man aus einer Machtposition heraus so auslegen kann, dass sie mich zum Rücktritt zwingen.
Verhärtete Fronten beim TSV 1860: "Der Kurs der Konfrontation kann nicht zum Erfolg führen"
Stichwort Mitgliederversammlung im Sommer: Sie haben in ihrer Stellungnahme auch dafür geworben, den aktuellen Verwaltungsrat zugunsten neuer Kandidaten abzuwählen. Was muss sich Ihrer Meinung nach an der Vereinsspitze ändern?
Die schweigende Mehrheit muss zur Mitgliederversammlung kommen und ihre Stimme abgeben und ja, es ist richtig: Ich glaube nicht, dass die aktuelle Besetzung des Verwaltungsrates eine Zukunft hat. Der Kurs der Konfrontation ist zum Scheitern verurteilt und kann nicht zum Erfolg führen. Es braucht ein Zukunftsszenario, gemeinsame Ziele, auf die man hinarbeitet, eine gemeinsame Richtung – und eine Richtung bedeutet eben nicht, unbeirrbar an der eigenen Meinung festzuhalten und seine Macht dafür zu nutzen, diese Meinung durchzusetzen.
Sind Sie vom "BündnisZukunft1860" angesprochen worden und inwieweit entspricht der Ansatz des Zusammenschlusses Ihren Vorstellungen geeinter Löwen?
Ich habe ganz grundsätzlich schon seit Jahren gute Kontakte zu vielen Mitgliedern des Bündnisses und gehe mit vielen Vorstellungen des Bündnisses konform. Diese Gruppierung steht für eine distanzierte, aber professionelle Zusammenarbeit mit HAM zugunsten unseres Vereins. Was ich aber nicht mag, ist, dass durch die vermeintliche Errichtung eines "zweiten Lagers" die Spaltung im Verein vorangetrieben wird. Wir müssen, auch innerhalb des Vereins, aufeinander zugehen, den jeweils anderen so nehmen, wie er ist und in den Dialog gehen. Es gibt schwarz, es gibt weiß und dazwischen liegt, glaube ich, ganz viel blau – da müssen wir hin! Da darf es nicht um persönliche Befindlichkeiten gehen oder um Machtspielchen und die Interessen des Einzelnen, da geht’s um unseren Verein!
Auf welche Art werden Sie Sechzig künftig verbunden bleiben?
Das wird sich zeigen und ich habe mich entschieden, das Ganze einfach auf mich zukommen zu lassen. Ich werde natürlich weiterhin da sein, Abteilungen und sportliche Veranstaltungen besuchen, mir alle Spiele anschauen und 60 leben, so wie früher auch! 60 ist mein Verein und wird es für immer bleiben, egal was passiert. Einmal Löwe – immer Löwe!
In Teil 1 des AZ-Interviews spricht Hans Sitzberger, Ex-Vizepräsident des TSV 1860, über seinen Rücktritt, sein Herz für die Löwen, das Zerwürfnis mit Präsident Robert Reisinger, die Rolle des Verwaltungsrats und dessen Vorwürfe gegen ihn.
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