Ein Jahr ohne Biero: Die AZ-Bilanz bei den Löwen

Der Abgang von Sechzigs Kult-Trainer Daniel Bierofka war eine Zäsur für den Verein. Wie ist es beiden Seiten seit der Trennung ergangen? Die AZ hat sich in Giesing und in Bieros neuer Heimat Innsbruck umgehört.
Matthias Eicher
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5. November 2019: Daniel Bierofka verlässt die Geschäftsstelle des TSV 1860 München. Das Ende seiner Trainerkarriere bei den Löwen.
5. November 2019: Daniel Bierofka verlässt die Geschäftsstelle des TSV 1860 München. Das Ende seiner Trainerkarriere bei den Löwen. © sampics

München - Es war der 5. November 2019. Diesen Tag werden viele Löwen-Fans so schnell nicht vergessen. Daniel Bierofka, Sechzigs Klub-Ikone, marschierte vom Vereinsgelände. Und zwar zum letzten Mal - und mit Tränen in den Augen. Ein absoluter Trauertag für die Weiß-Blauen, denn eines war ja wohl klar: Eine Zukunft ohne "Biero" würde den Verein noch tiefer ins Chaos stürzen. Und wie geht es Bierofka und den Blauen jetzt?

Wettberg: "Es war ein trauriger Abschied"

Ein Jahr ist der Abschied des Baumeisters der Aufstiegshelden, des Ex-Spielers und Vollblut-Löwen nun schon her. "Es war ein trauriger Abschied, das hätte es nicht gebraucht", erinnert sich Kult-Trainer Karsten Wettberg im Gespräch mit der AZ. "Der Verein war damals zerstritten, es gab viele Leute im Hintergrund, die Bierofka weghaben wollten. Eine Schande, wie das zu Ende gegangen ist."

Ins Detail gehen will er nicht. Nicht noch mal, denn die Wut hat sich der Freund der Familie Bierofka öfter von der Seele geredet, deutliche Kritik an diversen Vereinsfunktionären geübt. Der 78-Jährige weist nur noch daraufhin, dass sich der einstige Löwen-Dompteur selbst in der Stunde größter Enttäuschung stilvoll verabschiedet habe: "Das Aus hat ihm sehr wehgetan, aber er hat trotzdem keine Interna ausgepackt, hat keine Rachegefühle und hat Sechzig sogar noch Geld überlassen, weil er seinen Zweijahresvertrag aufgelöst hat. Es bleibt unvergessen, was er für 1860 geleistet hat."

"Bierofka hat eine intakte Mannschaft hinterlassen"

In der Gegenwart heißt Sechzigs Cheftrainer bekanntlich Michael Köllner. Bierofka hat dagegen, nachdem er - laut Wettberg - "lange gebraucht hat, um Sechzig abzuhaken", im August beim österreichischen Zweitligisten FC Wacker Innsbruck angeheuert. An der Grünwalder Straße habe der Oberpfälzer Köllner davon profitiert, dass Bierofka "eine intakte Mannschaft hinterlassen" habe. Dennoch lobt Wettberg Sechzigs Senkrechtstarter. "Köllner hat viel Ahnung von Fußball, er hat sportlichen Erfolg und er kommt bei allen gut an."

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So gut, dass selbst die Einigkeit der Gesellschafter vom frommen Biero-Wunsch zur Köllner-Realität geworden ist. 365 Tage nach Bierofka steht 1860 so gut da wie lange nicht - und darf sogar von der Zweiten Liga träumen.

Bierofka hat dagegen bei seinem neuen Arbeitgeber trotz großer Ambitionen im Verein einen mittelprächtigen Start hingelegt: Drei Siege, drei Remis und zwei Pleiten ergeben zwölf Punkte und Rang sieben. "Es läuft noch ein bisserl unrund, obwohl der Verein von einem Investor unterstützt wird und höchste Ziele hat. Der Aufstieg ist fast ein Muss" sagt Florian Madl, Sportchef der "Tiroler Tageszeitung" der AZ. Manche Dinge ändern sich eben nie.

Bei Wacker hinterlässt Bierofka neue Fußspuren

Bierofka vertraut zum Leidwesen der Reservisten sehr auf seine erste Elf - wie schon bei 1860. Er zeige sich in Innsbruck als "direkter, guter Typ", so Madl. Für den Typen Bierofka steht kommende Woche ein echter Gradmesser an: "Am 21. November steigt das Duell zweier Aufstiegskandidaten gegen Klagenfurt. Dann wird man sehen, in welche Richtung es geht."

Mentalität, Leidenschaft, Kampfgeist - Bierofka lebt als Trainer jene Attribute, die ihn schon als Spieler starkmachten. Ein Laptop-Trainer ist er nicht. Auch kein ausgewiesener Taktikfuchs. Mit Lehrbüchern, wie sie Köllner schreibt, könnte man ihn vermutlich jagen.

Einen Vergleich der beiden Fußball-Lehrer, wie ihn manche Sechzger-Fans zuungunsten Bierofkas ziehen, hält Wettberg für zu kurz gedacht. "Das wird keinem der beiden gerecht. Daniel war sicher manchmal zu verbissen, wobei das auch an den andauernden Auseinandersetzungen der Gesellschafter lag. Dadurch hat er das Image eines polarisierenden Trainers aufgedrückt bekommen, das wird ihm nicht gerecht." Bei Wacker hinterlässt das Löwen-Idol nun neue Fußspuren. "Biero wird sicher noch ins Rollen kommen", glaubt Wettberg.

Das erste Jahreszeugnis, inklusive Antwort auf die A(ufstiegs)-Frage, gibt es für Bierofka am selben Tag wie für die Köllner-Löwen: Ausgeteilt wird es am 22. Mai 2021.

 

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14 Kommentare
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  • mdwerwin am 10.11.2020 13:03 Uhr / Bewertung:

    Macht endlich Schluss mit dem heiligen St. Bierowka. Jetzt haben wir einen richtigen Trainer und das ist gut so!

  • am 06.11.2020 22:18 Uhr / Bewertung:

    Man darf doch nicht übversehen: Die Mannschaft ist OHNE B aufgestiegen - weil der lange auf Trainerlehrgang war, trotzdem. Es ist die alte Leier der Löwen: Ein Trainer mit markigen "Löwensprüchen" gilt mehr als ein Erfolgstrainer. Beispiel schon damals: Merkel. Merkel wurde doch "damals" von Radenkovic und Grosser "entlassen"!!!! Wie sollte ein Verein erfolgreich sein, wenn solche Mißstände herrschen? Und heute reden die Alten, als hätten sie den Fußball erfunden, Wettberg mit eingerechnet. Erfolg muß man bewahren können - und dafür muß man jede Minute arbeiten. Nicht Löwensprüche klopfen!!!!!

  • anteater am 06.11.2020 20:54 Uhr / Bewertung:

    Bei seinem neuen Klub hat der den zweithöchsten Marktwert der Liga als Kader, natürlich in einem aufgeblähten Kader. Dafür nach 8 Spieltagen näher am Abstiegsplatz als an der Tabellenspitze, hm, klingt nicht überzeugend. Herbert Paul liegt mit Klagenfurt jedenfalls vor Biero in der Tabelle.

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