Die Schande von Fröttmaning: Schämt euch!

Die Fans der Löwen sorgen beim Abstieg für einen Skandal – auf dem Platz versagen die Spieler, verlieren mit 0:2 gegen Regensburg. 35 Jahre nach dem Zwangsabstieg muss der TSV 1860 in die 3. Liga.
von  Matthias Eicher
Sie haben es vergeigt: Trainer Vitor Pereira und seine Spieler. Der TSV 1860 München ist nur noch drittklassig.
Sie haben es vergeigt: Trainer Vitor Pereira und seine Spieler. Der TSV 1860 München ist nur noch drittklassig. © dpa

München -  Mehr als ein Häufchen Elend waren sie nicht. Kai Bülow, der Relegationsretter 2015, stemmte die Hände in die Hüften. Sascha Mölders rannte schreiend umher, entlud seinen Frust mit einem Tritt gegen die Ersatzbank. Stefan Ortega lag regungslos auf dem Rasen. "Ihr Versager", schrie ein Fan vom Mittelrang. Vitor Pereira stand still: Der Löwen-Coach wusste: Er ist gescheitert. Diesmal gibt es keine Rettung.

"Mein Kopf ist leer, da schwirrt nicht viel herum. Es ist einfach nur trostlos", sagte Michael Liendl mit feuchten Augen nach dem 0:2 (0:2) des TSV 1860 im zweiten Teil des Abstiegskrimis gegen den SSV Jahn Regensburg. Als alle den Rasen schon verlassen hatten, saß er am Mittelkreis und weinte. Die Löwen haben es endgültig geschafft: Im dritten Versuch in Folge ging die Rechnung, mit mehr Glück als Verstand in der Zweiten Liga zu verbleiben, nicht mehr auf.

Der bittere Gang in die Drittklassigkeit

Trotz passabler Ausgangsposition im Hinspiel (1:1), trotz der Relegations-Rekordkulisse von 62.200 Zuschauern, und sicherlich auch wegen des Irrglaubens, in andere Tabellenregionen zu gehören, muss der Traditionsverein aus Giesing den Gang in die Drittklassigkeit antreten. 35 Jahre nach dem Zwangsabstieg 1982. "Ich bin unheimlich traurig, dass wir vor dieser Kulisse so eine schlechte Leistung gebracht haben. Es tut mir sehr leid für jeden Einzelnen, der es mit den Löwen hält", sagte Bülow der ARD.

"Die besten Fans!" - Nur ein einziges Mal bebte die Arena

Ein platzierter Schuss von Kolja Pusch (30.) und ein Kopfball von Marco Lais (41.) sorgten schon vor der Pause für den doppelten Nackenschlag mitten ins Herz ängstlicher und völlig indisponierter Löwen. "In der Zweiten Liga braucht man Zusammenhalt, da muss man kämpfen", urteilte Levent Aycicek, beides habe 1860 verweigert: "Dann braucht man sich nicht wundern. Wir sind verdient abgestiegen." "Wir haben sicher nicht die beste Mannschaft, aber wir haben die besten Fans!", schrie Stadion-Sprecher Stefan Schneider noch vor Anpfiff in sein Mikro, bevor die Arena zum ersten Mal erbebte.

Es sollte das einzige (positive) Beben bleiben, denn danach nahm Sechzigs Schicksal schnell seinen Lauf. Bitter: Christian Gytkjaers Treffer in der 23. Minute wurde wegen Abseits von Schiedsrichter Daniel Siebert zurückgepfiffen – zu Unrecht. Weiteres Aufbäumen von Sechzig? Fehlanzeige! Stattdessen kurz vor Schluss das blanke Chaos: In der 82. Minute drohte das Spiel abgebrochen zu werden, weil die hochgelobten Fans der Nordkurve wütende Sprechchöre gegen Spieler ("Wir sind Löwen, und ihr nicht“) und Investor Hasan Ismaik ("Scheiß auf den Scheich") rufend auf den Zaun stiegen, Sitzschalen herausrissen und Fahnenstangen auf den Rasen warfen. Zehn Polizisten wurden verletzt, nicht mal Idol Daniel Bierofka konnte die "Fans" beruhigen. Mehrere Hundertschaften der Polizei mussten die Lage unter Kontrolle zu bringen. Schämt euch! Liendl sagte: "Der Stachel sitzt noch tiefer bei den Fans, weil wir eine Drecks-Saison spielen und schon seit Jahren nicht das bringen, was der Verein verdient hat."

Und so endete das Drama in einer einzigen Löwen-Schande, die manche Anhänger schon vor dem Anpfiff vorhersahen: Sie hielten ein Schild hoch, das nun zur tränenreichen Gewissheit wurde: "Einmal Löwe, immer Löwe – Ruhe in Frieden". Zumindest in der Zweiten Liga, denn dort gehört Sechzig nun nicht mehr hin.

Lesen Sie hier: Fragen und Antworten am Tag danach - Wie es jetzt mit den Löwen weitergeht

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