Die Löwen und ihre blauen Problemzonen

München - Der König von Giesing macht sich Sorgen um den TSV 1860. Karsten Wettberg wirft der sportlichen Leitung der Löwen „schwerste handwerkliche Fehler“ in der Zusammenstellung des Kaders vor. Für ihn ist der Grund für die Krise klar: Es fehlen Führungspersonen – auf dem Platz und auf der Trainerbank. Die AZ sprach mit ihm über die größten Problemzonen.
Jung und unerfahren:
In der zweiten Halbzeit gegen Nürnberg lag das Durchschnittsalter der Löwen-Elf bei gerade einmal 21,5 Jahren. Für Wettberg eines der größten Probleme.
„Klar, jeder freut sich, wenn viele junge und talentierte Spieler auf dem Platz stehen. Und auch ich habe nichts gegen Jugend. Aber ich habe meine Zweifel, dass diese Jungs in der jetzigen Situation die Richtigen sind, um den Karren aus dem Dreck zu ziehen.“ Die Youngster, so der Ex-Trainer der Löwen, seien gut. „Aber Übertalente wie die Benders oder Volland sind sie nicht. Sie müssen geführt werden.“
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Fehlende Führungsspieler:
Die dafür nötigen Führungsspieler, so Wettberg, hat Sechzig aktuell aber nicht. Für den 73-Jährigen der Kardinalfehler, den Sportchef Gerhard Poschner im Sommer begangen hat. „Ich sehe in der Mannschaft keine Hierarchie. Es fehlen Führungsspieler, die die jungen Spieler an die Hand nehmen. Bei dem Druck, der jetzt auf den Profis lastet, brauchst du zwei, drei erfahrene Burschen, die dem gewachsen sind. Die sind aber nicht da. Und das merkt man auf dem Platz.“ Es sei der richtige Weg, einen Kader zusammenzustellen, der auf die jungen Spieler zugeschnitten sei. „Aber du brauchst trotzdem Eckpfeiler, an denen sich die jungen Leute orientieren können. Wir haben keinen, der das Heft auf dem Platz in die Hand nimmt.“
Der erfolglose Trainer:
Doch nicht nur auf dem Platz vermisst Wettberg Führungsqualität. „Ich halte Markus von Ahlen für einen guten Mann. Aber ich habe bis heute nicht das Gefühl, dass er wirklich Chef werden wollte. Und sowas spürt auch die Mannschaft“, sagt der Mann, der noch heute beim ATSV Kelheim in der niederbayerischen Bezirksliga West als Trainer arbeitet. „Auch von Ahlen wird am Ende nur am Erfolg gemessen. Und da sieht die Bilanz nicht gut aus“, prophezeit Wettberg dem Coach ein baldiges Ende, sollte von Ahlen nicht noch vor Weihnachten die Wende schaffen.
Dass es Wettberg schwerfällt, an diese Wende zu glauben, liegt ausgerechnet in einem Spiel begründet, das Sechzig gewonnen hat. „Das Spiel in Berlin (4:1) war der deutlichste Hinweis, dass etwas nicht stimmt. Ich habe selten ein Spiel gesehen, in dem eine Mannschaft 4:0 führt und doch noch hätte verlieren können. Da hat es vorne und hinten an Führung gefehlt. Auf dem Platz. Aber auch von außen.“
Allerdings hat Wettberg auch noch Hoffnung:
Diese knüpft er vor allem an drei Namen: Rubin Okotie, Valdet Rama und Stefan Ortega. „Vor den Transfers von Okotie und Rama muss man den Hut ziehen“, lobt Wettberg Poschners Händchen. Auch an Ortega und dem verletzten Rodri werde Sechzig noch viel Freude haben. Schon jetzt bildeten Rama und Okotie zusammen mit Daniel Adlung in den Augen des 73-Jährigen „eine für die Zweite Liga sehr gut besetzte Offensive“.
Und Ortega habe das Potential, in die Fußstapfen von Gabor Kiraly zu treten. Dennoch: Ohne Führungspersönlichkeiten, davon ist der König von Giesing überzeugt, wird es Sechzig schwer haben im Abstiegskampf. Und das ist das Einzige, was zu diesem Zeitpunkt in der Saison zählt.