Die dritte Chance: Wie Sechzig dem abgestürzten Berkant Göktan helfen will

München - Vom Gaudi-Kick im Englischen Garten zurück ins Rampenlicht Profifußball – und doch noch zur großen Karriere?
Die Geschichte des Berkant Göktan, von vielen als Jahrhunderttalent bezeichnet, hätte eine großartige werden können. Es wurde die traurige, bewegende Geschichte eines begnadeten Fußballers, der auf die schiefe Bahn geriet. Eine, die als Mahnmal dient.
Göktan, mittlerweile 38 Jahre alt, hat sich über ein Jahrzehnt nach seiner Flucht aus Deutschland und seinem selbst verschuldeten Karriereende erstmals ausführlich zu Wort gemeldet. "Ich bereue wirklich sehr, dass ich mich nicht bei den Verantwortlichen, den Fans und den Spielern persönlich entschuldigt habe. Das tut mir sehr leid", sagte Göktan in einem TV-Interview bei "Sport1".
Bei Bayern gescheitert, neuer Anlauf bei den Löwen
Im Sommer 2006 bekam der Deutsch-Türke, der seinen Durchbruch 1997 im Bayern-Trikot verpasst hatte – und nach einigen anderen Stationen – beim TSV 1860 quasi vom Bolzplatz weg eine zweite Chance: Mit 20 Toren in 37 Zweitligaspielen erlebte er die beste Zeit seiner Karriere.
2008 feuerten die Sechzger den begnadeten Fußballer aufgrund des Konsums von Kokain. "Dummheit und Gier" hätten ihn damals "zerstört". Der Deutsch-Türke habe sich neben dem harten Drogenmissbrauch auch in die Alkoholsucht gestürzt. "Es haben auch meine Mitspieler mitbekommen", sagte er. Er habe damals öfter "nach Alkohol gerochen". Sechzig habe Göktan geschützt und angeboten, seinen Vertrag ruhen zu lassen, aber der gebürtige Münchner setzte sich einfach nach Thailand ab.

Berkant Göktan: "Das Geld ist alles weg"
Jetzt ist er zurück in München und legt seine Lebensbeichte ab. "Das Geld ist alles weg. Ich habe minus 496 Euro Saldo auf dem Konto", sagte Göktan. Eigenen Aussagen zufolge konnte er seine Sucht hinter sich lassen: "Das Positive daran ist: Ich habe meine Frau kennengelernt und habe zwei wunderschöne Kinder."
Göktans Geschichte lässt die Löwen nicht kalt. Einer, der sein Wirken damals mitbekommen hat und noch in Giesing ist, heißt Günther Gorenzel. "Ich finde es bemerkenswert, dass Berkant sein Fehlverhalten nach mehr als zehn Jahren nicht nur einsieht, sondern sich auch offiziell beim TSV 1860 mit seinen Fans, den damaligen Mitspielern und Verantwortlichen entschuldigt", erklärt der Sport-Geschäftsführer der AZ: "Die Geste spricht für sein großes Herz."
Damals, als Göktan bei den Profis landete, war Gorenzel Assistent unter dem damaligen Coach Marco Kurz. "Berkant war ein Vollblutfußballer, bei dem man sofort merkte, dass alles intuitiv Hand und Fuß hatte", sagt der heutige Sportchef. Nach kurzer Eingewöhnungsphase habe der Offensivspieler "der Mannschaft enorm weiterhelfen" können. So schnell sein persönlicher Aufstieg kam, so radikal stürzte Göktan ab.
Gorenzel hatte eine Vorahnung
Gorenzel: "Die Anzeichen hatten sich verdichtet, dass mit Berkant irgendetwas nicht mehr stimmte." Was folgte, war Göktans Rauswurf. "Natürlich stellt man sich als Führungspersönlichkeit die Frage, ob man alles richtig gemacht hat, um dem Jungen zu helfen", sagt Gorenzel heute. Der 48-Jährige bereue sehr, dass Göktan "auf die falsche Bahn gekommen" sei.
Daher möchte Gorenzel helfen: "Er soll wissen, dass die Türe von 1860 – und die meine – immer offen ist. Sei es nur zu einem Gespräch oder sollte Berkant das Gefühl haben, dass wir ihm in welcher Form auch immer helfen können."
Beschäftigung als TSV-Jugendtrainer?
Was eine mögliche Beschäftigung Göktans anbelangt, der gerne einmal als Trainer arbeiten würde, so könne man sich zusammensetzen. Denkbar: eine Aufgabe im Jugendbereich. Gorenzel dazu: "Ich denke, dass seine Lebensgeschichte auch sehr lehrreich für viele junge Talente sein kann, ihr Talent nicht zu vergeuden."
Vielleicht erhält Göktan ja eine dritte Chance. Auch, um dem ein oder anderen jungen Spieler ein warnendes Beispiel zu sein.
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